Markus Asch Werte schaffen für die Zukunft der Industrie

Markus Asch  ist seit Anfang 2021 CEO von Rittal International und Rittal Software Systems in der Friedhelm Loh Group. Zuvor war er über 20 Jahre in Managementpositionen bei Alfred Kärcher tätig. Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Weiterentwicklung modularer Produkt- und Lösungsplattformen auf Basis der Kombination von Hardware und Software.

Bild: Rittal
20.10.2023

Die industrielle Transformation neu denken: Waren Unternehmen gestern erfolgreich, wenn Sie das beste Produkt zum besten Preis lieferten, müssen sie heute weitaus mehr leisten – und das Morgen mitdenken. Sie müssen Datenräume schaffen und verbinden. Wie wir dies bewältigen können und was die Zukunft der Industrie mit dem Bau eines Eigenheims zu tun hat.

Haben Sie schon einmal ein Eigenheim gebaut? Das war schon früher nicht einfach. Aber wenn Sie Kapital hatten und Ihre Handwerker gute Arbeit machten, bekamen sie ein solides Haus. Heute reicht das nicht mehr.

Ein Gebäude ist ein smart vernetztes Gesamtsystem. Deutlich wird dies vor allem beim Thema Energie. Ihr Eigenheim verbraucht nicht nur Strom, sondern speist diesen in Zeiten geringen Verbrauchs über Photovoltaik ins Netz ein. Ihre Ladesäule wird erst aktiv, wenn günstiger Strom zur Verfügung steht. Sie brauchen Datentransparenz über Verbräuche und Verfügbarkeit von Energie. Das heißt: Ihr Smart Home ist nicht nur Ihr neues Zuhause, sondern ein Datenraum – und Teil eines Systems, in dem alle Gewerke übergreifend verbunden werden müssen.

In der Industrie gibt es Parallelen, aber es ist noch komplexer. Neben Lieferkettenproblemen und Fachkräftemangel erfordern Energieknappheit, der Weg zur All-Electric Society und der Klimaschutz radikale Veränderungen. Schon heute verbrauchen die Fertigungen rund 45 Prozent des Stroms in Deutschland. Wenn die Verfügbarkeit von Energie sinkt und die Kosten steigen, wird Energieeffizienz zum geschäftskritischen Faktor – und die Transparenz über Energiedaten die Voraussetzung für Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit.

Überfordert uns dies? Sicher. Ist es eine Chance? Ganz sicher – wenn wir die Dinge anders angehen als bisher. Wir befinden uns in einer Transformation, die nicht von Unternehmen, Gewerken, oder mit Produkten und Lösungen isoliert zu bewältigen ist. Wir müssen entlang von Prozessen und deren Optimierung denken, in Datenräumen und deren Verbindung. Wie ist dies zu schaffen?

Erstens, durch die Optimierung der Prozesse „im eigenen Haus“ – in der Fertigung. Kundenanforderungen werden komplexer und Produkte individueller. Wenn Sie dies wirtschaftlich, also auch energieoptimiert, umsetzen wollen, geht das nur mit vollständiger Datentransparenz. Wenn Sie wissen, was wann in der Fertigung vor sich geht, können Sie optimieren.

Die Daten kommen von Maschinen und Anlagen, die Sie smart instand halten, vom Produkt als Datensatz mit Product Carbon Footprint und vom Fertigungsprozess, der Energie verbraucht. Diese Daten gilt es transparent zu machen. Fragten wir uns gestern, wie wir ein Produkt kostengünstig fertigen, geht es heute darum, dies mit möglichst geringem Energieeinsatz zu erreichen. Vielleicht richten wir unsere Fertigung morgen auf die Verfügbarkeit und Kosten von Energie aus?

Zweitens, durch die Ausrichtung der Zusammenarbeit mit unseren Kunden auf die digitale Transformation, das heißt, durch die Optimierung der Kundenprozesse. Ein Beispiel: Schaltschränke von Rittal – es könnten auch Maschinenteile oder Antriebe sein – werden in vielen Varianten gefertigt. Das Produkt allein nutzt den Kunden jedoch nicht viel. Ein Schaltschrank wird in vielen Arbeitsschritten zu hochindividuellen Steuerungs- und Schaltanlagen ausgebaut.

Als Partner der Kunden gilt es diese gesamte Wertschöpfungskette zu automatisieren und zu digitalisieren. Die kluge Kombination von Hardware und Software vom Engineering über die Herstellung und Bearbeitung bis zum Betrieb – der digitale Zwilling als Datenraum des Prozesses – kann allein den Zeitaufwand um bis zu 60 Prozent senken.

Fazit: Das übergeordnete Bigger Picture zu erkennen, in den eigenen und den Kundenprozessen zu denken und sie zu optimieren, ist mehr als ein Geschäftsmodell. Es ist ein Handlungsprinzip – mit einer wichtigen Voraussetzung. Es braucht uns alle. Datenräume zu schaffen und zu verbinden geht nur gemeinsam. So schaffen wir echte Werte für unsere Kunden.

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