KI im Arbeitsschutz Wie Künstliche Intelligenz Ihre Arbeit sicherer macht

Arbeitsschutz rückt zunehmend in den Fokus KI-basierter Algorithmen.

Bild: iStock, Designer
14.09.2020

Predictive Maintenance, Supply Chain Resilience oder intelligente Roboter: Viele Verfahren der Industrie 4.0 bauen auf die digitale und intelligente Vernetzung von Systemen. Es gibt kaum einen Bereich, den das Buzz-Thema Künstliche Intelligenz noch nicht erobert hat. Auch die Arbeitssicherheit ist hier keine Ausnahme.

Zugegebenermaßen hat sich die Health-&-Safety-Branche in der Vergangenheit nicht gerade lautstark mit großen, technischen Innovationen hervorgetan. Doch die Digitalisierung hat auch hier neue Standards gesetzt.

Statt Zettel, Stift und Tabellenkalkulation ist der Einsatz einer HSE-Management-Software wie Quentic in den Industrieunternehmen heute selbstverständlich. Die strukturierte und aggregierte Erhebung und Auswertung von HSE-Daten, wie beispielsweise Unfälle, Beinaheunfälle oder gefährliche Situationen, bildet dabei die Grundlage für KI-gestützte Innovationen in dem Feld.

Schutz- und Steuerungssysteme unterstützen längst bei der Vermeidung von Unfällen, Assistenzsysteme erkennen Gefahrensituationen vollautomatisch und auch bei tragbaren Technologien (Wearables) oder Smart Work Wear wird intensiv an Einsatzmöglichkeiten für Künstliche Intelligenz gearbeitet. Auch wenn es bereits zahlreiche, vielversprechende Ansätze gibt – Künstliche Intelligenz für den Schutz von Arbeitern flächendeckend einzusetzen, ist dies noch nicht sehr verbreitet. Das Potenzial ist jedoch unumstritten.

Corona als Innovationstreiber?

Viele Unternehmen haben erlebt, welch starke Auswirkungen ein Lockdown auf ihre Zukunftsfähigkeit haben kann und die Verantwortung der HSE-Manager stieg in den letzten Monaten merklich. Nur wenn neue Arbeitsschutzstandards umgesetzt werden, wird eine sichere Produktion gewährleistet.

Plötzlich erfährt das Thema Arbeitssicherheit eine ganz neue Aufmerksamkeit. Auch die Verlagerung vieler Tätigkeiten ins Homeoffice und die allgemeine Flexibilisierung der Arbeit stellt Arbeitsschutzverantwortliche vor Herausforderungen. Daher stehen wir genau jetzt an einem Punkt, an dem der Bereich Arbeitssicherheit vom allgemeinen Digitalisierungsschub profitieren wird und Anwendungsideen für Künstliche Intelligenz im Arbeitsschutz weiter Auftrieb erhalten.

Bereits im vergangenen Jahr haben die Mitarbeiter von Quentic eine Reihe von KI-basierten Anwendungen ausprobiert und in Pilotprojekten evaluiert, ob und wie solche Lösungen für Kunden in die Plattform integriert werden können. Dabei war wichtig, nur auf Technologien zurückzugreifen, die bereits einen hohen Reifegrad haben und Anwendern einen echten Mehrwert bieten. Niemand hat etwas davon, eine Technologie nur um eines Hypes willen einzusetzen, um am Ende auf ein Heer von Data Scientists und KI-Experten angewiesen zu sein.

Daten müssen ohne Barrieren erhoben werden

Die Richtungen, die Quentic in den Testprojekten ausgelotet hat, basieren deshalb alle auf einer sogenannten schwachen KI. Solche Systeme werden für einen sehr konkreten Anwendungsbereich entwickelt. Sie interpretieren in diesem eng definierten Rahmen große Mengen an Daten, lernen aus den komplexen Zusammenhängen und handeln auf Basis des Gelernten. Oft wird dies auch synonym mit „maschinellem Lernen“ oder „lernenden Systemen“ beschrieben.

Nun stellt sich im Rahmen des Arbeitsschutzes zuerst die Frage, wie Quentic die vielen Daten für KI-gestützte Systeme erhält. Damit ein System zum Beispiel selbst erkennt, warum an welcher Stelle Gefahren für Beschäftigte auftreten könnten, muss es lernen, unsichere Situationen zu erkennen.

Wie aber können Beschäftigte dazu motiviert werden, nicht nur Unfälle, sondern auch solch unsichere Situationen zu melden? Wie wird sichergestellt, dass bei einer Meldung eines Vorfalls Prozesse eingehalten werden und alle relevanten Stellen die richtigen Informationen vollständig erhalten? Die Antwort auf diese Frage hieß lange: „Da haben wir ein Formular.“

Wie aber sollen Angestellte immer genau wissen, wann sie welches Formular wie bekommen und auszufüllen haben und wie viele Kopien mit welchen Fristen bei welchen Stellen abzugeben sind? Solch komplexe Prozesse sind schon vor ihrem Beginn abschreckend. Papierwege erzeugen Barrieren und diese können leicht abgebaut werden.

