Insolvenzwelle hält an – leichte Entspannung in Sicht

Wirtschaft steht unter Druck: Insolvenzen auf Rekordniveau

Der IWH-Insolvenztrend zeigt im Oktober eine Zunahme der Firmenpleiten in Deutschland – ersten Anzeichen einer Stabilisierung.

Bild: iStock, Ivan Bajic
13.11.2025

Die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland bleibt hoch: Laut dem IWH-Insolvenztrend stieg sie im Oktober auf 1.553 Fälle. Besonders betroffen ist Hessen. Trotz erster Entspannungssignale erwarten Fachleute zum Jahresbeginn erneut steigende Werte.

Die Insolvenzwelle in Deutschland hält an, auch wenn erste Anzeichen einer Beruhigung zu verzeichnen sind. Laut IWH-Insolvenztrend liegt die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland im Oktober bei 1.553. Das sind 5 Prozent mehr als im Vormonat, 2 Prozent mehr als im Oktober 2024 und 68 Prozent mehr als in einem durchschnittlichen Oktober der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.

Hessen mit Rekordwert bei Firmenpleiten

In seiner Auswertung der Insolvenz-Frühindikatoren hatte das IWH bereits auf die für Oktober zu erwartenden hohen Werte hingewiesen. Hessen war besonders stark betroffen: Mit 174 Personen- und Kapitalgesellschaften wurde der höchste Stand seit Beginn der Erfassung im IWH-Insolvenztrend im Januar 2016 erreicht, wobei bereits im September mit 157 Insolvenzen ein sehr hoher Wert gemessen wurde.

Schließungen großer Arbeitgeber führen häufig zu erheblichen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Arbeitsplätze liefert zudem eine gute Annäherung an die Gesamtzahl der von Insolvenzen betroffenen Arbeitsplätze. Laut IWH-Insolvenztrend waren im Oktober in den größten zehn Prozent der insolventen Unternehmen knapp 13.000 Arbeitsplätze betroffen. Damit liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten deutlich niedriger als im September (minus 36 Prozent) und knapp unter den Werten des Vorjahresmonats. Sie liegt jedoch 56 Prozent über dem Oktober-Durchschnitt der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019.

Handel besonders stark betroffen – Industrie stabilisiert sich

Die Zahl der betroffenen Industriejobs lag im Oktober mit rund 3.700 erneut auf einem niedrigen Niveau und war kaum höher als unmittelbar vor der Pandemie. Die meisten Jobs waren im Oktober – wie bereits im September – im Handel betroffen (3.900), wo mehrere größere Insolvenzen zu verzeichnen waren. In den Monaten vor Ausbruch der Corona-Pandemie waren monatlich weniger als 2.000 betroffene Jobs im Handel die Regel.

Das IWH erhebt Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen in der Regel um zwei bis drei Monate voraus sind. Diese deuten auf eine deutliche Entspannung zum Jahresende hin. „Unsere Frühindikatoren lassen für November und Dezember ein spürbares Absinken der Insolvenzzahlen erwarten“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Insolvenzforschung. Allerdings sei daraus kein dauerhafter Trend ableitbar. Für Januar erwartet Müller bereits wieder steigende Zahlen.

IWH-Insolvenztrend: Hintergrund, Daten und Methodik

Der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) liefert jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften und ist damit deutlich schneller als die amtliche Statistik. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben.

Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator für das Insolvenzgeschehen und die wirtschaftliche Entwicklung. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.

Abgrenzung zu amtlicher Statistik

Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen von Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90 Prozent der von Unternehmensinsolvenzen betroffenen Arbeitsplätze und 95 Prozent der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens verlässlich ab.

Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden bestimmte natürliche Personen gemeldet, beispielsweise Selbstständige oder ehemals Selbstständige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen, sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer.

Regelinsolvenzen sind also nicht mit Unternehmensinsolvenzen gleichzusetzen. Die Zahl der insolventen Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Aufgrund der Vielzahl gesamtwirtschaftlich unbedeutender Insolvenzfälle können sich die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.

Bildergalerie

  • Der IWH-Insolvenztrend zeigt die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland.

    Der IWH-Insolvenztrend zeigt die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland.

    Bild: IWH

  • IWH-Insolvenztrend: Anzahl der Beschäftigten, die von der Insolvenz der größten zehn Prozent der Unternehmen betroffen sind.

    IWH-Insolvenztrend: Anzahl der Beschäftigten, die von der Insolvenz der größten zehn Prozent der Unternehmen betroffen sind.

    Bild: IWH

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