Deep Learning verbessert Qualitätskontrolle Visual Inspection: Wenn die KI das Auge ersetzt

Die Nutzung von Deep Learning und neuronalen Netzen verleiht Maschinen ein menschenähnliches visuelles Verständnis und gibt ihnen die Fähigkeit, Bilder zu sehen, zu verstehen und Entscheidungen zu treffen.

Bild: publish-industry, DALL·E
23.07.2025

Die Zukunft der Industrie ist datengetrieben: Wer sich heute als Unternehmen konkurrenzfähig und zukunftssicher aufstellen möchte, muss Daten – und damit auch neue Technologien wie Künstliche Intelligenz – in seine Fertigungsprozesse integrieren und sie für sich nutzen. KI-gestützte Lösungen wie Visual Inspection AI werden heute bereits zu einem unverzichtbaren Instrument für Unternehmen, die ihre Wettbewerbsposition stärken und ihren Ruf als Hersteller von Qualitätsprodukten – und somit als zuverlässiger Partner – festigen wollen.

Höhere Präzision, Konsistenz, Kosteneinsparungen und Rückverfolgbarkeit: Die Vorteile KI-gestützter Qualitätskontrolle liegen auf der Hand. Während früher das menschliche Auge dafür zuständig war, Abweichungen im Farbton von Autolacken, Defekte in Flaschen oder Fehler bei Schweißprozessen aufzuspüren, laufen diese Prozesse heute bereits an vielen Stellen automatisiert ab.

Die sogenannte visuelle Inspektion ist eine etablierte Methode zur Qualitätskontrolle sowie zur Datenerfassung und -analyse. Klassische Bildverarbeitung basiert dabei auf festen Regeln und Algorithmen, die manuell von Entwicklern programmiert werden.

Im Gegensatz dazu bringt Computer Vision KI-gestützte Bildverarbeitung ins Spiel. Die Nutzung von Deep Learning und neuronalen Netzen verleiht Maschinen ein menschenähnliches visuelles Verständnis und gibt ihnen die Fähigkeit, Bilder zu sehen, zu verstehen und Entscheidungen zu treffen. Dadurch wird eine Simulation menschlichen Denkens möglich. Visual Inspection AI kombiniert also visuelle Inspektion mit KI und ermöglicht es so, durch automatisierte Kontrollprozesse Produktionsfehler zuverlässig zu erkennen und Qualitätsprozesse maßgeblich zu verbessern.

Visual Inspection kommt heute bereits in vielen Branchen zum Einsatz – von der Lebensmittel- über die Automobilindustrie oder der Medizin und setzt auf Kontrollen via Kamerasysteme, Bildverarbeitung und Künstlicher Intelligenz. KI-Algorithmen und Machine Learning erkennen dabei in Echtzeit Defekte und Abweichungen in den Produktionsstandards. Zudem birgt Visual Inspection erhebliches Potenzial für Kosteneinsparungen, indem Ausschuss drastisch reduziert und die Quote an Retouren und Reklamationen signifikant gesenkt wird. Dies zahlt darüber hinaus nicht nur auf die Einhaltung hoher Qualitätsstandards ein, sondern steigert auch maßgeblich die Kundenzufriedenheit und damit auch die Kundenbindung.

Visual Inspection im Einsatz

Wie ein solcher Anwendungsfall in kürzester Zeit implementiert und die Effizienz maßgeblich gesteigert werden kann, zeigt der Einsatz von Visual Inspection AI bei einem führenden Automobilzulieferer.

Um die bereits bestehende hohe Qualität und Zuverlässigkeit nachhaltig zu verbessern, entschied sich das Unternehmen mit Visual Inspection AI für eine hochskalierbare Lösung zur effizienten Qualitätskontrolle. Das erste gemeinsame Projekt und ein erstes Element einer strategischen KI-Initiative des Autozulieferers war die Überprüfung von Clips in Schaumstoffpolstern für Autositze – die angestrebte Ausreißerquote lag bei null Prozent. Aufgabe war es, schnell und präzise festzustellen, ob die Clips vorhanden und korrekt ausgerichtet oder defekt sind. Auf den ersten Blick sind das relativ simple Prüfkriterien, doch im konkreten Produktionsprozess ist es schwierig festzustellen, ob hier Fehler aufgetreten sind oder ob es sich um perfekte Produkte handelt. Zudem können viele Fehlertypen und ein breites Spektrum an Ausrichtungsfehlern über Dutzende von Produktionslinien, Schaumteilvarianten und Einlegeteilen auftreten – eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe für die Fachkräfte in der Qualitätssicherung.

Effizienz, Reproduzierbarkeit, Skalierbarkeit

Grundsätzlich ist der Einsatz von Visual Inspection sowohl in Cloud- als auch in hybriden Umgebungen wie auch On Premises möglich. Im konkreten Fall setzte das Projektteam konsequent auf die hochperformanten Werkzeuge der Google Cloud Platform, um die Implementierung zu beschleunigen. Diese Entscheidung ermöglichte eine Entwicklung entlang etablierter Best Practices und schuf die Grundlage für eine skalierbare und unternehmensweit einsetzbare KI-Strategie.

