Elektronischer Müll, auch E-Schrott genannt, und Altbatterien zählen zu den drängendsten Umweltproblemen des 21. Jahrhunderts. Die fortschreitende Technologisierung hat unseren Alltag zwar bereichert, führt aber auch zu einer stetig wachsenden Menge an ausgedienten Geräten und Batterien. Ein verantwortungsvoller Umgang mit diesen Abfällen, insbesondere ihr Recycling, ist entscheidend, um Ressourcen zu schonen, Materialien wiederzugewinnen und Umweltverschmutzung zu vermeiden.
Enorme Verschwendung von Ressourcen
Schätzungen zufolge enthielt der allein im Jahr 2022 entstandene Elektroschrott wiederverwertbare Metalle im Wert von rund 91 Milliarden US-Dollar. Darunter befinden sich knappe Metalle wie Gold, Silber, Kupfer und Seltene Erden. Doch nur 22 Prozent davon wurden recycelt. Zu den wertvollsten Elementen im Elektroschrott gehören Leiterplatten (Printed Circuit Boards, PCBs). Mit bis zu 36.000 US-Dollar an wiederverwertbaren Metallen pro Tonne sind sie eine besonders bedeutende Ressource für das Recycling.
Ebenso wichtig wie die Wiederverwertung von Elektroschrott wird in Zukunft das Recycling von Batterien sein. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass die Batterienachfrage im Jahr 2024 erstmals die Marke von einer Terra-Wattstunde (TWh) erreicht hat, wobei Batterien in Elektroautos mit einem Anteil von über 85 Prozent die mit Abstand wichtigste Nachfragekomponente darstellten. In den kommenden Jahren wird der Bedarf an Batterien für Elektrofahrzeuge laut IEA-Prognose weiter rasant zunehmen und bis 2030 voraussichtlich mehr als drei TWh erreichen.
Recyclingtechnologie aus Australien
Iondrive ist ein börsennotiertes australisches Clean-Tech-Start-up, welches eine firmeneigene Deep-Eutectic-Solvent-Technologie (DES) entwickelt hat. Diese ermöglicht eine umweltfreundliche und kostengünstige Rückgewinnung von kritischen und wertvollen Metallen aus Batterien, Elektroschrott und gemischten Hydroxidfällungen. „DES sind umweltfreundliche Lösungsmittel, die durch Mischen eines Wasserstoffbrückenbindungsdonors (HBD) und eines Wasserstoffbrückenbindungsakzeptors (HBA) entstehen“, erklärt Dr. Ebbe Dommisse, CEO von Iondrive. Aus der Wechselwirkung über Wasserstoffbrückenbindungen resultiert eine eutektische Mischung mit einem niedrigeren Schmelzpunkt als ihre einzelnen Bestandteile. DES sind in der Regel wenig toxisch, biologisch abbaubar und wiederverwendbar.
„Unsere DES-Extraktionstechnologien eignen sich für drei wichtige globale Lieferketten“, sagt Firmenchef Dommisse. „Erstens für die Gewinnung von Lithium, Nickel, Kobalt und Mangan aus Black Mass, einem schwarzen Pulver, das beim Recycling von Batterien entsteht. Zweitens für die Gewinnung wertvoller Metalle wie Gold, Kupfer, Palladium und Seltene Erden aus dem Recycling von Elektronikschrott. Drittens können die DES-Extraktionslösungen für die MHP-Aufbereitung eingesetzt werden.“ Damit ist die Trennung von gemischten Hydroxidfällungen in einzelne Metallsalze gemeint. Die firmeneigene DES-Plattform wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Adelaide entwickelt und durch strategische Kooperationen zwischen Forschung, australischer Regierung und Industrie unterstützt.
Pilotprojekte in Australien, USA und Europa
Iondrive ist aus einem Spin-off der University of Adelaide hervorgegangen. Obwohl sich das Clean-Tech-Start-up noch im Forschungs- und Entwicklungsstadium befindet, konnten bereits wichtige Meilensteine erreicht werden. Dazu gehört beispielsweise ein Zuschuss der australischen Regierung in Höhe von 3,9 Millionen Australischen Dollar (AUD) für den Bau einer integrierten DES-Pilotanlage in Australien. Die Anlage soll Anfang 2026 in Betrieb genommen werden und die Verarbeitung von Black Mass und anderen Rohstoffen im kommerziellen Maßstab ermöglichen.
Auch auf internationaler Ebene hat Iondrive seine Präsenz sowohl in den USA als auch in Europa ausgebaut. So unterzeichnete das Unternehmen im September 2025 einen 21-monatigen Vertrag mit Colt Recycling, einem großen amerikanischen E-Schrott-Verarbeiter, um seine Technologie zur Rückgewinnung von Seltenen Erden aus Elektromüll zu testen. In Europa hat Iondrive mit der PEM-Gruppe der RWTH Aachen Universität über eine deutsche Tochtergesellschaft ein Konsortium gegründet, das sich um EU-Fördermittel in Höhe von 3,1 Millionen Euro bewirbt. Das Konsortium will unter anderem nachweisen, dass recycelte Batteriezellen die gleiche Leistung wie solche aus Neumaterialien erbringen können.