Tempo im Ladeausbau

Schnellladen wie Tanken: Stadtwerke treiben E-Mobilität voran

Der neue Ladepark in Siegburg verfügt über 16 Ladepunkte, darunter acht Schnelllader mit einer Leistung von bis zu 400 kW. Die Versorgung erfolgt zu 100 Prozent mit Ökostrom.

Bild: iStock, Anan Sukprakon
19.11.2025

Während immer mehr elektrisch betriebene Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen rollen, kommt der Ausbau der Ladeinfrastruktur, vor allem im ländlichen Raum, nur langsam voran. Rhenag Energie und die Stadtbetriebe Siegburg haben sich dieser Herausforderung angenommen.

Stadtwerke und lokalen Energieversorger wollen die Lücke in der Ladeinfrastruktur schließen. Die fortschreitende Mobilitätswende stellt Projektierer jedoch vor neue Herausforderungen, denn die Erwartungen der Verbraucher an die Ladelogistik haben sich verändert. Welche Lösungen jetzt gefragt sind und welche Hürden sich gerade im ländlichen Raum ergeben, zeigen die Rhenag Energie und die Stadtbetriebe Siegburg mit einem neuen Ladeprojekt.

Ladeinfrastruktur hinkt hinterher

Der Marktanteil von Elektroautos hat im September 2025 mit 19,3 Prozent einen neuen Höchstwert erreicht – jeder fünfte Neuwagen ist demnach elektrisch betrieben. Damit steigt deutschlandweit auch der Bedarf an Ladeinfrastruktur. Doch damit nicht genug: Mit der fortschreitenden Energiewende verändern sich auch die Erwartungen der Verbraucher. Während das Selbstverständnis von E-Mobilisten noch vor einigen Jahren dem von Pionieren entsprach, die die mit dem Ladevorgang verbundenen Wartezeiten in Kauf nahmen, kann heute von Pioniergeist keine Rede mehr sein

„In den letzten Jahren sind immer mehr Elektroautos mit größeren Batterien und Reichweiten auf den Markt gekommen. Während sie inzwischen den gleichen Fahrkomfort bieten wie Verbrenner, hinkt die Ladeinfrastruktur hinterher“, erläutert Paul Schokal, Projektleiter Elektromobilität bei Rhenag Energie, und betont: „Das Laden muss zukünftig genauso schnell und unkompliziert sein wie das Tanken.“

Konkret bedeutet das: Deutschland braucht ein flächendeckendes Netz an Schnellladern, die den gleichen Service wie herkömmliche Tankstellen bieten: digitale Preisanzeigen, Überdachung, schnelle und unkomplizierte Bezahlvorgänge, Videoüberwachung für die Sicherheit und nicht zuletzt leichte Auffindbarkeit über Lade-Apps, Navigationssysteme oder Karten von Google und Apple.

Lösungen für das Laden von morgen

Eine Bedarfsanalyse des Bundes zur Entwicklung der E-Mobilität in Kommunen hat für Siegburg einen erhöhten Bedarf an Lademöglichkeiten vor allem im Innenstadt- und Bahnhofsbereich bis zum Jahr 2035 ergeben. Die Stadtbetriebe Siegburg und die Rhenag Energie haben deshalb eine gemeinsame Strategie entwickelt. Sie wollen die Ladeinfrastruktur gemeinsam ausbauen und modernisieren.

Ein wichtiger Bestandteil dieser Strategie ist ein Ladepark in Siegburg mit 16 Ladepunkten, darunter acht DC-Ladepunkte zum schnellen Laden mit bis zu 400 KW Leistung. Im August 2025 hat Rhenag Energie mit dem Bau begonnen. Der neue Ladepark erfüllt die Anforderungen an die künftige Ladeinfrastruktur in Bezug auf Schnelligkeit und Komfort und entspricht auch der neuen Erwartungshaltung der E-Mobilisten. Er liegt verkehrstechnisch günstig am ICE-Bahnhof innerhalb der Stadt und ist von den Autobahnen A3 und A560 sowie der Bundesstraße B56 eingerahmt.

