Energiesparende und ressourceneffiziente Batteriezellproduktion So wird Deutschland in der Batterieproduktion wettbewerbsfähig

Die ersten Konzepte für die ersten Pilotanlagen der Fraunhofer FFB wurden bereits erstellt.

Bild: Fraunhofer FFB
27.06.2023

Für den Wandel hin zu nachhaltiger Mobilität sind leistungsfähige Batteriezellen eine entscheidende Voraussetzung. Grundlegend ist dafür, eine energiesparende- und ressourceneffizientere Produktionsinfrastruktur der Zellen zu schaffen. Forschende der Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB zeigen nun Möglichkeiten auf, wie Energie- und Betriebskosten in der Batteriezellfertigung reduziert und dadurch ein hohes Potenzial für eine wettbewerbsfähige Batterieproduktion in Deutschland und Europa geschaffen werden kann.

Die Dynamik, mit der sich die Batteriespeichertechnologie als einer der vielversprechendsten Ansätze zur Substitution fossiler Energieträger weiterentwickelt, ist enorm. Damit Batteriezellen auf lange Sicht nachhaltiger und ökonomischer gefertigt werden können, bedarf es jedoch im Herstellungsprozess zusätzlicher Einsparungspotenziale und Effizienzstrategien, ohne dabei die Standards von Fertigungsumgebungen außer Acht zu lassen.

Aktuell resultieren bis zu 50 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland aus dem benötigten Strombedarf für die Produktion von Batteriezellen, davon entfallen bis zu 43 Prozent des Energiebedarfs auf die Fertigungsumgebung sowie den Betrieb der Rein- und Trockenräume. Das Whitepaper „Energieeffiziente und qualitätsorientierte Anlagenkonzepte für die Batteriezellfertigung“ der Münsteraner Forscherinnen und Forscher beschreibt, wie mit Hilfe verschiedener innovativer Environment-Konzepte zukünftig in der Batteriezellfertigung ein wirtschaftliches und umwelttechnisches Einsparpotenzial erzielt werden kann und zeigt zudem die praktische Umsetzung des Konzepts an der Fraunhofer FFB auf.

Herausforderungen in der Batteriezellfertigung

In ihrem Anwendungsbereich gilt die Lithium-Ionen-Batterie (LIB) als die fortschrittlichste Variante: Stationäre Energiespeichersysteme, Verbraucherelektronik, aber vor allem die Elektrifizierung der Mobilität nimmt den Großteil des zu erwartenden Gesamtbedarfs ein. Sie ist der Treiber für die jährlich steigende Nachfrage nach LIB im Gigawattstunden-Bereich.

Die wachsenden Ansprüche an die Nachhaltigkeit und Leistungseigenschaften der Batterie, wie zum Beispiel eine höhere Energiedichte zur Steigerung der Reichweite von Elektrofahrzeugen, werden auch neuartige Zellmaterialien benötigt. Mit Blick auf eine reibungslose, qualitativ hochwertige und sichere Herstellung der Batteriezellen stellen diese jedoch umfassende Anforderungen an Sauberkeit und Trockenheit.

Rein- und Trockenräume, also hermetisch dichte Räume, erfüllen diese Anforderungen. Sie verfügen über ein trockenes Raumklima und dadurch über eine sehr niedrige Luftfeuchtigkeit bei einem Taupunkt von - 60 °C – dem Temperaturwert, ab dem die Kondensation der Luftfeuchte beginnt. Damit es trockener als in der Wüste ist, sind allerdings enorme Energieaufwände für die Aufbereitung der sehr trockenen Luft erforderlich.

Potenzial neuer Environment-Konzepte in der Batteriezellfertigung

Für die Fertigungsumgebung entwickelt, realisiert und erforscht die Fraunhofer FFB daher prozess- und maschinennahe Einhausungskonzepte in der Produktion, die zukünftig die energieintensiven Rein- und Trockenräume ersetzen sollen und deutlich kostengünstigere und nachhaltigere Alternativen darstellen.

  • „Mini-Environments sind begrenzte, abgetrennte Fertigungs- und Transporteinheiten, welche den wertschöpfenden Prozess sowie das Produkt einkapseln. Der Einsatz von ,Mini-Environments‘ ist bisher noch auf den Labor- beziehungsweise Pilotmaßstab begrenzt.“

  • „Makro-Environments verbinden und kombinieren begrenzte, abgetrennte Fertigungsbereiche, welche die Bedienung, die Logistik sowie die Maschinen- und Fertigungseinheiten umfassen können.“

Dazu sagt Marius Heller, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsgruppe „Assemblierung und Formierung“ an der Fraunhofer FFB: „Mit dem Einsatz von ,Mini-Environments‘ in der Batteriezellfertigung können entscheidende Parameter verbessert werden. Dazu zählen deutlich geringere Betriebs- und Energiekosten und der Schutz der Mitarbeitenden vor potenziell schädlichen Gefahrenstoffen. Für die Industrie kann in Zukunft mit einem Umstieg auf Environment-Anlagenkonzepte die Wende zu einer ökologischen und ökonomischen Zellfertigung in Europa gelingen.“

Umsetzung und Erprobung in den Produktionslinien der Fraunhofer FFB

Anlagenhersteller sind zukünftig gefordert, eine effektive und effiziente Anlagentechnik zu entwerfen. Die Fraunhofer FFB wird in ihren flexiblen und wandlungsfähigen Fabriken, der „FFB PreFab“ und „FFB Fab“, einen Vergleichsmaßstab für qualitätsorientierte und energieeffiziente Anlagentechnik gegenüber dem bestehenden Stand der Technik etablieren und so einen wesentlichen Beitrag zum Transfer fortschrittlicher Lösungen in die Batterieindustrie leisten. Dazu werden unter anderem die umliegenden Rein- und Trockenräume vorgehalten, um die Prozess- und Produktionstechnologien zu erproben und zu quantifizieren. Zugleich erfolgt stufenweise die Erprobung der Environment-Konzepte.

Hasibe Turhan, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe „Assemblierung und Formierung“ an der Fraunhofer FFB sagt: „Wir erwarten für die Batteriezellfertigung eine ähnliche Entwicklung wie sie die Halbleiterfertigung bereits vor 30 Jahren durchlaufen hat: Durch die prozessnahe Einkapselung können zielgerichtet Luftströmungen realisiert und eine hohe Produktqualität erreicht werden. Insgesamt wird der gesamte Ablauf der Prozessumgebung optimiert.“

Auf der Grundlage von Marktbeobachtungen und Industriegesprächen erwartet die Fraunhofer FFB den Durchbruch für „Mini-Environments“ von dem Pilotlinienmaßstab auf den Serienmaßstab ab dem Jahr 2027.

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