Das Projekt „Wind & Regio” wurde gemeinsam von der Hochschule Emden/Leer und weiteren Partnern aus Deutschland und den Niederlanden ins Leben gerufen. Kleinwindanlagen könnten für Privathaushalte und Betriebe eine gute Lösung für eine umweltfreundliche und unabhängige Energieversorgung sein. Aktuell stehen jedoch die Kosten sowie der vergleichsweise geringe Ertrag einer großflächigen Etablierung auf dem Markt im Wege. Im Projekt „Wind & Regio” möchte die Hochschule Emden/Leer in den kommenden vier Jahren gemeinsam mit anderen deutschen und niederländischen Partnern daran arbeiten, die Effizienz der Anlagen zu steigern und sie wirtschaftlich attraktiver zu machen.
Projekt Wind & Regio: Zukunft für Kleinwindkraft
Bereits Ende der neunziger Jahre hatte sich die Hochschule in Forschung und Lehre mit regenerativen Energien beschäftigt und vor dem Campus in Emden eine Kleinwindanlage installiert, die auch heute noch ihre Flügel dreht. In den letzten Jahren wurden auf vielen Dächern in Emden und Leer Solarmodule mit einer Gesamtleistung von 670 KW installiert. Mit dem Projekt „Wind & Regio“ soll nun ergänzend dazu auch das Thema Windenergie erneut Fahrt aufnehmen.
„Wir wollen die Kleinwindkraft aus der Nische holen“, sagt Prof. Dr. Iván Heráez vom Fachbereich Technik der Hochschule Emden/Leer. „Dazu kombinieren wir modernste Technologien wie künstliche Intelligenz und Strömungssimulationen mit praxisnaher Forschung direkt in der Region.“ Er leitet das Projekt „Wind & Regio“ und betreibt seit 2016 ein eigenes Labor in der Abteilung Naturwissenschaftliche Technik.
Im Projekt geht es zunächst darum, Kleinwindanlagen durch den Einsatz neue Technologien zu verbessern. Denn obwohl diese mit der Nähe zum Verbraucher punkten können, erreichen sie aufgrund ihrer Größe nicht die starken und konstanten Winde, von denen große Anlagen profitieren. „In Bodennähe wird der Wind durch Gebäude oder Bäume nicht nur abgelenkt, sondern auch deutlich abgeschwächt und durch erhöhte Turbulenz beeinflusst. Das erschwert eine zuverlässige Ertragsvorhersage sowie die standortgerechte Auslegung der Anlagen und erhöht das Risiko von Fehlinvestitionen“, so Privatdozent Dr. Frank Uhlenhut, der als Experte für Projekte im Bereich der nachhaltigen Forschung seitens der Hochschule in das Projekt eingebunden ist.
Effizienz durch KI und Technologie in Kleinwindkraft
Hier setzt das Konsortium von Wind & Regio mit konkreten Zielen an: Geplant ist unter anderem die Entwicklung eines passiven Blattverstellmechanismus, der die Rotorblätter abhängig von der Windgeschwindigkeit selbstständig in eine aerodynamisch optimale Stellung bringt – und das ganz ohne externe Antriebe oder Sensorik. Ergänzend dazu soll ein modulares Konzept für Rotorblätter und Turmstrukturen entstehen, das eine flexible Anpassung an unterschiedliche Standorte und Windbedingungen ermöglicht. „Ein besonders spannender Aspekt ist der Einsatz eines KI-basierten Prognosesystems, mit dem wir die Windverhältnisse bis in 30 m Höhe präzise und in Echtzeit vorhersagen wollen“, so Herráez. Zudem ist ein intelligentes Regelungssystem geplant, das die Drehzahl von Rotor und Generator dynamisch an die Windverhältnisse anpasst, um den Energieertrag zu maximieren und mechanische Belastungen zu reduzieren.
Perspektivisch sollen im Projekt drei Anlagen errichtet werden: eine auf dem Gelände der Hochschule in Emden sowie zwei weitere bei den Projektpartnern Windmolens op Maat und Ondernemend Emmen in den Niederlanden. Letztere stehen als Beispiele für eine private oder landwirtschaftliche Umgebung. Herráez ergänzt: „Durch den Einsatz dieser neuen Technologien können Kleinwindanlagen künftig dazu beitragen, die typischen Versorgungslücken von Photovoltaikanlagen, insbesondere nachts und in den sonnenarmen Wintermonaten, zu schließen.“
Das Projekt „Wind & Regio“ wird im Rahmen des Interreg-VI-Programms Deutschland-Nederland durchgeführt und mit rund zwei Millionen Euro durch die Europäische Union, das Land Niedersachsen, das Ministerie van Economische Zaken, das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie NRW sowie die Provinzen Groningen, Gelderland und Drenthe mitfinanziert.