Abbaubare Kunststoffe und Abfallverwertung Carl-Zeiss-Stiftung fördert vier Projekte zu intelligenten Werkstoffen

An vier deutschen Universitäten wird an neuartigen Materialien für verschiedene Branchen geforscht. Hier untersucht Dr. Stefan Zechel von der Universität Jena das Formgedächtnisverhalten eines Kunststoffs, der von einer deformierten Form (links) in seine ursprüngliche Form (rechts) zurückkehrt.

Bild: Jens Meyer, Friedrich-Schiller-Universität Jena
14.09.2020

Mit insgesamt rund acht Millionen Euro fördert die Carl-Zeiss-Stiftung vier Forschungsprojekte an Universitäten in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Geforscht wird unter anderem an Kunststoffen, die sich selbst im Wasser abbauen, oder an der Umwandlung von Abfall in wertvolle Chemikalien.

Insgesamt vier Universitäten haben die Carl-Zeiss-Stiftung in einem zweistufigen Gutachterverfahren überzeugen können. Jede von ihnen erhält nun rund zwei Millionen Euro für ihre Forschung. Untersucht werden Methoden, mit denen herkömmliche Werkstoffe durch neue Stoffverbindungen „intelligenter“ werden können, sich an neue Situationen anpassen und gewünschte Verhaltensweisen entwickeln.

„Viele Werkstoffe erfüllen wichtige Funktionen, sind dabei aber vollkommen unflexibel“, sagt die Vorsitzende der Stiftungsverwaltung, Ministerin Theresia Bauer. „Wenn wir lernen, diese Werkstoffe so intelligent zu gestalten, dass sie sich situativ anpassen können, leisten wir nicht nur einen nachhaltigen Beitrag zum Innovationsstandort Deutschland, sondern auch zu einem ressourcenschonenden Verhalten.“

Friedrich-Schiller-Universität Jena: Nachhaltige Nutzung von Polymeren

Kunststoffe sind aus zahlreichen Anwendungsgebieten nicht mehr wegzudenken. Da sie nur teilweise recycelt werden können und Mikroplastik ein allgegenwärtiges Problem darstellt, stehen sie zunehmend in der Kritik.

In diesem Zusammenhang bieten intelligente Kunststoffe eine Alternative. Eine neue Klasse Polymerwerkstoffe, die herausragende Eigenschaften zeigen, sind Vitrimere. Sie können sich selbst heilen, lassen sich wiederverwerten und zeigen eine verbesserte Verarbeitbarkeit.

Als mögliche Werkstoffe der Zukunft erforscht die Friedrich-Schiller-Universität Jena diese Polymernetzwerke in ihrem Projekt. Sie werden dabei von der Synthese über die Charakterisierung und dem Verständnis des Mechanismus bis hin zu ihren Umwelteinflüssen untersucht.

Universität Stuttgart: Chitin als Ressource für die Bauindustrie

Das Biopolymer Chitin ist Hauptbestandteil des Exoskeletts von Insekten, Spinnen und Krebstieren. Trotz der vielversprechenden mechanischen und optischen Eigenschaften steht die technische Nutzung von Chitin als Werkstoff noch am Anfang.

Chitin-basierte Werkstoffe können durch chemische Modifikation feuerfest werden, sind schimmelresistent, mechanisch sehr robust und anders als synthetische Polymere kompostierbar. Ziel des Projekts der Universität Stuttgart ist, eine wasserbasierte Prozessierung von Chitin und den daraus abgeleiteten Stoffen zu intelligenten Werkstoffen zu entwickeln.

Da der Bausektor mehr als 35 Prozent des globalen Endenergieverbrauchs und fast 45 Prozent des globalen Ressourcenverbrauchs einnimmt, wird der Einsatz für Spezialanwendungen in diesem Bereich untersucht.

Universität Konstanz: Wasserabbaubare Kunststoffe

Kunststoffe erfüllen in praktisch jeder modernen Technologie unersetzliche Funktionen. Damit stellt sich die Frage, wie bei einer Freisetzung in die Umwelt verhindert werden kann, dass sie über Jahrzehnte bestehen bleiben und beispielsweise in Form von Mikroplastik in Organismen eindringen.

Die Universität Konstanz will die Frage beantworten, ob und wie abbaubare Werkstoffe möglich sind. Dazu verfolgt sie das Konzept von intelligenten Werkstoffen mit eingelagerten Mikrophasen, die in Süßgewässern oder im Meer eine Besiedelung durch natürliche Mikroorganismen fördern und dadurch ihren vollständigen Abbau auslösen.

Ziel ist die Erarbeitung eines Konzeptes für intelligente Werkstoffe, die kristallin und mechanisch widerstandsfähig sind, sich aber in der Umwelt, speziell im Meer und in Süßgewässern, von selbst abbauen.

Johannes-Gutenberg-Universität Mainz: Umwandlung von Stoffen in Wertprodukte

Um Strom zur Umwandlung von Stoffen in Wertprodukte, beispielsweise Feinchemikalien aus Biomasse, nutzen zu können, ist die umweltfreundliche Entfernung von Sauerstoffatomen aus organischen Verbindungen eine der ungelösten elektrochemischen Schlüsselreaktionen. Zentrale Herausforderung dabei: die elektrolytische Wasserstoffentwicklung zu vermeiden.

Durch innovative Kathodenmaterialien soll dies im Forschungsprojekt der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz erreicht werden. Dadurch wäre das Verfahren schneller, einfacher, rohstoffärmer und sicherer durchzuführen als bisherige Ansätze. Ziel ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Theorie und Experiment und die Entwicklung belastbarer Vorhersagen.

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