„Damit ist der Ladepark sowohl für den lokalen, regionalen als auch überregionalen Verkehr attraktiv“, erklärt Paul Schokal, Projektleiter Elektromobilität bei Rhenag Energie. Die Anlage wird mit Solarpanelen überdacht und erzeugt so einen Teil der benötigten Energie direkt vor Ort. Ergänzend liefert Rhenag 100-prozentigen Ökostrom. Bei den Planungen stand daneben die Nutzerorientierung im Fokus: Ein beleuchtetes Dach, ein Kiosk und Überwachungskameras werden beim neuen Ladepark in Siegburg zukünftig für mehr Sicherheit und Ladekomfort sorgen. Zudem ist ein Nachtladetarif für die acht AC-Ladepunkte geplant. Wer sein Auto nachts stehen lässt, bis es morgens vollgeladen ist, kann zu günstigeren Preisen tanken.

Auch beim Bezahlen möchte die Rhenag Energie den Komfort eines klassischen Tankvorgangs bieten: „Wir möchten den Kundinnen und Kunden vertragsungebundenes Ad-hoc-Laden anbieten mit einer Preistransparenz zu jeder Zeit: Ähnlich wie bei Tankstellen sollen digitale Anzeigetafeln die Preise visualisieren, zu denen aktuell geladen werden kann“, erläutert Norman Petersson, Leiter der Rhenag Energie. Die Investitionen in die Ladeinfrastruktur sowie den Betrieb der Anlage übernimmt die Rhenag Energie.

Herausforderung in der Netzkapazität

Eine der größten Herausforderungen beim Ausbau der Ladeinfrastruktur sind die Netzkapazitäten und die hohe Anzahl an Anschlussanfragen. „Besonders beim Anschluss leistungsstarker Schnellladesäulen sind in ländlichen Regionen oft teurere Trafostationen und Netzausbauten im Mittelspannungsnetz erforderlich, weil schlicht die Kapazitäten fehlen“, sagt Paul Schokal.

Für den Anschluss des neuen Ladeparks in Siegburg an das Mittelspannungsnetz sei beispielsweise eine neue Trafostation nötig. Dies erfordert im aktuellen Projekt nicht nur einen passenden Standort und ein entsprechendes Budget, sondern auch viel Wartezeit, da Mittelspannungs-Schaltanlagen nach wie vor lange Lieferzeiten haben. Um diese Herausforderung zu umgehen, plant die Rhenag für weitere Projekte in ländlicheren Gebieten den Bau von batteriegepufferten Schnellladern. Dabei handelt es sich um Ladesäulen, die mit einem Batteriespeicher ausgestattet sind. Der in der Batterie aufgebaute Leistungspuffer ermöglicht es, mehr Leistung an das Fahrzeug weiterzugeben, als der Anschluss an das Niederspannungsnetz zulässt.

Ladeausbau als Blaupause für andere Energiedienstleister

Mit dem Ausbau der Schnellladeinfrastruktur möchte die Rhenag andere kommunale Energieversorger ermutigen, voranzugehen. Paul Schokal ist sich sicher: „Die Elektromobilität ist dabei, sich durchzusetzen. Je eher man das begreift, desto besser – jetzt ist die Zeit, um Investitionen für die Zukunft zu tätigen.“ Dank ihrer Expertise und ihrer Verbundenheit mit der Region sind Stadtwerke und lokale Energieversorger bestens geeignet, die Elektromobilität durch den Ausbau der Schnellladeinfrastruktur auch in ländlichen Regionen voranzubringen.

Die Rhenag Energie plant bereits weitere Schnelllade-Projekte im Rhein-Sieg-Kreis. „Hier können wir unsere Erfahrungen aus unserem Schnellladepark einfließen lassen. Etwa wie wir die Reihenfolge der einzelnen Schritte noch effizienter planen und welche Partner wann ins Boot geholt werden müssen“, erklärt Norman Petersson. Diese Erfahrungen möchte die Rhenag Energie durch Schulungen und Beratung an andere Stadtwerke weitergeben.

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