Chinesische Unternehmen mit bestehendem Deutschlandgeschäft priorisieren den deutschen Markt weiterhin als primären Investitionsstandort in Europa – trotz eines spürbaren Bedeutungszuwachses Ungarns. Das zeigt der heute präsentierte „German Chinese Business Confidence Survey 2025“ der China Chamber of Commerce in Germany (CHKD) und von KPMG in Deutschland. Die Umfrage fand zwischen dem 12. August und dem 7. September 2025 statt. Sie analysiert die Geschäftserwartungen chinesischer Unternehmen in Deutschland.
Laut der Befragung planen 41 Prozent der Unternehmen Investitionen auf dem europäischen Markt – davon 21 Prozent gezielt in Deutschland. Es folgen Ungarn (18 Prozent) sowie Polen (12 Prozent). Geopolitischen Spannungen verstärken die Ausrichtung auf Europa.
Die Umsatz- und Beschäftigungsprognosen sind positiv: 43 Prozent der chinesischen Unternehmen in Deutschland rechnen im kommenden Jahr mit steigenden Umsätzen, 22 Prozent von ihnen sogar mit einem Wachstum von mehr als 20 Prozent. 41 Prozent planen einen Personalaufbau. 42 Prozent rechnen mit stabilen Beschäftigtenzahlen. Nur knapp jedes fünfte Unternehmen (18 Prozent) erwartet einen Personalabbau.
Mehrheit rechnet mit stabilem Investitionsklima in Deutschland
Ein knappes Drittel der Befragten (30 Prozent) will mehr investieren – 19 Prozent sogar ein Fünftel mehr als bisher. Die Mehrheit der Unternehmen (60 Prozent) möchte das aktuelle Niveau beibehalten. Desinvestitionen planen hingegen nur 10 Prozent.
In den kommenden fünf Jahren befürchten 29 Prozent, dass sich das Investitionsumfeld verschlechtern wird. Nur 13 Prozent glauben, dass es sich verbessert. Die Mehrheit von 58 Prozent erwartet, dass sich Chancen und Herausforderungen die Waage halten.
„Deutschland muss in der Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen strategisch handeln. Nicht Abschottung, sondern eine interessengeleitete Industriepolitik und gezielte Unternehmenskooperationen sichern die Wettbewerbsfähigkeit und stärken die Resilienz des Standorts und der deutschen Wirtschaft“, sagt Andreas Glunz, Bereichsvorstand International Business bei KPMG in Deutschland und Co-Autor der Umfrage.
„Als langfristige strategische Investoren schaffen und sichern chinesische Unternehmen in Deutschland zahlreiche Arbeitsplätze, übernehmen gesellschaftliche Verantwortung und setzen sich für nachhaltige Entwicklung ein. Sie sind heute ein fester Bestandteil der deutschen Wirtschaft. China und Deutschland sollten ihre pragmatische Zusammenarbeit weiter vertiefen, um Verbesserungen gemeinsam voranzutreiben und neue Wachstumspotenziale zu erschließen – für einen nachhaltig starken Wirtschaftsstandort Deutschland im globalen Wettbewerb“, sagt LI Dong, Präsident der Chinesischen Handelskammer in Deutschland und Co-Autor der Studie.
Unternehmen wollen insbesondere bei Transformationen kooperieren
Mit Blick auf die zukünftige bilaterale Zusammenarbeit setzen chinesische Unternehmen klare Schwerpunkte: 51 Prozent nennen Digitalisierung als aussichtsreichstes Feld, 48 Prozent den Energiesektor inklusive Batterietechnologien. 35 Prozent sehen großes Potential im Automotive-Bereich, insbesondere E-Mobilität sowie Smart Manufacturing.
„Chinesische Unternehmen investieren massiv in KI und E-Mobilität. Hier bestehen Kooperationschancen für die deutsche Wirtschaft“, so Andreas Glunz (KPMG).