Herzstück der Lösung ist ein KI-gestütztes System zur automatisierten visuellen Inspektion, das mithilfe integrierter Kameras direkt in die Produktionslinie eingebunden ist. Die Bildverarbeitung erfolgt in einer Edge-Umgebung, die im Rechenzentrum des Unternehmens betrieben wird. Durch diese Architektur können Prüfergebnisse in Echtzeit bereitgestellt werden – eine Schlüsselanforderung für den industriellen Einsatz. Die Lösung ist als Hybridarchitektur konzipiert und kombiniert die Leistungsfähigkeit cloudbasierter Analyse mit der Echtzeitfähigkeit dezentraler Verarbeitung am Ort des Geschehens.

In der produktiven Anwendung überzeugt das System durch eine intuitive Benutzerführung, was die Einführung der neuen Lösung zusätzlich vereinfachte. Sämtliche relevanten Kennzahlen werden übersichtlich in Dashboards visualisiert, während der aktuelle Prüfstatus durch ein Ampelsystem klar kommuniziert wird. Umfangreiche Tests belegen nicht nur die technische Robustheit der Lösung, sondern auch ihren klaren Mehrwert gegenüber herkömmlichen manuellen Prüfprozessen – insbesondere im Hinblick auf Effizienz, Reproduzierbarkeit und Skalierbarkeit.

Nach nur drei Monaten wurde die Lösung übergeben, der erste erfolgreiche Proof of Concept (PoC) im Bereich KI-gestützter Qualitätskontrolle war damit erfolgreich abgeschlossen. So wurde der Grundstein für weitere Anwendungsfälle im Bereich der Qualitätssicherung gelegt – unter anderem können die gewonnenen Daten nun auch im Fertigungsprozess als Produktionsfaktor genutzt werden.

Neben der zuverlässigen Früherkennung von Fehlern, einer besseren Rückverfolgbarkeit, automatisierten Dokumentation und dem Ausschluss subjektiver Fehlentscheidungen, wie sie bei einer menschlichen Prüfung vorkommen können, ist auch die Entlastung der Fachkräfte ein wesentlicher Punkt, der für Visual Inspection spricht. Diese können sich anderen, strategischeren Aufgaben widmen – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels aber auch im Recruiting ein entscheidender Faktor.

Mensch und Maschine Hand in Hand

Neben zeitaufwändigen oder repetitiven Aufgaben, die künftig die Technologie zum Teil übernehmen wird, kann der Einsatz von KI im Bereich visuelle Inspektion auch die Arbeitssicherheit erhöhen. Dank neuer Technologien müssen Inspektionen an gefährlichen oder schwer zugänglichen Orten nicht mehr von Menschen übernommen werden. Das reduziert nicht nur das Risiko von Arbeitsunfällen, sondern unterstützt auch die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften und stärkt die Sicherheitskultur im Unternehmen.

Doch bei allen Möglichkeiten, die die Technologie bietet: Die finale Entscheidung muss in menschlicher Hand liegen, eine Prüfung der datengenerierten Ergebnisse ist nach wie vor unabdingbar. Denn Data Biases, also Verzerrungen durch ungenaue oder unvollständige Datensätze, führen unweigerlich zu falschen Entscheidungen. Wenn beispielsweise bestimmte, sehr seltene Fehlerarten im Trainingsset fehlen, kann das System diese Fehler natürlich auch nicht erkennen – das gleiche gilt für Fehler oder Defekte, die bisher noch gar nicht aufgetreten sind. Somit braucht es als letzte Instanz sowie im kontinuierlichen Monitoring den Menschen, um in der Produktion für größtmögliche Präzision, Zuverlässigkeit und Sicherheit zu sorgen.

KI- und Datennutzung: Nicht nur eine Frage der Technologie

KI und smarte Datennutzung: Die neuen Technologien machen sich auf den Weg, die Art und Weise wie Unternehmen in Zukunft produzieren, zu revolutionieren. Der Mensch wird bei diesem Prozess nicht verschwinden, allerdings werden sich die Jobprofile und die Anforderungen verändern. Neue Rollen wie AI Engineers werden entstehen, während bestehende Berufe sich mehr und mehr in Richtung der strategischen Weiterentwicklung und der Entstehung neuer, häufig digitaler Geschäftsfelder bewegen. Damit einher geht die Notwendigkeit der Vertiefung und Vermittlung von Kompetenzen im Bereich Daten- und KI-Nutzung. Die Aufgabe von Unternehmen wird es daher sein, die dafür benötigten Kompetenzen in ihren Teams auszubilden und einen entsprechenden Fokus auf Ausbildung und Upskilling zu legen.

Denn, so zeigt es auch eine Studie des VDI: mentale Barrieren sind eines der größten Hindernisse beim Einsatz von KI. Erfahrungswissen spielt eine maßgebliche Rolle bei der Entscheidung, eine Technologie zu nutzen. Bezogen auf die Digitalkompetenzen schneiden deutsche Bürger im europäischen Vergleich jedoch unterdurchschnittlich ab – ein deutliches Signal auch an die Unternehmen, ihre Teams mit dem entsprechenden Know-how auszustatten.

Diese Entwicklung ist nicht nur eine technologische, sie betrifft auch das Mindset und die Unternehmenskultur. Gerade deutsche Industrieunternehmen, die auf eine lange und erfolgreiche Geschichte zurückblicken, ist der Wandel hin zum daten- und KI-getriebenen Unternehmen ein echter Paradigmenwechsel. Um zu gewährleisten, dass die Belegschaft diese Transformation mitgeht und mitträgt, braucht es vonseiten des Managements Transparenz, besonders hinsichtlich der Ziele und Erwartungen an den Einsatz der Technologie. Das gilt für KI-gestützte Qualitätskontrollen ebenso wie etwa für den Einsatz von KI Agenten.

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