Fachbeitrag Mit der Kraft von tausend Sonnen

11.03.2014

Im sonnenverwöhnten Andalusien ragt ein 140 Meter hoher Solarturm in den Himmel. Er ist das Herzstück des ersten kommerziellen solarthermischen Großkraftwerks, das Flüssigsalz als Wärme­speicher nutzt. Besonders gefordert sind bei der Anlage die Rohre im Innern des Turmes, die geschmolzene Nitratsalze leiten und besonderen Hitzebelastungen ausgesetzt sind.

2650 bewegliche Spiegel – jeder davon aus 110 Quadratmetern Silber –, 15 Kilometer nahtlose Rohre, Tanks für 8500 metrische Tonnen Flüssigkeiten, ein 140 Meter hoher Solarturm und all das auf einer Fläche von 18 Hektar: Das solarthermische Großkraftwerk Gemasolar in der Nähe der spanischen Stadt Sevilla ist ein Kraftwerk der Superlative. Die Anlage ist zudem die erste ihrer Art, die Flüssigsalz als Wärmespeicher benutzt.

Die Sonneneinstrahlung, die auf den Absorber am Ende des Turms einwirkt, entspricht der von 1000 Sonnen. Mit Hilfe dieser Energie werden Nitratsalze auf über 565 °C erhitzt und erzeugen Dampf, der die Turbinen des Kraftwerks antreibt. Bei dem Riesenkraftwerk muss nicht zugefeuert werden, da es nur mit Solarenergie Strom erzeugen kann. Mit seiner Speicherkapazität von 15 Stunden liefert es nicht nur zu Sonnenzeiten Strom, sondern auch nachts oder bei bewölktem Himmel. Das spart Kosten gegenüber einem Batteriespeicher.

Die extrem hohen Temperaturen und Druckverhältnisse des Kraftwerks resultieren in einer Steigerung der 19,9-MW-Leistung der Turbinen. Die Turbinen arbeiten rund um die Uhr, also 24 Stunden und sieben Tage die Woche. Bei einer Nennleistung von 19,9 MW erzeugt Gemasolar Energie für über 27.500 Haushalte.

Generalunternehmer und Betreiber von Gemasolar ist der Anlagenbauer Sener. Gemeinsam mit Masdar, einem auf alternative Energien spezialisierten Unternehmen aus Abu Dhabi, hat Sener den Bau der Solarenergieanlage im Jahr 2008 begonnen und die Schlüsseltechnologien geliefert. Als erstes Solarkraftwerk seiner Art benötigt Gemasolar viele maßgeschneiderte Technologien und für alle Bauteile besonders hochwertige, robuste und belastbare Materialien. So sind die Rohre im 140 Meter hohen Solarturm, die die geschmolzenen Nitratsalze leiten, extremen Hitzebelastungen in einer sehr korrosiven Umgebung ausgesetzt. Sie müssen hohen Temperaturen Stand halten und das rund um die Uhr. Das Flüssigsalz muss auf eine Höhe von 145 Metern gepumt werden. Dabei erlebt es Temperaturschwankungen von 290 °C im kalten Salztank bis hin zu 565 °C im heißen Salztank und sogar noch mehr im Receiver.

Zum Einsatz kommen Rohre von Fine Tubes aus Großbritannien. Das Unternehmen produzierte die gesamten Rohre, aus denen der Solarturm besteht: 15 Kilometer nahtlose Rohre, die auf die hohen Belastungen ausgelegt sind. Bestehend aus einer korrosionsfreien Nickel-Chrom-Legierung und mit einem Durchmesser von 25 mm sind sie sehr hitzebeständig und standfest. Für die Wärmetauscher kamen 300 m Rohre aus der gleichen Nickel-Chrom-Legierung zum Einsatz. Sie besitzen eine höhere Wanddicke, um dem extremen Druck in den Dampfgeneratoren standzuhalten. Die Rohre eignen sich so gut für Gemasolar, weil sie die extremen Betriebsbedingungen im Solarturm aushalten und eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber thermo-mechanischer Materialermüdung sowie eine hohe Qualität im Produktionsprozess bieten.

Die Betriebsstunden haben in den ersten beiden Betriebsjahren erheblich zugenommen, obwohl der Automatisierungsgrad sehr viel höher als bei anderen aktiven Thermosolar-Anlagen ist. Im Sommer 2013 produzierte die Anlage an 36 aufeinanderfolgenden Tagen rund um die Uhr Energie nur mit Sonnenkraft. Kein anderes Solarkraftwerk hat bisher eine vergleichbare Leistung geliefert. Damit wurde die geplante Energieeinspeisung in das spanische Stromnetz erreicht. Die jährliche Nettostromproduktion von Gemasolar steigt so auf 110 GWh, was einem Gesamtbetrieb von insgesamt 6450 Stunden bei voller Leistung entspricht.

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