Oberflächen von Nanomaterialien sind komplexer als gedacht

Sichere Nanotechnologie braucht kombinierte Analyseverfahren

Neue BAM-Ergebnisse belegen: Oberflächen von Nanomaterialien lassen sich nur durch methodische Vielfalt zuverlässig bewerten.

Bild: iStock, peterschreiber.media
18.12.2025

Neue Studien der BAM zeigen: Die sichere Anwendung von Nanomaterialien hängt entscheidend von ihrer Oberflächenanalyse ab, wobei Einzelmethoden zu kurz greifen. Erst die Kombination moderner Verfahren liefert präzise und belastbare Ergebnisse. Die Erkenntnisse aus den Projekten SMURFnano und MetrINo bilden die Grundlage für sichere, leistungsfähige und nachhaltige Nanomaterialien.

Die sichere Anwendung von Nanomaterialien und ihre optimale Performance hängt maßgeblich von ihren Oberflächen ab. Doch diese lassen sich bislang nur schwer verlässlich charakterisieren. Zwei neue Studien der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) zeigen nun: Nur die gezielte Kombination moderner Analysemethoden liefert belastbare Ergebnisse. Damit schaffen die Forschenden eine wichtige Grundlage für den sicheren und nachhaltigen Einsatz von Nanomaterialien.

Ihre Oberflächen bestimmen maßgeblich, wie Nanomaterialien funktionieren, wie sie mit ihrer Umgebung interagieren und wie sicher sie sind. Diese Strukturen sind oft komplex, reagieren empfindlich auf Umgebungsbedingungen und lassen sich oft nur schwer unter praxisrelevanten Bedingungen erfassen. Einzelne Messmethoden liefern häufig unvollständige oder methodenspezifische Ergebnisse – etwa, wenn sie Oberflächenbeschichtungen nicht eindeutig von anderen Stoffen unterscheiden können.

Um diese Herausforderung zu adressieren, analysierte die BAM in zwei Studien unterschiedliche Nanopartikel-Typen, die in den Lebenswissenschaften und in Verbraucherprodukten eingesetzt werden. Dabei wurden herkömmliche und neu entwickelte Messverfahren sowie Methodenkombinationen miteinander systematisch verglichen.

Genauere Analyse Citrat-beschichteter Eisenoxid-Nanopartikeln

In der ersten Studie standen magnetische Eisenoxid-Nanopartikeln mit Citrat als Oberflächenligand im Fokus. Dieses Molekül bindet an die Partikeloberfläche und beeinflusst deren Stabilität sowie ihre Wechselwirkungen. Citrat sorgt dafür, dass die Partikel in Wasser stabil bleiben – eine wichtige Voraussetzung für Anwendungen in den Lebenswissenschaften, der Medizin, Umwelttechnik, Sensorik oder Materialforschung.

Die Forschenden stellten fest, dass herkömmliche Verfahren wie die Thermogravimetrie oft ungenaue Werte liefern, weil sie Citrat nicht zuverlässig von anderen Stoffen unterscheiden können. Erst die Kombination moderner Analysemethoden insbesondere der Hochleistungsflüssigkeitschromatografie und der quantitativen Kernspinresonanzspektroskopie (qNMR) ermöglichte eine deutlich präzisere Bestimmung der Oberflächenbeschichtung. Für die Anwendung der qNMR auf magnetische Nanomaterialien musste zuvor eine spezielle Probenpräparation entwickelt werden, die störende Eisenverbindungen zuverlässig entfernt.

Die Ergebnisse stammen aus den europäischen Metrologie-Projekten MetrINo und SMURFnano. Sie bilden eine wichtige Grundlage für zukünftige Messstandards und Applikationen der hochselektiven qNMR auf herausfordernde Proben wie magnetische Nanomaterialien.

Neue Ansätze zur Bestimmung funktionaler Gruppen auf Silika-Nanopartikeln

In einer zweiten Studie im Rahmen von SMURFnano untersuchte das Team Methoden zur Charakterisierung und Quantifizierung von Funktionsgruppen, Liganden und Beschichtungen auf Nanomaterialien. Das Projekt wird durch das europäische Metrologieprogramm gefördert. Im Fokus standen Silika-Nanopartikel, deren Oberflächen mit sogenannten Aminogruppen versehen sind. Diese Gruppen fungieren als kleine „Andockstellen“. Sie ermöglichen es, die Partikel gezielt mit anderen Substanzen zu verbinden oder zu modifizieren – etwa mit Farbstoffen, spezifischen Erkennungsstrukturen oder Biomolekülen. Solche funktionellen Gruppen sind entscheidend für die Stabilität, Verträglichkeit und Funktion der Partikel. Bisher fehlten jedoch verlässliche Methoden, um ihre genaue Anzahl und chemische Beschaffenheit zu bestimmen.

Die Forschenden zeigten, dass nur der gezielte Methodenmix – wie etwa optische Verfahren, elektrochemische Techniken, qNMR und Röntgen-Photoelektronenspektroskopie – ein vollständiges und verlässliches Bild der Partikeloberfläche liefert. Diese Erkenntnis ist zentral für die Qualitätskontrolle, die Entwicklung neuer Materialien und die Bewertung ihrer Sicherheit.

Grundlage für künftige Standards

„Unsere Studien zeigen, wie wichtig es ist, verschiedene Messmethoden zu kombinieren, um die tatsächliche Funktionalität und Sicherheit von Nanomaterialien zu bewerten“, erklärt Ute Resch-Genger, Leiterin der Projekte an der BAM und Koordinatorin von SMURFnano. „Gemeinsam mit den entwickelten und validierten Messverfahren und Referenzdaten ist dies ein entscheidender Schritt für die Entwicklung nachhaltiger und leistungsfähiger Nanomaterialien und ihren sicheren Einsatz.“

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