So senkt Smart Meter Stromkosten und stabilisiert Netze Smart Meter und flexible Tarife: Was Deutschland von Finnland lernen kann

Finnland setzt seit Jahren flächendeckend auf Smart Meter und dynamische Tarife – ein Modell für günstigen, sauberen und stabilen Strom.

Bild: Fingrid Oyj
10.09.2025

Seit dem 1. Januar 2025 sind große deutsche Versorger dazu verpflichtet, dynamische Stromtarife anzubieten. Diese sind jedoch ohne Smart Meter kaum nutzbar. In Finnland ist diese Technik bereits Standard: 99 Prozent der Haushalte profitieren von flexiblen Tarifen und sauberem Strom. Wie das finnische Vorbild für bezahlbare Energie Chancen und Hürden für deutsche Verbraucher bietet.

Strompreise, die sich stündlich an der Börse orientieren. Seit dem 1. Januar sind große deutsche Energieversorger dazu verpflichtet, dynamische Tarife anzubieten. Wer seinen Stromverbrauch an die Preisschwankungen anpasst, spart nicht nur langfristig Kosten, sondern trägt auch zur Reduzierung von Emissionen bei. Voraussetzung sind intelligente Zähler, die den Verbrauch in Echtzeit messen und übermitteln. Eine Technologie, die in Deutschland bisher kaum verbreitet ist, in Finnland hingegen längst flächendeckend installiert wurde. Seit mehr als einem Jahrzehnt zeigt das Land, wie dynamische Tarife und digitale Technologien kostengünstigen und sauberen Strom ermöglichen. Der finnische Strom ist zu 95 Prozent CO2-neutral und das Netz ist stabil.

„Dynamische Stromtarife tragen zur Stabilisierung des Energienetzes bei, denn sie bringen Angebot und Nachfrage in Einklang. Strom ist am günstigsten, wenn die Verfügbarkeit hoch ist. Wenn Haushalte ihren Verbrauch in diese Phasen verlagern, können erneuerbare Energien effizient genutzt werden und die Abhängigkeit von fossilen Reserven sinkt“, sagt Jussi Åkerberg, Leiter des Programms „Flexible Energy Systems“ bei Business Finland. Finnische Verbraucher können zwischen verschiedenen Stromverträgen wählen, darunter Festpreis-, Ökostrom- oder börsenpreisgebundene Modelle.

Smart Meter: In Deutschland noch nicht verbreitet

Seit dem 1. Januar 2025 sind deutsche Energieversorger mit mehr als 100.000 Kunden dazu verpflichtet, dynamische Stromtarife anzubieten, sofern die Haushalte mit intelligenten Zählern ausgestattet sind. Laut Bundesnetzagentur waren das Ende 2024 jedoch nur zwei Prozent der deutschen Haushalte. Der Einbau von Smart Metern ist verpflichtend ab einem jährlichen Stromverbrauch von 6.000 kWh.

Seit diesem Jahr können auch Haushalte mit geringerem Verbrauch den Einbau beim Messstellenbetreiber beantragen, was jedoch der Mehrheit der Deutschen laut einer Forsa-Umfrage nicht bewusst ist. Zwar befürworten grundsätzlich mehr als die Hälfte der befragten Haushalte den Einbau, allerdings unter der Annahme, dass die jährlichen Betriebskosten bei 20 Euro liegen. Die Preisobergrenze für Haushalte mit einem jährlichen Verbrauch von 6.000 bis 10.000 kWh wurde inzwischen jedoch auf 40 Euro angehoben und die Grenze für die einmaligen Kosten des freiwilligen Einbaus stieg von 30 auf 100 Euro.

Bezahlbarer und sauberer Strom dank intelligenter Systeme

In Finnland sind intelligente Messsysteme hingegen bereits etabliert. Das nordische Land erreichte das EU-Ziel aus dem Jahr 2009, bis 2020 80 Prozent der Haushalte mit Smart Metern auszustatten, bereits 2013 und inzwischen sind rund 99 Prozent der finnischen Haushalte mit der Technologie ausgestattet.