Deutschland hat hohe strategische Bedeutung für chinesische Unternehmen
Mehr als die Hälfte der befragten chinesischen Unternehmen (55 Prozent) nennt die Nähe zu ihren Kunden und Geschäftspartnern als Grund für ihre Präsenz in Deutschland. Für mehr als jeden Zweiten (51 Prozent) dient die deutsche Tochter als Europazentrale. 44 Prozent sind in Deutschland, um die Reputation und Sichtbarkeit ihrer Konzernmarke zu stärken. 42 Prozent nutzen Deutschland hauptsächlich als Vertriebsdrehscheibe innerhalb Europas. 40 Prozent setzen auf den Standort für Marktanalyse und -beobachtung.
Europa weiter interessant für chinesische Investoren
Europa wird von chinesischen Investoren zunehmend als attraktiver und stabiler Markt betrachtet. Knapp jedes dritte befragte chinesische Unternehmen (30 Prozent) sucht neue Geschäftsmöglichkeiten in Deutschland sowie der EU. Jedes Vierte (25 Prozent) beobachtet die Entwicklungen und Trends in den USA, hat aber noch keine konkreten Maßnahmen beschlossen. Mehr als jedes Fünfte (22 Prozent) verschiebt bewusst seinen Fokus von den USA auf die EU als alternativen Absatzmarkt.
„Chinesische Unternehmen verlagern aufgrund der geopolitischen Entwicklungen ihre Produktionsstandorte und Lieferketten. Für Deutschland als größte Volkswirtschaft und wichtigsten Industriestandort Europas entsteht die Chance auf neue Investitionen chinesischer Konzerne. Diese zeigen Interesse, sofern die Rahmenbedingungen passen“, kommentiert Andreas Glunz (KPMG).
Chinesische Unternehmen sehen Chancen im deutschen Infrastrukturpaket
40 Prozent der chinesischen Unternehmen sehen Geschäftschancen als Folge des neuen Sondervermögens der Bundesregierung. Mit dem größten Investitionsvorhaben seit Jahrzehnten will Deutschland bis 2037 500 Milliarden Euro für die Modernisierung von Verkehr, Energieversorgung, Digitalisierung, Bildungs- und Wissenschaftsinfrastruktur sowie für mehr Klimaschutz bereitstellen.
Doch noch bleiben konkrete Investitionen die Ausnahme. 15 Prozent streben Kooperationen mit deutschen Partnern an; 10 Prozent wollen sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen.
„China verfügt über breite Erfahrung bei komplexen Infrastrukturvorhaben und möchte diese Expertise in eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Deutschland einbringen. Auf Basis fairer und transparenter Rahmenbedingungen können hochwertige Projekte entstehen, die beiden Seiten langfristige Wertschöpfung ermöglichen“, so Dr. Chen Longjian (CHKD), Geschäftsführender Präsident der Chinesischen Handelskammer in Deutschland und Co-Autor der Studie.
Chinesische Firmen fordern mehr Tempo und Transparenz
73 Prozent der befragten Unternehmen nennen hohe Arbeitskosten und strenge Arbeitsgesetze als größte Hürde für ihr erfolgreiches, wirtschaftliches Agieren in Deutschland. Für 53 Prozent stellt die regulatorische Komplexität ein gravierendes Problem dar. 27 Prozent kritisieren die Bürokratie.
Knapp jedes zweite chinesische Unternehmen (46 Prozent) beklagt eine Benachteiligung beim Zugang zu Fördermitteln. Gerade einmal 5 Prozent fühlen sich mit EU-Unternehmen gleichgestellt. „Faire und transparente Bedingungen sind nicht nur für jedes einzelne Unternehmen, sondern für die Zukunft der gesamten deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehung entscheidend. Chinesische Unternehmen sind bereit zu investieren – wenn die deutsche Politik die richtigen Bedingungen dafür schafft“, kommentiert Dr. Chen Longjian (CHKD), Geschäftsführender Präsident der Chinesischen Handelskammer in Deutschland und Co-Autor der Studie.
61 Prozent der chinesischen Unternehmen sprechen sich für einfachere und schnellere Verwaltungsverfahren aus. 53 Prozent wünschen sich klarere und verlässlichere Prüfprozesse chinesischer Direktinvestitionen. Jeweils 38 Prozent fordern verbesserte Visa- und Arbeitserlaubnisverfahren sowie mehr Transparenz bei Fördermitteln und Subventionen.