Dynamische Rohstoffdatenbank soll Markt stabilisieren Vanadium im Fluss: Daten für einen besseren Vanadium-Flow

Forschende des Paul Scherrer Instituts erfassen Vanadiumdaten aus aller Welt. Diese sind die Grundlage für stabile Märkte und den Ausbau von Redox-Flow-Energiespeichern.

Bild: ChatGPT, publish-industry
06.10.2025

Vanadium gilt als Schlüsselrohstoff für langlebige Stromspeicher. Forschende des Paul Scherrer Instituts haben eine dynamische Datenbank entwickelt. Diese schafft Markttransparenz, erleichtert Investitionen und soll den Einsatz von Redox-Flow-Batterien voranbringen.

Vanadium ist ein kritischer Rohstoff. Aus dem Metall lassen sich sogenannte Redox-Flow-Akkumulatoren bauen, die Strom länger speichern können als Lithium-Ionen-Akkus. Sie gelten daher als wichtiger Baustein für die Energiewende. Doch die Versorgung mit Vanadium ist noch unzureichend ausgebaut, die Preise schwanken stark und hemmen so Investitionen. Eine von Forschenden des Paul Scherrer Instituts (PSI) geschaffene Datenbank soll das ändern.

Datenbank bringt Klarheit in den volatilen Vanadiummarkt

Die Forschenden des PSI haben eine dynamische Datenbank für den Rohstoff Vanadium aufgebaut. Vanadium ist ein Metall mit großem Potenzial für die Energiewende. Sogenannte Vanadium-Redox-Flow-Batterien (VRFB) können Strom über längere Zeiträume speichern als die weitverbreitete Lithium-Ionen-Technologie. Deshalb sind sie besonders gut dafür geeignet, Überschüsse von Wind- und Sonnenstrom in großen Anlagen zu speichern und später wieder einzuspeisen. So können sie als Energiepuffer dienen und das Stromnetz stabilisieren. Zudem können sie die Stromversorgung auch während sogenannter Dunkelflauten gewährleisten, wenn weder Wind noch Sonne ausreichend Strom liefern. Der Mangel an solchen Speicherlösungen gilt als eine der größten Herausforderungen für die Energiewende, denn Wind- und Sonnenstrom stehen weniger konstant zur Verfügung als Strom aus Kohle- oder Gaskraftwerken.

Benjamin Rogers, Doktorand am PSI und an der ETH Zürich, hat im Team von Sarbajit Banerjee, dem Leiter des Labors für Batterieforschung am Zentrum für Energie- und Umweltwissenschaften des PSI sowie Professor für Chemie an der ETH Zürich, für die Datenbank über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren Daten von allen Akteuren der Vanadiumwirtschaft weltweit gesammelt – von Minenbetreibern bis hin zur verarbeitenden Industrie. Darunter sind Informationen über vermutete und bestätigte Erzvorkommen, aus denen sich Vanadium wirtschaftlich gewinnen ließe, sowie über geplante und realisierte Abbaumengen, den Bedarf, die Formen und Mengen der Verarbeitung, die Preise und weitere relevante Kennzahlen.

Alle Daten sind in eine Art „lebende Weltkarte“ für Vanadium eingeflossen, die ständig an aktuelle Entwicklungen angepasst wird und allen Akteuren der Branche – Unternehmen, Regierungen und Forschende – zur Verfügung steht. „Es geht darum, eine verlässliche Basis für Investitions- und politische Entscheidungen zu schaffen“, sagt Rogers. „Denn daran mangelt es bislang.“ Dadurch sei der vergleichsweise noch recht kleine Vanadiummarkt sehr volatil. Das bedeutet, dass die Preise stark schwanken, weshalb sich viele Unternehmen scheuen, in den Abbau zu investieren. Die Versorgung mit dem Metall ist daher nicht zuverlässig gesichert.

Marktdominanz und Preisschwankungen

Obwohl es weltweit genügend Vanadiumvorkommen gibt, galt das Metall lange Zeit als zu selten und zu teuer, um überschüssigen grünen Strom flächendeckend zu speichern. Inzwischen sind die Preise zwar gefallen, allerdings so stark, dass geplante neue Minen in Australien nicht mehr wirtschaftlich sind. Hauptgrund für diese starken Schwankungen ist die Marktkonzentration: Über 60 Prozent der weltweiten Jahresproduktion von rund 150.000 t stammen aus China, der Rest fast ausschließlich aus Russland, Südafrika und Brasilien. Länder wie Australien, Kanada, die USA und Kasachstan verfügen zwar ebenfalls über große Reserven, diese werden bisher kaum erschlossen.

Bisher wurde Vanadium vor allem zur Legierung von Baustahl eingesetzt, um dessen Festigkeit zu erhöhen. Eine Gesetzesänderung in China nach dem schweren Erdbeben von 2008 machte den Zusatz verpflichtend und ließ die Nachfrage – und die Preise – stark steigen. Mit dem Ende des chinesischen Baubooms kam es jedoch zu einem Preisverfall, der bereits geplante Minenprojekte in Australien ins Wanken brachte.

