Serjoscha Keck Neue Märkte, neue Chancen: Die Zukunft gestalten

WP/StB Serjoscha Keck, ist seit 2006 bei KPMG in Deutschland und verantwortet als German Head of Industrial Manufacturing den Industrie- und Maschinenbau-Sektor. Er verfügt über langjährige Sektor-Expertise, tritt als Speaker bei verschiedenen Branchentreffen auf und berät zahlreiche Mandanten in der Branche.

Bild: KPMG
24.10.2025

Die deutsche Fertigungsindustrie steht vor einem Umbruch. Geopolitische Spannungen prägen das Weltgeschehen. Der Zugang zum chinesischen Markt wird schwieriger, deutsche Exporte brechen ein. Zudem erhöhen chinesische Hersteller den weltweiten Wettbewerbsdruck und die neue US-Administration setzt auf Protektionismus. Wo finden Unternehmen in dieser Gemengelage neue Wachstumsmärkte? Kann der globale Süden, der europäische Binnenmarkt, der Ausbau des Servicegeschäfts oder der Einsatz von KI die Lösung sein?

Die deutsche Fertigungsindustrie steht vor einer der größten Umbruchsituationen ihrer Geschichte. Der chinesische Exportmarkt, einst Wachstumsmotor und Absatzgarant, bricht immer stärker weg: 2024 sanken die deutschen Exporte nach China um 7,6 Prozent – nach bereits 8,8 Prozent im Vorjahr. Geopolitische Spannungen, wachsende Rivalität und Chinas Autarkie-Strategie erschweren den Marktzugang massiv. Gleichzeitig strömen chinesische Produkte nach Deutschland und verschärfen den Wettbewerb.

Die starke Fokussierung vieler Unternehmen auf einzelne Märkte – allen voran China – erweist sich als riskant. Zwar wurde frühzeitig auf die USA als strategische Alternative gesetzt, doch auch dort ergeben sich mit der politischen Rückkehr von Präsident Trump Herausforderungen. Seine „America First"- Politik und abrupte Kehrtwenden erschweren jede Planung und stellen Unternehmensstrategien auf eine harte Probe.

Gerade in dieser schwierigen Lage eröffnen sich aber neue Chancen. Der globale Süden entwickelt sich dynamisch: Länder in Afrika, Südamerika und Asien investieren verstärkt in den Aufbau ihrer Industrien – und benötigen das, worin Deutschland stark ist: Maschinenbau, Technologie und Know-how. Brasilien modernisiert seine Industrie, Südafrika investiert in neue Technologien, Vietnam entwickelt sich zum neuen Industriestandort. Indien wächst rasant und sucht internationale Technologiepartner. Somit entstehen neue Handelskorridore abseits der etablierten Großmächte.

Oft unterschätzen wir zudem das Potenzial direkt vor unserer Haustür: Der europäische Binnenmarkt mit 450 Millionen Menschen bietet enorme Chancen. Die nachhaltige Transformation unserer Industrie, Modernisierung alter Fabriken und Implementierung neuer Technologien werden Milliardeninvestitionen auslösen. Ausländische Investoren haben das erkannt und richten ihren Fokus zunehmend auf Europa. Insbesondere Osteuropa bietet ungeahnte Möglichkeiten: Polen wächst dynamisch, Tschechien und die Slowakei werden wichtige Industriestandorte. Deutschlands Know-how und Ingenieurskunst sind in diesen Märkten gefragt.

Hinzu kommen die neuen Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI), die nach der aktuellen KPMG- Studie „Generative KI in der deutschen Wirtschaft“ enorme Chancen bringen: 93 Prozent der Unternehmen erkennen die strategische Bedeutung von KI für ihre Geschäftsmodelle. Auch international zeigt sich ein ähnliches Bild. Unsere globale Studie „Intelligent Manufacturing“ verdeutlicht, dass 74 Prozent der Unternehmen KI bereits systematisch in die Entwicklung von Produkten und Services integrieren. Zudem rücken Automatisierung, beschleunigte Datenanalyse und neue Innovationspotenziale in den Fokus. Die Technologie verspricht nicht nur Effizienzsteigerungen, sondern ermöglicht völlig neue Geschäftsmodelle – eine Transformation, welche die deutsche Fertigungsindustrie in eine neue Ära führen kann.

Dafür braucht es investitions- und innovationsfreundlichere Rahmenbedingungen. Bürokratieabbau ist dabei der entscheidende Hebel für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Fertigungsindustrie – die Regulierungsflut belastet strukturell und verursacht Kosten, die häufig die Bruttoumsatzrendite des Sektors übersteigen. Vereinheitlichte Genehmigungsstandards und digitale Antragsprozesse würden Reibungsverluste eliminieren und Investitionsverzögerungen beenden. Gebraucht werden wirksame Reformen statt Symbolpolitik, die praxisferne Gesetze und die mangelnde Digitaltauglichkeit der Verwaltung grundlegend angehen. Dass 61 Prozent der Unternehmen laut KPMG-Studie „Business Destination Germany 2024“ Bürokratie als größtes Investitionshindernis sehen, zeigt die Dringlichkeit.

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