Entsprechend gängig sind in Finnland dynamische Stromtarife. Obwohl diese erst ab 200.000 Kunden verpflichtend sind, bieten alle der rund 50 Energieversorger börsenorientierte Preise an. „Insbesondere seit der Energiekrise, die 2022 aufgrund des Krieges in der Ukraine entfachte, ist die finnische Bevölkerung preissensibel, was die Stromkosten angeht“, sagt Åkerberg. Dies gehe auch mit einem an die Preisschwankungen angepassten Verbrauchsverhalten einher. In Finnland bleiben die Stromkosten trotz eines vergleichsweise hohen Verbrauchs gering: Während der Kilowattstundenpreis in Deutschland 2024 bei 40 Cent lag, zahlten finnische Verbraucher nur etwa 25 Cent. Gleichzeitig ist der finnische Strom sauber: 2024 stammten 56 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen und 95 Prozent waren CO2-neutral.

Finnlands stabiles Stromnetz basiert auf Smart-Grid-Technologien

Durch die Anpassung des Verbrauchs an die Verfügbarkeit erhöht sich der Anteil sauberen Stroms im Energiemix. Werden energieintensive Aktivitäten wie das Laden von Elektrofahrzeugen oder das Nutzen von Waschmaschinen in Zeiten hoher Stromverfügbarkeit, etwa bei starkem Wind oder Sonnenschein, durchgeführt, sinkt der Bedarf an fossilen Reservekraftwerken. Das finnische Stromnetz ist präzise darauf ausgelegt. Bei der Netzwerkplanung und der räumlichen Verteilung variabler Stromerzeugung werden mögliche Engpässe berücksichtigt, sodass das System die vorhandene Netzkapazität bestmöglich nutzt. Auch zukünftige Bedarfe werden dabei eingeplant. Smart-Grid-Technologien ermöglichen eine flexible und bedarfsorientierte Steuerung des Stromflusses in Echtzeit. „Ziel dahinter ist es, die Energieversorgung sicherzustellen und gleichzeitig Kosten sowie CO2-Emissionen zu senken – und die Erzeugung erneuerbarer Energien zu steigern“, sagt Åkerberg.

Das finnische Stromnetz ist stabil und auf einen hohen Verbrauch sowie entsprechende Erzeugungskapazitäten ausgelegt. Regionale Netzbetreiber investieren gezielt in Automatisierung, Fehlererkennung und Laststeuerung. Der nationale Netzbetreiber Fingrid betreibt zudem das zentrale Informationsaustauschsystem Datahub, das die Daten von 3,8 Millionen Energieverbrauchspunkten bündelt. Rund 80 Stromversorger und ebenso viele Verteilnetzbetreiber nutzen das System, um Informationen zu Stromabnahmestellen, -verbrauch und -verträgen sicher und in Echtzeit auszutauschen. So verbessert sich der Kundenservice der Stromanbieter für die Endverbraucher, da alle beteiligten Dienstleister auf dieselbe Plattform zurückgreifen. Das System erleichtert zudem die Konsolidierung mehrerer Abrechnungsstellen unter einem einzigen Stromvertrag.

Die finnische Energiebehörde Energiavirasto fördert den gezielten Ausbau intelligenter Stromnetze. Netzbetreiber unterliegen Berichtspflichten und müssen offene Netzdaten bereitstellen, um Transparenz und Innovation zu fördern. Dies geschieht im Einklang mit der EU-Richtlinie 2019/944, die die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, den Ausbau von Smart Grids voranzutreiben. „In Finnland hat es sich etabliert, den Stromverbrauch an den Börsenpreisen zu orientieren und in Zeiten hoher Verfügbarkeit zu verlagern. Reduzierte Kosten für die Endverbraucher gehen so mit gesenkten Emissionen Hand in Hand“, sagt Åkerberg.

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  • Stabil und auf einen hohen Verbrauch ausgelegt: Finnische Netzbetreiber investieren in Automatisierung, Fehlererkennung und Laststeuerung.

    Stabil und auf einen hohen Verbrauch ausgelegt: Finnische Netzbetreiber investieren in Automatisierung, Fehlererkennung und Laststeuerung.

    Bild: Fingrid Oyj

  • Windräder vor der finnischen Küste im Meer: 56 Prozent des finnischen Stroms stammten 2024 aus erneuerbaren Quellen, 95 Prozent waren CO2-neutral.

    Windräder vor der finnischen Küste im Meer: 56 Prozent des finnischen Stroms stammten 2024 aus erneuerbaren Quellen, 95 Prozent waren CO2-neutral.

    Bild: Fingrid Oy

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