Verlässliche Rohstoffdaten

„Solche Preisextreme zu vermeiden und dadurch eine zuverlässigere, nachhaltigere Vanadiumproduktion zu ermöglichen, ist das Ziel unseres Projekts“, sagt Banerjee. Der studierte Chemiker erforscht das Metall bereits seit Jahren als Material für Kathoden von Batterien, Katalysatoren und Computertechnik. Aus seiner Forschungsgruppe sind bereits zwei Start-ups in der Branche hervorgegangen: Eines entwickelt Vanadium-Kathoden, das andere Verfahren zur Gewinnung von Lithium aus Wasser unter Einsatz von Vanadium. „Insofern hatten wir schon lange gute Kontakte in die Szene, und alle haben den Bedarf für ein Projekt wie unseres gesehen“, berichtet Banerjee.

Hauptpartner bei der Entwicklung der Datenbank ist der Verband Vanitec. Dieser umfasst viele auf Vanadium spezialisierte Akteure der Branche. Um die Verlässlichkeit der Daten zu gewährleisten, lassen die Forschenden sie – soweit möglich – unabhängig prüfen. „Das Schwierigste“, so Rogers, „war nicht die Beschaffung der Daten, sondern sie zu harmonisieren.“ Sie kommen in verschiedensten Zählweisen an und mussten daher vereinheitlicht werden, um eine gute Vergleichbarkeit zu ermöglichen.

Neue Finanzierungsmodelle sind gefragt

Mit verlässlichen Parametern können große und kleine Unternehmen, Investoren und politische Entscheidungsträger nachhaltiger planen. Das ist auch deshalb wichtig, weil vom Fund einer Lagerstätte bis zur tatsächlichen Förderung und dem Verkauf des Metalls oft zehn oder gar fünfzehn Jahre vergehen. „Viele große Bergbauunternehmen, die es sich auch ohne Investoren leisten können, diese Zeit zu überbrücken, steigen in den Vanadiummarkt gar nicht erst ein, bevor er nicht mindestens ein Volumen von 500.000 t pro Jahr erreicht“, sagt Banerjee.

Daher schlägt sein Team vor, zusätzlich zu den Daten neue Finanzierungsmodelle zu entwickeln. Eine Idee sind etwa langfristige Abnahmegarantien. So könnte beispielsweise Indien, das viel Vanadium benötigt, Australien zusichern, eine gewisse Menge pro Jahr zu kaufen, sobald die Minen dort mit der Förderung beginnen.

Eine weitere Möglichkeit ist das sogenannte Rohstoff-Leasing, wie es auch bei einigen anderen Metallen bereits üblich ist: Das Vanadium fördernde Land „vermietet“ sein Vanadium gewissermaßen für eine bestimmte Zeit. So behalten die produzierenden Länder ihre Bodenschätze in ihrem Besitz, während der Kapitaleinsatz und das Risiko für den Abnehmer sinken und die Nachfrage stabil bleibt.

Die weltweit größte Batterieanlage soll bald in der Schweiz stehen

Vanadium-Redox-Flow-Batterien werden vor allem als stationäre Großspeicher zur Netzstabilisierung eingesetzt, insbesondere in Wind- und Solarparks oder bei industriellen Verbrauchern. Sie eignen sich jedoch auch für größere Wohnanlagen oder zur Versorgung von Rechenzentren, die – nicht zuletzt durch den rasanten Ausbau der Künstlichen Intelligenz – immer mehr Strom benötigen. Im schweizerischen Laufenburg entsteht derzeit die weltweit größte Anlage mit Vanadium-Redox-Flow-Batterien direkt neben einem KI-Rechenzentrum. Mit 960 Tanks und 250 Millionen l Elektrolytflüssigkeit soll sie eine Speicherkapazität von 1,6 GWh bieten.

Banerjee und Rogers hoffen, dass dieses Beispiel in Europa Schule macht und Vanadium-Redox-Flow-Batterien stärker eingesetzt werden, um die Energiewende voranzutreiben. „Wir stehen an einem wichtigen Punkt“, sagt Banerjee. „Gelingt es uns, Vanadium effizient und wirtschaftlich zu fördern und solche Batterien in großer Zahl herzustellen, kann dies einen bedeutenden Beitrag zu einer stabilen, nachhaltigen Energieversorgung leisten.“ Mit der neuen dynamischen Datenbank tragen die PSI-Forschenden dazu bei, dass auch andere Märkte schneller Zugang zu den nötigen Informationen erhalten und das Potenzial dieser Technologie nutzen können.

Bildergalerie

  • Benjamin Rogers (links) und Sarbajit Banerjee haben am Paul-Scherrer-Institut (PSI) eine dynamische Datenbank zur globalen Vanadiumwirtschaft entwickelt. Diese soll den Einsatz von Vanadium-Redox-Flow-Batterien vorantreiben und somit die Energiewende unterstützen.

    Benjamin Rogers (links) und Sarbajit Banerjee haben am Paul-Scherrer-Institut (PSI) eine dynamische Datenbank zur globalen Vanadiumwirtschaft entwickelt. Diese soll den Einsatz von Vanadium-Redox-Flow-Batterien vorantreiben und somit die Energiewende unterstützen.

    Bild: Markus Fischer, PSI

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