Babyboomer gehen in Rente und Wissen geht verloren

Wie Künstliche Intelligenz den Fachkräftemangel abfedern kann

Im Projekt „GrAIfbAR“ erforscht das ifaa, wie sich das Erfahrungswissen der Babyboomer-Generation mithilfe von KI und Robotik sichern und für Industrieprozesse nutzbar machen lässt.

Bild: iStock, EvgeniyShkolenko
06.11.2025

Mit GrAIfbAR startet das ifaa ein Projekt, das das Wissen ausscheidender Fachkräfte mithilfe von KI und Robotik sichert. Das Ziel besteht darin, Erfahrungswissen digital nutzbar zu machen – für Menschen, Maschinen und die Zukunft der Industrie.

Bis 2036 erreichen 16,5 Millionen Beschäftigte der sogenannten Babyboomer-Generation aus den 1960er Jahren das Renteneintrittsalter. Für die deutschen Unternehmen bedeutet dies ein doppeltes Dilemma: Sie müssen individuelle Kundenwünsche mit einer wettbewerbsfähigen Kostenstruktur und unter Berücksichtigung knapper personeller Ressourcen erfüllen. Zugleich droht durch den Ruhestand und die Fluktuation ein Verlust wertvollen Erfahrungswissens (IW). Eine vollständige Automatisierung kommt für viele kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) nicht infrage, da ihre Produkte zu individuell sind. Die Vielzahl an Produktvarianten macht die Prozesse komplexer und erschwert den Einsatz von Robotik zusätzlich.

KI und Robotik als Rettungsanker im Fachkräftemangel

Insbesondere der Verlust von Erfahrungswissen in der Belegschaft stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Dieses Wissen ist den Beschäftigten oft nicht bewusst und nur schwer zu erfassen. „Wer seit Jahren dieselben Handgriffe macht, arbeitet oft aus dem Bauch heraus. Dieses Erfahrungswissen ist so selbstverständlich, dass es kaum jemand beschreiben kann. Und genau deshalb geht es häufig verloren“, erklärt Ottersböck.

Genau hier setzt GrAIfbAR an: Mithilfe von KI soll wertvolles Erfahrungswissen erkannt und weitergegeben werden, um es zu sichern. Im Projekt wird ein System entwickelt, das Prozess- und Handlungswissen automatisch in eine gemeinsame Standardsprache übersetzt, die sowohl von Menschen als auch von Maschinen verstanden wird. Dadurch können Unternehmen künftig flexibler reagieren, indem sie Mitarbeitende und Roboter entsprechend einsetzen und Auftragsspitzen besser abfangen. Das entlastet das Fachpersonal und hilft dabei, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken – ein wichtiger Schritt zur nachhaltigen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands.

Fortschritt mit Praxisbezug

Die technischen Lösungen werden von der Hochschule Niederrhein (HSNR) und Consipio Software Engineering unter Einbindung der Beschäftigten direkt an realen Arbeitsplätzen in den beteiligten Produktionsunternehmen Komos und Röders entwickelt und erprobt. „Es soll eine Technik entwickelt werden, die sowohl dem Unternehmen als auch den Beschäftigten einen Mehrwert bietet. Das Ziel kann erfahrungsgemäß besser erreicht werden, wenn die Nutzergruppe von Anfang an einbezogen wird in den Entwicklungsprozess, was unter anderem die Aufgabe des ifaa sein wird“, erläutert Ottersböck. Die Ergebnisse fließen in einen soziotechnischen Handlungsleitfaden ein, der anderen KMU den Transfer der entwickelten Ansätze erleichtern soll.

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