Die überarbeitete EU-Richtlinie RED III verlangt eine tiefgreifende Anpassung der nationalen Genehmigungsprozesse im Bereich der erneuerbaren Energien. Für Windenergieprojekte bedeutet dies einerseits mehr Tempo, andererseits aber auch neue Hürden. Deutschland steht unter Handlungsdruck – Projektträger sollten daher keine Zeit verlieren.
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland
Mit dem Inkrafttreten der überarbeiteten Erneuerbare-Energien-Richtlinie RED-III am 6. Juli 2024 hätte Deutschland die neuen EU-Vorgaben längst in nationales Recht überführen müssen. Doch bis Ende September blieb dies aus, woraufhin die EU-Kommission prompt ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik einleitete. Sollten die Mängel nicht rasch behoben werden, drohen empfindliche Sanktionen.
RED-III zielt auf eine zügigere Genehmigung von Projekten im Bereich erneuerbarer Energien ab. Neben Wind- und Solarenergie betreffen die Änderungen auch Speicherlösungen und Netzinfrastruktur. Das neue Regelwerk ersetzt ab Juli 2025 die EU-Notfallverordnung und verlangt unter anderem klare Fristen und vereinfachte Prüfverfahren.
Erste Umsetzungsschritte im BImSchG
Mit der Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) vom 9. Juli 2024 wurden einige Elemente der RED-III bereits ins nationale Recht integriert. Dazu zählt etwa die überarbeitete Vorprüfung einzelner Genehmigungsvoraussetzungen. Auch die Genehmigungsfiktion bei Änderungen von Anlagentypen (Paragraf 16b Absatz 7 Satz 3 BImSchG) ist neu geregelt.
Wesentliche Erleichterungen ergeben sich beim Repowering: Der zulässige Mindestabstand zur Altanlage wurde auf das Fünffache der Gesamthöhe reduziert. Damit stehen mehr Flächen für neue Windräder zur Verfügung. Zudem entfällt die bisher zwingende Betreiberidentität, sofern der ursprüngliche Betreiber dem Vorhabenträger zustimmt.
Ein weiterer Fortschritt ist die sogenannte Vollständigkeitsfiktion (Paragraf 7 Absatz 1 der 9. BImSchV), die den Zeitraum für die Prüfung der Unterlagen auf einen Monat beschränkt. Gleichzeitig wurde das Verfahren digitalisiert, inklusive elektronischer Antragstellung und Online-Erörterung.
Zeitdruck bei Paragraf 6 WindBG
Ein ungelöstes Problem betrifft Paragraf 6 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes (WindBG), der aktuell noch Prüfungserleichterungen in ausgewiesenen Windvorranggebieten vorsieht. Diese basieren jedoch auf der EU-Notfallverordnung, die zum 30. Juni 2025 außer Kraft tritt. Ohne neue nationale Regelung entfällt ab Juli 2025 die privilegierte Behandlung – und mit ihr die Ausnahmen von Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), FFH-Prüfung und artenschutzrechtlichen Detailuntersuchungen.
Projektträger sollten ihre Anträge deshalb spätestens bis zum Stichtag einreichen, um noch von den geltenden Erleichterungen zu profitieren. Zu erwarten ist allerdings ein Bearbeitungsstau bei den Genehmigungsbehörden – frühes Handeln zahlt sich also aus.
Screening statt klassischer Prüfpflichten
Mit der vollständigen Umsetzung von RED-III verändern sich die naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen grundlegend. Langwierige Artenschutzgutachten werden durch das sogenannte „Screening“-Verfahren ersetzt. Die zuständige Behörde prüft, ob durch das Vorhaben in sensiblen Gebieten unerwartet nachteilige Umweltfolgen entstehen können.
Wird ein Risiko festgestellt, können Auflagen oder Kompensationsmaßnahmen verlangt werden – gegebenenfalls auch in Form finanzieller Ausgleichszahlungen. Dies gilt insbesondere für Projekte im Bereich der Netz- und Speicherinfrastruktur sowie für sogenannte Beschleunigungsgebiete.
Beschleunigungsgebiete mit Sonderstatus
Bis spätestens zum 21. Februar 2026 müssen die Mitgliedstaaten diese Beschleunigungsgebiete benennen. Innerhalb dieser Zonen gelten verkürzte Verfahren: Die UVP entfällt grundsätzlich – außer das Screening weist auf gravierende Auswirkungen hin, die nicht durch geeignete Maßnahmen abgemildert werden können.
Artikel 16 RED-III regelt zudem strenge Fristen: Innerhalb von 30 Tagen, beziehungsweise 45 Tagen außerhalb der Beschleunigungsgebiete, muss die Behörde die Vollständigkeit der Antragsunterlagen bestätigen. Die maximale Dauer des gesamten Genehmigungsverfahrens in Beschleunigungsgebieten beträgt 12 Monate.
Zeitfenster nutzen – Risiken absichern
Die Umsetzung der RED-III-Richtlinie verändert den Genehmigungsprozess im Bereich der Windenergie, bietet Chancen für Verfahrensbeschleunigungen, ist jedoch auch mit neuem Regulierungsdruck verbunden. Projektträger sind daher gut beraten, laufende Vorhaben zügig in die Genehmigung zu bringen und die sich verändernden rechtlichen Rahmenbedingungen aktiv zu beobachten. Wer frühzeitig handelt und juristisch umsichtig agiert, kann die Umstellung auf die neuen Verfahren gewinnbringend nutzen.