Digitale Assistenten unterstützen

Viel einfacher wäre es, wenn Personen im Betrieb einen digitalen Assistenten hätten, der sie Schritt für Schritt durch die notwendigen Schritte leitet. Fragen, angepasst an die Ausgangssituation, helfen, wichtige Information nicht zu vergessen. In nur wenigen Augenblicken ist eine Meldung erfolgt und alle relevanten Stellen erhalten für sie relevante Informationen per Knopfdruck und ohne Zeitverzögerung.

Ein solcher „SafetyBot“ ist auf Mobilgeräten überall auf dem Gelände verfügbar und unterstützt sofort und unkompliziert. Kann er mit Sprachsteuerung bedient werden, ist die Barriere sogar noch niedriger, denn Sprache ist für uns die natürlichste Form der Kommunikation.

Noch interessanter als die reinen Meldefunktionen eines solchen Chatbots ist jedoch, dass sie einen echten Dialog ermöglichen. „Hey, SafetyBot, was muss ich bei der Bedienung dieser Maschine beachten?“ fühlt sich seit Siri, Alexa und Co. nicht mehr fremd an. Und wenn der Assistent morgens grüßt mit: „Hallo Max Mustermann, vor dem Arbeitsbeginn Handhygiene und Mund-Nasen-Bedeckung nicht vergessen! Brauchst du mehr Informationen zu den neuen Maßnahmen?“, wirkt die freundliche Erinnerung mit Sicherheit effektiver als ein Zettel an der Eingangstür.

Ein solches Assistenzsystem bietet eine einheitliche Plattform für alle sicherheitsrelevanten Informationen und kann auch ein direkter Feedback-Kanal sein. Ereignet sich zum Beispiel ein Unfall, können (lebens-)wichtige Informationen zusätzlich zu den üblichen Wegen unverzüglich weitergegeben werden. Welches Verhalten ist nun erforderlich? Wann ist eine Maschine wieder in Betrieb? Müssen weitere Maßnahmen getroffen werden?

Eine intelligente Anwendung weiß, welcher Beschäftigte wo auf dem Gelände ist, oder welche Berufsgruppen eine Information erhalten müssen und kann Informationen so weitergeben, dass sie nur bei relevanten Empfängern ankommt. Ganz ohne aufwendige und statische Mailverteiler.

Intelligente Bilderkennung erkennt gefährliche Situationen

Ein weiteres Pilotprojekt beschäftigte sich mit der intelligenten Bilderkennung. Hier gibt es mittlerweile verlässliche und leicht zu trainierende Systeme, die Bilder aus Überwachungskameras zielgerichtet auswerten.

Anders als bei reinen Überwachungssystemen, bei denen Beschäftigte dafür zuständig sind, auf zahlreichen Bildschirmen parallel Informationen zu erfassen und zu bewerten, ermüdet ein KI-gestütztes System nicht. Es prüft und analysiert rund um die Uhr, langweilt sich bei monotonen Aufgaben nicht und lernt immerfort hinzu – 365 Tage im Jahr.

Alles, was ein solches System braucht, ist eine Bilddatenbasis, die ihm beibringt, was als unsichere Situation zu werten ist. Dies kann fehlende, defekte oder falsche Schutzausrüstung in einem besonders sensiblen Bereich, ein nicht vorhandener Mund-Nasen-Schutz oder auch eine zu hohe Dichte von Personen an einem Ort sein. Eine gut trainierte KI erkennt solche Situationen mit sehr hoher Genauigkeit und kann entsprechend mit Alarm oder Zutrittsverweigerung reagieren.

Mehr Daten erhöhen den Arbeitsschutz

Die Grundlage für KI-basierte Lösungen sind immer Daten. Natürlich stellt sich die Frage, wie diese zuverlässig und rechtskonform erfasst und verarbeitet werden können. Gerade in Europa ist hier die Freiwilligkeit und aktive Zuarbeit der Belegschaft unerlässlich.

Als Anbieter von Softwarelösungen ist Rechtskonformität, wie zum Beispiel Beachtung der DSGVO, für Quentic selbstverständlich. Bei der rechtskonformen Erhebung, dem Dialog mit Mitarbeitern, entsprechenden Dienstvereinbarungen und weiteren Schritten sind aber natürlich insbesondere auch die Betriebe gefordert.

Natürlich lösen die permanente Verarbeitung von Personen-, Geo- und auch Gesundheitsdaten sowie Ideen, die menschliche Arbeit durch eine KI zu ersetzen, eine Ethik- und Datenschutzdebatte aus, die aktiv geführt werden muss. Aber fest steht auch, dass diese Technologien die Arbeit sicherer machen und den Menschen schützen können. Für Quentic ist sicher: Wenn eine Lösung menschliche und künstliche Intelligenz konstruktiv verknüpft und Kunden einen echten Mehrwert daraus ziehen, werden sie integraler Bestandteil der Produktentwicklung sein.

Bildergalerie

  • Noch interessanter als die reinen Meldefunktionen eines Chatbots ist, dass sie einen echten Dialog ermöglichen.

    Noch interessanter als die reinen Meldefunktionen eines Chatbots ist, dass sie einen echten Dialog ermöglichen.

    Bild: Quentic

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