Energiewende im Realitätscheck

58 Prozent Erneuerbare – und jetzt?

Wind- und Solarenergie lieferten 2025 den größten Anteil am deutschen Strommix – zugleich wuchs der Bedarf an Netzausbau und steuerbaren Kraftwerken.

Bild: ChatGPT, publish-industry
26.12.2025

Der Jahresbericht 2025 des BDEW zeigt: Erneuerbare Energien tragen den Strommix, die Emissionen sinken und die Versorgung bleibt stabil. Zugleich mahnte Verbandschefin Kerstin Andreae klare Regeln für Netze, Kraftwerke sowie die Gas- und Wärmewende an.

Die Energiewirtschaft blickt auf ein Jahr mit großen Herausforderungen, aber auch mit Erfolgen zurück. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hat weiter zugenommen, die Gaslieferungen erfolgen zuverlässig und die CO2-Emissionen sind erneut gesunken. Dies geht aus dem vom BDEW vorgestellten Jahresbericht der Energiewirtschaft 2025 hervor.

Stromerzeugung und Strommix: Erneuerbare dominieren

Demnach lag die Stromerzeugung 2025 bei knapp 500 Milliarden kWh, was einem leichten Plus von 0,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Das historisch windschwache erste Quartal konnte durch starke Sommer- und Herbstmonate bei Wind sowie deutliche Zuwächse bei der Photovoltaik zum Großteil ausgeglichen werden. Insgesamt liegt der Anteil erneuerbarer Energien bei der Stromerzeugung bei 58 Prozent. Im Strommix bleibt Windkraft der mit Abstand wichtigste Energieträger, gefolgt von der Photovoltaik, die erstmals vor Erdgas auf Platz zwei liegt. „Wind und Sonne sind inzwischen ganz eindeutig die Hauptstromlieferanten in Deutschland“, so Andreae.

Im kommenden Jahr ist die Anpassung des Förder- und Investitionsrahmens für erneuerbare Energien wichtig, die den Ausbau nicht ausbremsen darf. Sie wird ein wichtiges Signal für das Ambitionsniveau der investierenden Unternehmen sein. Gleichzeitig muss der Ausbau der erneuerbaren Energien besser mit den Netzen in Einklang gebracht werden und die Kosten- und Systemeffizienz muss stärker in den Fokus rücken. Dazu gehören neben gezielten Förderanreizen auch die Verbesserung von Ausschreibungen. Beim Offshore-Wind-Ausbau gilt es beispielsweise, die Verschattungseffekte zu reduzieren. Ein großer Hebel ist auch ein ernst gemeinter Bürokratieabbau.

Kraftwerkskapazitäten: 22 GW steuerbare Leistung fehlen

Zudem sieht der BDEW einen wachsenden Handlungsdruck beim Aufbau neuer steuerbarer Kraftwerkskapazitäten. Die Bundesnetzagentur sieht einen Bedarf von mindestens 22 GW. „Der Zubau neuer Gaskraftwerke, die später wasserstofffähig betrieben werden können, ist dringender denn je. Selbst bei Ausschreibungen Anfang 2026 würden neue Kraftwerke aufgrund der Bauzeiten voraussichtlich erst Anfang der 2030er Jahre wirksam werden“, erklärt Andreae. „Das Kraftwerksicherheitsgesetz sowie ein sich anschließender technologieoffener Kapazitätsmarkt müssen daher jetzt Priorität haben.“ Gerade vor diesem Hintergrund braucht der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft mehr politische Aufmerksamkeit.

Auch im Wärmemarkt bestehen große Herausforderungen: Drei von vier Haushalten heizen weiterhin mit Gas oder Öl. Zwar steigt der Anteil der Wärmepumpe im Wohnungsneubau inzwischen auf 67 Prozent, doch der Umbau des Bestands bleibt eine Mammutaufgabe. „Die Wärmewende dürfen wir nicht auf die leichte Schulter nehmen. Sie ist die Königsdisziplin der Energiewende. Millionen Heizungen müssen in den kommenden zwei Jahrzehnten erneuerbar werden. Dafür brauchen wir verlässliche, verständliche und praxistaugliche Regeln“, so Andreae.

„Wettbewerbsfähigkeit ist mehr als Energiepreise“

Entscheidend sei auch die rechtliche und wirtschaftliche Ausgestaltung der Transformation der Gasnetze. „Die Menge an Gasheizungen im Bestand verdeutlicht die Dimension der Wärmewende. Es braucht schnellstmöglich Regelungen, wie die Transformation der Gasversorgung so gelingen kann, dass weder Haushalte und Gewerbe noch die Netzbetreiber und Versorger auf unbezahlbaren Kosten sitzen bleiben.“

Mit Blick auf die neue Bundesregierung begrüßt der BDEW erste Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise wie den Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten. Daneben sind jedoch auch steuerliche Entlastungen der Wirtschaft, verlässliche Investitionsbedingungen und weniger bürokratische Hürden notwendig, um den Standort Deutschland zu stärken. „Wettbewerbsfähigkeit ist mehr als Energiepreise“, unterstreicht Andreae. Sie kritisiert zudem die Finanzierung konsumtiver Maßnahmen aus dem Klima- und Transformationsfonds: „Diese Mittel fehlen dann für dringend notwendige Zukunftsinvestitionen.“

Die 10 wichtigsten Punkte aus dem BDEW-Bericht zur Energieversorgung 2025:

  1. Primärenergieverbrauch auf nahezu unverändertem Niveau – verbrauchssteigernder Effekt der kühleren Witterung gleicht konjunkturell und kalendarisch bedingte Rückgänge aus.

  2. Stromverbrauch leicht zurück gegangen, Gas- und Fernwärmeverbrauch legen aufgrund kühlerer Temperaturen in der Heizperiode zu.

  3. Investitionen der Energieversorger – vor allem in Netzinfrastruktur – deutlich gestiegen.

  4. Norwegen weiterhin mit Abstand Hauptlieferant für Pipeline-Erdgas, LNG an deutschen Terminals kommt überwiegend aus den USA.

  5. Trotz ungünstiger Witterungsbedingungen legt die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien leicht zu – mehr Strom aus Photovoltaik gleicht Rückgänge bei Wind und Wasserkraft aus.

  6. Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch weiter auf 56 Prozent gestiegen – mit über 5 GW zweithöchster Zubau bei Wind an Land, Photovoltaik erneut über 17 GW.

  7. Stromaustausch: Deutschland ist das dritte Jahr in Folge Netto-Importeur von Strom, aber Importüberschuss wieder deutlich rückläufig.

  8. Trotz leicht gestiegener Stromerzeugung und ungünstiger Witterungsbedingungen ist der CO2-Ausstoß der Energiewirtschaft leicht gesunken – Minderung gegenüber 1990 nun bei 61 Prozent.

  9. Elektromobilität: Mit 9,0 GW Ladeleistung und mehr als 190.000 Ladesäulen zum Oktober 2025 übertrifft Deutschland die gesetzlichen Vorgaben um mehr als das Doppelte – Ultra-Schnelllader legten am stärksten zu.

  10. Erstmals mehr als zwei Drittel der Wohnungen im Neubau mit Elektro-Wärmepumpe geplant – leichte Erholung bei den Baugenehmigungen für Wohnbauten.

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