Tobias Wanzke, Deutronic Ist Europa wettbewerbsfähig?

Tobias Wanzke leitet den Bereich Business Development bei Deutronic Elektronik GmbH und ist für die strategische Weiterentwicklung des Unternehmens und des Produktportfolios verantwortlich. Als dritte Generation des Familienunternehmens setzt er sich für eine ressourcenschonende, regionale sowie wettbewerbsfähige Produktion von innovativer Leistungselektronik ein.

Bild: Deutronic
16.11.2021

Automatisierung, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz – all diese Themen benötigt elektrische Energie. Viel Energie. Für diese wichtigen Zukunftsthemen bildet die Leistungselektronik das Rückgrat. Doch ist Europa für diese wichtigen Zukunftsmärkte richtig aufgestellt?

Fortschreitende Automatisierung und Digitalisierung verändern das Handeln in allen Bereichen unseres Lebens und gelten nicht ohne Grund als einige der Megatrends in unserer heutigen Gesellschaft. Zweifelsohne ist die Elektro- und Elektronikindustrie einer der treibenden Branchen auf diesen Gebieten. Auch auf wirtschaftspolitischer Ebene versucht sich jedes Land richtig aufzustellen und die richtigen Akzente für die Wirtschaft zu setzen. Doch ist Europa bezogen auf diese Zukunftstechnologien richtig aufgestellt?

Richten wir den Blick hinter die Kulissen der großen Begriffe wie Machine-Learning, Blockchain und künstliche Intelligenz und fokussieren auf das Rückgrat jeder dieser Technologien – die Leistungselektronik. Um die Welt stetig zu verbessern, digitalisieren und automatisieren wir immer mehr, benötigen hierfür aber auch dementsprechend mehr elektrische Energie. Um diese Energie bereitzustellen, benötigen wir Leistungselektronik. Ohne Spannungs- und Stromversorgungen würde unsere moderne Welt nicht funktionieren – aber doch wird dieser Bereich kaum betrachtet.

Der Import von Leistungselektronik aus den asiatischen Ländern nimmt stetig zu. Aber nicht nur die klassischen Endkundenprodukte wie Smartphones und Fernseher werden in Fernost produziert, sondern auch immer mehr Schaltnetzteile und DC-DC-Wandler für die Industrie – eben dieses Rückgrat jener Zukunftstechnologien. Doch warum ist das so? Es hält sich bei Europäischen Firmen vehement die Meinung, dass aus Asien importierte Elektronik günstiger ist als in Europa produzierte Produkte. Durch die stetige Verbesserung und Automatisierung der Fertigungsstrukturen sowie den Einsatz Innovativer Topologien, Technologien und Materialien sind Europäische Hersteller von Leistungselektronik nicht nur kostentechnisch wettbewerbsfähig, sondern bieten durch Ihre Nähe zum Endprodukt und dem Kunden ein höheres Applikationswissen.

Neben dem Kostenfaktor wird die geringe Distanz zwischen dem Lieferanten und dem Kunden immer relevanter. Die internationalen Transportkosten sind in letzter Zeit durch die Pandemie und einzelne Katastrophen wie der Suezkanal-Blockade stetig gestiegen. Auch die steigenden Energiepreise verstärken diesen Trend. Hinzu kommt noch die fehlende Mengen- und Zeitflexibilität bei Waren, die über große Distanzen transportiert werden. Aber genau diese Flexibilität und die damit verbundene Anpassungsfähigkeit an die Bedürfnisse des Marktes bringt den entscheidenden Wettbewerbsvorteil.

Auch wenn ein positiver Trend erkennbar ist und einzelne Unternehmen bereits die steigenden Risiken einer sehr stark vom Beschaffungspreis geprägten Einkaufspolitik erkannt haben, besteht dennoch eine immer stärkere Abhängigkeit der europäischen Hersteller von einzelnen asiatischen Unternehmen. Vor allem die Abhängigkeit von China, Taiwan und Südkorea hinsichtlich der für die europäische Elektro- und Elektronikindustrie notwendigen Vorprodukte wie elektrischen Bauelementen ist kritisch zu betrachten. Hier müssen auf politischer Ebene die richtigen Entscheidungen und Anreize geschaffen werden, dass die Wertschöpfungstiefe in der Elektro- und Elektronikindustrie in Europa erhöht wird und die Abhängigkeit von Lieferanten aus Asien reduziert wird. So steht dem Innovationsstandort Europa hinsichtlich der neuen Megatrends nichts im Weg.

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