Durchbruch der Materialklasse? Schnelltest für topologische 2D-Materialien

Schnelltest für topologische 2D-Materialien

Bild: Christoph Mäder/Jörg Bandmann, pixelwg
22.05.2024

Topologische Quantenmaterialien gelten als Hoffnungsträger für die Hightech der Zukunft. Der Nachweis ihrer außergewöhnlichen Eigenschaften war bisher jedoch sehr aufwendig. Jetzt haben Forschende des Exzellenzclusters ct.qmat eine experimentelle Methode entwickelt, mit der sich zweidimensionale topologische Materialien im Schnelltest systematisch nachweisen lassen. Das könnte der boomenden Materialklasse zum Durchbruch verhelfen.

Im Jahr 2007 gelang Prof. Laurens W. Molenkamp, Gründungsmitglied des Würzburg-Dresdner Exzellenzclusters ct.qmat – Complexity and Topology in Quantum Matter, der erste experimentelle Nachweis von topologischen Isolatoren, einer neuen Materialklasse. Das Besondere: Im Inneren sind sie isolierend, doch auf ihrer Materialoberfläche leiten sie Elektronen ganz ohne Widerstand.

Seither boomt die weltweite Erforschung dieser Werkstoffe, denn sie gelten als Schrittmacher einer Materialrevolution und bietet neue Perspektiven für Quantentechnologien. Sie könnten zum Beispiel für ‚kalte Chips‘ sorgen: leistungsfähig, energiesparsam und ohne Abwärme.

„Bis heute ist der experimentelle Nachweis topologischer Isolatoren das Ergebnis hochkomplexer Forschung. Schon für die Herstellung einer Materialprobe sind ein großes Team und viel Zeit nötig. Trotzdem ist es nie sicher, ob der Nachweis klappt“, erklärt der Würzburger Clustersprecher Prof. Ralph Claessen.

Schnelltest für die Materialrevolution

Jetzt hat ein Würzburger Forschungsteam von ct.qmat eine systematische Methode entwickelt, mit der sich zweidimensionale topologische Quantenmaterialien in Rekordzeit und mit viel einfacheren Messtechnologien nachweisen lassen.

„Neben einer vielversprechenden Materialprobe braucht man dazu eigentlich nur spezielle Röntgenstrahlen“, sagt der Projektleiter von der Universität Würzburg, Dr. Simon Moser. „Die speziellen Lichtteilchen müssen hochfrequent und zirkular polarisiert sein, also ein Drehmoment besitzen – das bekommt man mit jeder Synchrotron-Lichtquelle hin. Unsere Proben wurden zum Beispiel im Forschungszentrum Elettra Sincrotrone in Triest (Italien) und bei der Diamond Light Source, dem britischen nationalen Synchrotron-Labor auf dem Harwell Science and Innovation Campus in Oxfordshire, bestrahlt.“

Was so einfach klingt, ist ein methodischer Meilenstein für die Erforschung topologischer Quantenmaterialien: „Hat man an einem Synchrotron ein Zeitfenster bekommen, dann kann man nun schon nach etwa einer Woche sagen, ob das Material ein topologischer Isolator ist oder nicht. Mit der klassischen Methode dauert das mindestens eine Doktorarbeit lang“, so Moser.

Den Dreh raushaben

Im Kern basiert die neue Schnelltest-Methode auf dichroitischer Photoemission. Dabei wird eine Materialprobe in mehreren Durchgängen mit hochfrequentem, aber unterschiedlich polarisiertem Licht bestrahlt. So werden zunächst nur die Elektronen aus dem Material gelöst, die sich zum Beispiel im Uhrzeigersinn drehen. Anschließend dann nur die Elektronen, die sich gegen den Uhrzeigersinn drehen.

Den unterschiedlichen Drehsinn von Elektronen mithilfe dichroitischer Photoemission nachzuweisen und so ihrer Topologie auf die Spur zu kommen – diese Idee ist nicht neu. 2023 konnte ein anderes Würzburger ct.qmat-Team mit dieser Methode die Topologie eines Kagome-Metalls erstmals analysieren. „Die Kollegen haben die zirkulare Photoemission genutzt, um das Kagome-Metall zu erforschen. Wir haben uns auf die Methodik konzentriert und eine Art Kochrezept erarbeitet, mit dem der Nachweis nun immer und nicht nur zufällig klappt“, erklärt Moser den neuen Ansatz seines Teams. „Unser Schnelltest macht die Topologie der Elektronen ganz systematisch sichtbar.“

Ausblick

Da die Forschenden seit vielen Jahren das zweidimensionale Quantenmaterial Indenen erfolgreich untersuchen, haben sie dieses Material auch für die Entwicklung der Schnelltest-Methode genutzt. Aber schon jetzt wenden sie das Prinzip auch auf andere Materialien an. Gerade wurde die Bestrahlung einer Bismuthen-Probe abgeschlossen. Die Daten werden in Kürze ausgewertet.

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