Die disruptive Einführung generativer Künstlicher Intelligenz – allen voran durch Dienste wie ChatGPT – hat die IT- und Cybersicherheitslandschaft in den vergangenen zwei Jahren grundlegend verändert. Was zunächst als experimentelles Tool begann, ist heute ein strategischer Bestandteil moderner Sicherheitsarchitekturen. Gleichzeitig hat die stetig wachsende digitale Komplexität in Unternehmen einen kritischen Punkt erreicht: Die Vielzahl unterschiedlicher Security-Tools führt zu Intransparenz, Mehraufwand und erheblichen Risiken.
Das Jahr 2026 markiert einen Wendepunkt. Die IT-Branche steht vor einem fundamentalen Paradigmenwechsel. Automatisierung wandelt sich vom Nice-to-have zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor und der klassische Perimeter tritt endgültig in den Hintergrund. Stattdessen gewinnt ein identitäts- und workloadbasierter Zero-Trust-Ansatz an zentraler Bedeutung. David Brown, SVP International Business bei FireMon, identifiziert in diesem Beitrag fünf Trends, die das Jahr 2026 prägen werden.
1. Konsolidierung statt Tool-Wildwuchs
Die Zeit, in der Unternehmen ihre Security-Architekturen mit immer mehr Einzeltools ausbauten, geht zu Ende. CIOs und CISOs erkennen, dass jedes zusätzliche Tool neue Schnittstellen, Abhängigkeiten und Fehlerrisiken erzeugt. Zudem verhindert eine fragmentierte Datenlage schnelle, fundierte Entscheidungen. 2026 steht deshalb im Zeichen der Konsolidierung. Sicherheitsplattformen, die mehrere Funktionen integrieren – etwa Netzwerksegmentierung, Policy-Management, Compliance-Monitoring oder Rule-Lifecycle-Automation –, werden siloartige Speziallösungen ersetzen. Das Ergebnis sind Effizienz, geringere Kosten und ein deutlich verbesserter Sicherheitsstatus.
2. Zero Trust wird operationalisiert – nicht nur konzeptionell
Zero Trust war jahrelang ein Schlagwort. 2026 wird es umgesetzt. Unternehmen verlagern den Fokus weg vom statischen Perimeter hin zu identitäts- und workloadbasierten Schutzmodellen. Entscheidend ist nicht mehr, wo ein Asset steht, sondern wer oder was Zugriff verlangt und unter welchen Bedingungen. Hier sind insbesondere die dynamische Segmentierung statt statischer Netzgrenzen, feingranular kontrollierte Kommunikationspfade sowie eine kontinuierliche Validierung der Identität und des Kontexts wichtig. Damit wird Zero Trust nicht länger ein theoretisches Framework, sondern ein klar operationalisierter Sicherheitsstandard.
3. Automatisierung wird zum Muss – auch aus wirtschaftlichen Gründen
Die zunehmende Komplexität, der Fachkräftemangel und die steigenden Compliance-Anforderungen führen zu einem Paradigmenwechsel, der von Automatisierung geprägt ist. Im Jahr 2026 wird Automatisierung nicht mehr optional sein, sondern geschäftskritisch. Besonders relevant werden automatisierte Change-Workflows, Policy-Lifecycle-Automation, kontinuierliche Fehlererkennung und -behebung sowie risikobasierte Entscheidungsunterstützung durch KI sein. Unternehmen, die weiterhin auf manuelle Prozesse setzen, laufen Gefahr, sicherheitstechnisch und wirtschaftlich abgehängt zu werden.
4. KI stärkt den Sicherheitsfaktor Mensch statt ihn zu ersetzen
Generative KI entwickelt sich für Security-Teams zu einem strategischen Werkzeug, nicht zu einem Ersatz. Ab 2026 verschiebt sich der Fokus auf Human-in-the-Loop-Modelle, bei denen KI repetitive Aufgaben übernimmt, während sich Experten auf Analysen, strategische Entscheidungen und komplexe Architekturthemen konzentrieren. Konkrete Beispiele dafür sind automatisierte Policy-Vorschläge, KI-gestützte Risikoanalysen, die Natural-Language-Konfiguration von Netzwerk- oder Cloud-Policies sowie Scoring-Modelle zur Priorisierung von Schwachstellen. Statt Überlastung ermöglicht KI erstmals echte Skalierung im SOC und im Policy-Management.
5. Compliance als Echtzeit-Prozess – statt punktueller Kontrollaufwand
Mit neuen regulatorischen Vorgaben (NIS2, DORA, strengere Cloud-Standards) steigt der Druck auf Unternehmen, jederzeit einen auditfähigen Sicherheitsstatus vorweisen zu können. Ab 2026 entwickeln sich Compliance-Prozesse zu einer kontinuierlichen Echtzeit-Disziplin. Dazu gehören die permanente Überprüfung von Firewall- und Cloud-Sicherheitsrichtlinien, automatisierte Reporting-Engines, die sofortige Identifikation und Behebung von Abweichungen sowie die lückenlose Nachvollziehbarkeit aller Änderungen. Dadurch wird Compliance vom lästigen Aufwand zur integrierten Sicherheitsfunktion – und zu einem Wettbewerbsvorteil.