Kommentar zum Energiewirtschaftsgesetz Warum die EnWG-Reform Investitionen weiter ausbremst

Solange es keine verbindlichen Standards für Netzanschlüsse gibt, bleibt die EnWG-Novelle wirkungslos – Projektierer kämpfen weiterhin mit Intransparenz und langen Wartezeiten.

Bild: ChatGPT, publish-industry
02.09.2025

Die vom Bundeskabinett beschlossene EnWG-Novelle fällt laut Thomas Schoy vom Privaten Institut enttäuschend aus: Es fehlen verbindliche Vorgaben, digitale Standards und klare Fristen. Anstatt einer Beschleunigung drohen nun Investitionshemmnisse und weitere Verzögerungen.

Warum die auf den Weg gebrachte EnWG-Novelle enttäuscht und was ihr fehlt, dazu äußert sich Thomas Schoy, Mitinhaber und Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Privates Institut: „Die vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes kommt spät – und sie bleibt deutlich hinter dem zurück, was der Markt dringend braucht. Während die Bundesregierung von Entbürokratisierung spricht, erleben Projektierer jeden Tag das Gegenteil: überlastete Netzbetreiber, undurchsichtige Prozesse, monatelange Wartezeiten auf einfache Anschlussauskünfte – und eine massive Rechtsunsicherheit, die Investitionen verzögert oder ganz verhindert. Das hat mit beschleunigtem Ausbau nichts zu tun, sondern ist ein Investitionshemmnis mit Ansage. Die geplanten gesetzlichen Änderungen versprechen Vereinfachungen, bleiben aber vage und ohne operative Verbindlichkeit. Ohne konkrete Fristen, rechtlich durchsetzbare Verpflichtungen und klare digitale Prozessstandards wird sich an der Anschlussrealität nichts ändern. Denn das eigentliche Problem liegt nicht im Gesetzestext, sondern in der Praxis: Netzbetreiber agieren oft in Intransparenz, ohne funktionierende Schnittstellen, ohne standardisierte Verfahren, teilweise sogar ohne belastbare Ansprechpartner für Projektierer. Und selbst dort, wo technische Anschlusskapazitäten vorhanden wären, wird blockiert oder verschleppt.“

„Was uns fehlt, ist kein weiteres Symbolgesetz, sondern ein regulatorischer Durchbruch. Ein funktionierendes, verpflichtendes digitales Anschlussregister, das bundesweit einheitlich Auskunft über freie Kapazitäten gibt. Ein Verfahrensrahmen mit klaren Zeitvorgaben – und Konsequenzen, wenn diese nicht eingehalten werden. Und nicht zuletzt ein Recht auf Anschluss innerhalb angemessener Fristen; vergleichbar mit dem, was für Hausanschlüsse in der Niederspannung längst Standard ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz darf nicht dort enden, wo Photovoltaik in der Megawattklasse auf landwirtschaftlichen Flächen umgesetzt wird. Zusätzlich dazu verfehlt die Novelle auch den Kern der wirtschaftlichen Realität: Der Markt ist bereit, private wie institutionelle Investoren stehen in den Startlöchern, Freiflächen werden zügig projektiert, und der Ausbau stockt nicht wegen mangelndem Kapital, sondern weil die Anbindung ans Netz zur Blackbox geworden ist. Dabei wird die Energiewende zur zentralen Aufgabe unserer Zeit erklärt. Wer das ernst meint, muss bei der Infrastruktur ansetzen – und das heißt: Netzanschlüsse müssen genauso planbar und verbindlich werden wie jedes andere technische Gewerk.“

„Was hier aktuell auf dem Tisch liegt, ist nicht die überfällige Reform, sondern ein minimales Korrektiv – zu wenig, zu zögerlich und zu unverbindlich. Wer jetzt nicht handelt, verspielt Vertrauen und beschleunigt nicht den Ausbau, sondern das Ausbremsen. Wenn die Bundesregierung glaubwürdig sein will in ihrem Anspruch, Deutschland zum Erneuerbaren-Leitmarkt zu machen, dann braucht es jetzt ein EnWG, das Investitionen ermöglicht, nicht erschwert. Andernfalls erleben wir weiterhin einen regulatorischen Stillstand auf Kosten der Energie-, Standort- und Klimasicherheit dieses Landes“, so Thomas Schoy.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel