Der europäische Hersteller von Kartoffelprodukten Aviko nutzt am Standort Rain am Lech Kartoffelschälreste, um jährlich rund drei Millionen m3 Biogas zu produzieren. Der Brennstoff wird vor Ort zur Dampferzeugung für die Kartoffelverarbeitung genutzt. Dadurch sinken die Energiekosten und der CO2-Ausstoß bei maximaler Biogasproduktion um circa 70 Prozent. Die Biogasdampfanlage wurde gemeinsam mit der LEW konzipiert und in das Energiesystem des Standorts integriert.
Kreislaufwirtschaft mit Biogaserzeugung am Produktionsstandort
Ein weiteres Herzstück der effizienten und nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, die Aviko am Standort Rain am Lech aufgebaut hat, ist ein Biogasdampfkessel. Aviko verarbeitet dort rund 250.000 t Rohkartoffeln pro Jahr. Entsprechend viel Material aus Schalen und stärkehaltigem Prozesswasser fällt dabei an. Diese organischen Reststoffe werden direkt vor Ort in einer Biogasanlage fermentiert. Das dabei erzeugte Biogas nutzt Aviko als Brennstoff zur Erzeugung von Produktionsdampf. Der Dampf wird beispielsweise für das Schälen der Kartoffeln sowie zum Aufheizen von Friteuse, Flockenwalze und Blancheure benötigt.
„Dieser Kreislauf bringt uns in der nachhaltigen Produktion entscheidend voran: Das Biogas, das wir aus unseren eigenen Reststoffen gewinnen, ersetzt etwa drei Millionen Kubikmeter Erdgas pro Jahr. Damit senken wir auch unseren CO2-Ausstoß um rund 400 t“, sagt Anouk Wentink, Sustainability Manager bei Aviko. Das Konzept zur Dampferzeugung mit Biogas hat Aviko gemeinsam mit dem Team Energielösungen B2B der LEW entwickelt. Insbesondere die Schnittstellen zwischen der Biogasherstellung und dem Biogaskessel wurden gemeinsam erarbeitet und umgesetzt.
Hochflexible Dampferzeugung
Im Heizhaus des Aviko-Standorts Rain am Lech arbeiten drei Systeme zur Dampferzeugung zusammen. Die Grundlast an Prozesswärme wird durch einen Biomassekessel mit einer Leistung von 19 Tonnen pro Stunde erzeugt. Als Redundanz- und Spitzenlastkessel steht zudem ein erdgasbefeuerter Dampfkessel mit einer Leistung von 25 t/h zur Verfügung. Der neue Biogasdampfkessel ist mit bis zu 10 t Dampf pro Stunde der kleinste.
Sein Vorteil: Mit ihm lässt sich die Lastkurve genauer erzeugen, insbesondere während der Reinigungszyklen mit entsprechend weniger Dampfbedarf. Dadurch wird der bisherige Dampfüberschuss entscheidend verringert. Zugleich ist der Kessel groß genug, um den vor Ort erzeugten Biogasertrag von maximal 400 m3/h kontinuierlich zu nutzen. Das Ergebnis ist eine höhere Energieeffizienz, da genau die benötigte Dampfmenge erzeugt wird.
„Das Regelverhalten des neuen Biogaskessels ist schneller, genauer und damit effizienter. Es entsteht erheblich weniger Dampfüberschuss, der über Dach ‚abgeblasen‘ werden muss“, erklärt Wentink. Wichtig sei auch, dass das im Werk erzeugte Biogas jederzeit zu 100 Prozent vor Ort genutzt wird. Um dies zu erreichen, ist die Biogasanlage von Aviko zusätzlich mit einem Blockheizkraftwerk der LEW verbunden. Was in der Dampferzeugung nicht verbraucht wird, dient als Brennstoff für ein Nahwärmenetz
Durch Teamwork zur individuell besten Energielösung
Die Experten der LEW installierten ein leistungsfähiges, flexibles und effizientes System unter sehr beengten Platzverhältnissen. „Der Platz im Heizhaus ist knapp, schwer zugänglich und in Höhe und Breite gab es nur wenige Zentimeter Spielraum“, berichtet Wentink. Die Installation musste während der laufenden Produktion erfolgen. Dank der langfristigen und guten Vorbereitung konnte der Kessel dennoch unter Einhaltung von Qualität, Budget und Zeit montiert werden. Um einen möglichst störungsfreien Betrieb zu gewährleisten, wurde kein vorhandener, etwas zu kleiner Leerkamin verwendet, sondern ein neuer, eigener Kamin errichtet. Wentink betont: „Dank der Expertise des Teams, exakter Planungen und monatelanger Vorbereitungen blieb das gesamte Projekt weitgehend im Zeit- und Kostenrahmen.“
Markus Blaas, der als Projektleiter der LEW für das Vorhaben zuständig war, koordinierte die Zusammenarbeit der insgesamt rund zwanzig beteiligten Firmen. „Wir arbeiten bei komplexen Vorhaben wie diesem von Anfang an mit den Spezialisten vor Ort eng zusammen. Denn nur mit dem Detailwissen der Betriebsmannschaft, die täglich mit den Anlagen arbeitet, können wir die beste Energielösung finden und nahtlos in die bestehenden Prozesse integrieren.“
Zentrale Ansatzpunkte der integrierten Energielösungen sind ein sicherer Anlagenbetrieb, Dekarbonisierung, Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit. Bei Aviko lagen die Stellschrauben dafür in der optimierten Nutzung des Biogases aus eigenen Produktionsreststoffen zur Bereitstellung von Prozesswärme. Blaas ergänzt: „In anderen Unternehmen sorgen wir mit unseren passgenau entwickelten Konzepten zum Beispiel dafür, dass intelligent gesteuerte Kälteanlagen den Eigenverbrauch des PV-Stroms maximieren, die warme Abluft einer IT-Kühlung ein Nahwärmenetz speist oder ein Heizwerk gleichzeitig Strom erzeugt, mit dem das Unternehmen zusätzliche Erlöse an den Strombörsen erzielt.“
Kreislaufwirtschaft mit Biogaserzeugung am Produktionsstandort
▶ Aviko erzeugt vor Ort Biogas aus Schälabfall und nutzt dieses direkt zur Dampferzeugung.
▶ Der Biogaskessel liefert 1 bis 10 t Dampf pro Stunde. Er deckt damit das geforderte Lastprofile von 1 bis 5 t/h bedarfsgerecht ab und vermeidet oder reduziert den Dampfüberschuss.
▶ Das Biogas wird zu 100 Prozent lokal eingesetzt. Biogasmengen, die in der Dampferzeugung nicht benötigt werden, nutzt ein Blockheizkraftwerk der LEW zur Erzeugung von Nahwärme für Abnehmer rund um den Aviko-Standort.
▶ Der Biogas-Einsatz ersetzt rund 3 Millionen m3 Erdgas pro Jahr und verringert den CO2-Ausstoß am Standort um 70 Prozent.
▶ Aviko und die LEW haben das Konzept gemeinsam entwickelt. Installation und Integration der Biogas-Dampfanlage erfolgte im laufenden Betrieb.