Um die Klimaziele einzuhalten, müsste in Deutschland alle 30 bis 40 Sekunden ein Gebäude energetisch saniert werden. Die Technologien, das Kapital und die Verfahren sind vorhanden – und die Branche ist bereit, doch die Planungssicherheit fehlt. Beim Fachforum „Energiewende im Bestand“, das Neues Bauen – 80 Sekunden gemeinsam mit Mitsubishi Electric am 15. und 16. September in Ratingen ausrichtete, wurde deutlich: Mit klaren Regeln und verlässlichen Rahmenbedingungen kann die Energiewende im Gebäudebestand erfolgreich umgesetzt werden.
Mit der anstehenden Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) will die Bundesregierung das Gesetz vereinfachen und technologieoffen gestalten. Beim Fach-Forum in Ratingen war die Botschaft der Expertinnen und Experten eindeutig: Die Richtung stimmt. Entscheidend ist, dass zentrale Bestandteile wie die Nutzung erneuerbarer Energien erhalten bleiben, um die Dekarbonisierung des Gebäudebestands bis 2045 zu erreichen.
Die Kernbotschaften:
Die 65-Prozent-Erneuerbaren-Vorgabe muss bestehen bleiben.
Verbindliche Zeitpläne zur Revision des GEG müssen dargestellt werden.
Branche und Bürger benötigen dringend Planungssicherheit, damit Investitionen Fahrt aufnehmen und die Sanierungsquote wieder ansteigt.
Robert Kroth, Geschäftsführer von Neues Bauen – 80 Sekunden, findet klare Worte: „Die Branche hat die Werkzeuge: serielle Sanierung, digitale Steuerung, neue Finanzierungsmodelle. Aber ohne klare Leitplanken bleibt die Energiewende Stückwerk. Unser Fach-Forum in Ratingen hat gezeigt: Die Politik muss jetzt liefern - sonst verlieren wir wertvolle Zeit.“
Technologien und Kapital: Startklar für die Wärmewende
Von Wärmepumpen und Abwasserwärme bis hin zu ETS2 und Quartierslösungen: Die Beiträge in Ratingen machten deutlich, dass Industrie, Wohnungswirtschaft und Kommunen auf die Wärmewende vorbereitet sind. Besonders deutlich wurde dies im Beitrag von Andreas Wagner, dem Präsidenten der deutschen Niederlassung von Mitsubishi Electric. Er hob die Wärmewende als zentralen Baustein einer erfolgreichen Energiewende hervor.
„Ohne eine konsequente Wärmewende wird Deutschland seine Energie- und Klimaziele nicht erreichen. Dafür muss insbesondere der Gebäudebestand dekarbonisiert werden. Meines Erachtens sind starke Netzwerke und der intensive Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft notwendig, um die komplexen Aufgaben der Energiewende im Gebäudesektor gemeinsam zu bewältigen.“
Nicolai Domann vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung verwies auf die Prognosen des Umweltbundesamts: Bis 2030 drohe im Gebäudesektor eine kumulierte Ziellücke von rund 110 Millionen t CO2 – ein massiver Warnhinweis. Ohne eine beschleunigte Sanierungs- und Transformationsstrategie seien die Klimaziele nicht erreichbar. Politik und Branche müssten gemeinsam gegensteuern. Christian Zaum, Wirtschaftsdezernent der Landeshauptstadt Düsseldorf, lenkte den Blick auf die Umsetzungsebene: Die Wärmewende sei eine Gemeinschaftsaufgabe, die sich im Quartier entscheide. Kommunale Wärmeplanung bilde dafür das zentrale Instrument.
Uwe Bigalke von Dena mahnte an, kurzfristige Erfolge mit tiefgreifenden strukturellen Veränderungen zu verbinden, um die notwendige Dynamik zu entfalten. Auch die Förderinstrumente standen im Fokus. Dr. Philipp Tilleßen (KfW) betonte, dass Förderbanken nur dann wirksam beitragen könnten, wenn ihre Programme verständlich, verlässlich und transparent seien. Der bisherige „Förderdschungel“ erschwere die Planungssicherheit, weshalb eine deutliche Vereinfachung notwendig sei. Joachim Ditzen (Energie-ServicePlus, LEG) forderte stabile Rahmenbedingungen: Große Bestandshalter könnten die Dekarbonisierung nur dann in der Fläche stemmen, wenn regulatorische Leitplanken Verlässlichkeit garantierten.
Signal aus Ratingen - und Blick nach Köln
Am Ende des Fachforums mit Expertinnen und Experten aus Forschung, Politik und Wirtschaft steht ein klares Signal: Die Branche ist bereit, die Energiewende im Gebäudebestand umzusetzen. Mit mutigen politischen Entscheidungen ließe sich diese deutlich beschleunigen. Die nächste Gelegenheit, Lösungen zu präsentieren, bietet „Neues Bauen – 80 Sekunden“ in wenigen Wochen. Das nächste Fach-Forum zum Thema „Bauen im Bestand“ findet am 28. und 29. Oktober 2025 bei Züblin in Köln statt. Unter anderem wird dort die Generalsanierung der Kölner Zentralbibliothek präsentiert – ein Leuchtturmprojekt, das zeigt, wie moderne Verfahren und digitale Planung öffentliche Gebäude von Grund auf transformieren können. Robert Kroth sagt: „Nach Ratingen ist klar: Die Branche will und kann liefern. Jetzt ist die Politik am Zug. Köln wird zeigen: Umbaukultur ist Realität – wenn wir endlich die Freiräume dazu erhalten.“
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