Neuromorphes Rechnen

Vom Gehirn inspiriert: Neuer Supercomputer beschleunigt KI-Forschung

Der neue Supercomputer soll an der Universität Leipzig unter anderem für die KI-gestützte Wirkstoffsuche eingesetzt werden.

Bild: iStock, imaginima
29.10.2025

Künftig nutzen Forschende der Universität Leipzig einen neuartigen, vom menschlichen Gehirn inspirierten Supercomputer. Die im Oktober in Betrieb genommene Anlage wurde mit rund vier Millionen Euro gefördert und verbindet hohe Rechenleistung mit geringem Energieverbrauch. Damit eröffnen sich neue Perspektiven, beispielsweise für die personalisierte Medizin.

Das menschliche Gehirn – ein Netz von unendlich vielen Nervenzellen ist der leistungsfähigste natürliche Computer der Welt. Dieser Funktionsweise nachempfunden ist auch das neue KI-Chip-gesteuerte System an der Universität Leipzig. In den Räumen des Rechenzentrums auf dem Campus Augustusplatz blinken die vielen kleinen blauen Lichter des Servers – sie stehen für ganz neue Möglichkeiten in der wissenschaftlichen Arbeit von Forscherinnen und Forschern aus unterschiedlichen Fachbereichen.

Der neue Supercomputer soll an der Universität Leipzig unter anderem für die KI-gestützte Wirkstoffsuche eingesetzt werden. „Technische Systeme, die wie natürliche Nervennetze funktionieren sind ideal, um komplexe Probleme zu lösen, wie sie bei der Entdeckung neuer Wirkstoffe auftreten. Diese neue KI-gestützte Technologie wird uns helfen, Proteinstrukturen vorherzusagen und ganz neue Wirkstoffkandidaten für die Arzneimittelforschung zu identifizieren. Dabei hoffen wir in der Zukunft Beschleunigungen um den Faktor 10.000 zu erreichen, wenn unsere Algorithmen für die neue Hardware angepasst sind. Das ist ein wichtiger Schritt für die personalisierte Medizin, bei der kurze Entwicklungszyklen und patientenspezifische Anpassbarkeit eine entscheidende Rolle spielen“, sagt Humboldt-Professor Jens Meiler. Der Leiter des Instituts für Wirkstoffentwicklung der Medizinischen Fakultät hat die Mittel für die neue Forschungsinfrastruktur von rund vier Millionen Euro beim Freistaat Sachsen eingeworben.

Wie neuromorphe Chips die Forschung verändern

Das neue System stärkt die wissenschaftliche Infrastruktur am Standort Leipzig nachhaltig. Es bildet die Basis für Anwendungen, die über klassische Hochleistungsrechnungen hinausgehen, darunter Echtzeit-KI, adaptive Systeme und neuromorphe Signalverarbeitung. Dabei benötigt die technische Plattform etwa 18 mal weniger Strom als normale Hochleistungs-Computer. Sie wird perspektivisch in das entstehende KI-Rechenzentrum der Universität Leipzig integriert.

„Diese Technologie ist ein Beispiel dafür, wie die Entwicklung personalisierter Medikamente massiv beschleunigt und gleichzeitig Europas technologische Souveränität im Bereich KI und Supercomputing gestärkt werden kann“, sagt Prof. Dr. Christian Mayr, der das Chip-Start-up Spinncloud als Professor der TU Dresden ausgegründet hat und diesen innovativen Supercomputer seit Anfang 2025 auch an seiner Hochschule nutzt.

Europas Antwort auf den KI-Hunger

In der Startphase werden Forschungsgruppen der Universität Leipzig aus den Bereichen Medizin, darunter auch dem neuen Exzellenzcluster LeiCeM, der Informatik und Physik das neue System nutzen sowie auch das Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften. Konkret wird zum Beispiel nach Wirkstoffen für einen Rezeptor gesucht, der bei metabolischen Erkrankungen eine große Rolle spielt, die in LeiCeM untersucht werden. Bearbeitet werden unter anderem Forschungsfelder wie die Entwicklung von Algorithmen für Umwelt- und Klimamodelle, Wissensgraphen und KI-gestützte Entscheidungshilfe in der Krebsforschung und die Optimierung drahtloser Kommunikationstechnologien für biomedizinische Anwendungen.

Der neue Supercomputer ist Teil des KI-Kompetenzzentrums ScaDS.AI Dresden/Leipzig, das durch den Ausbau und die Bündelung regionaler Big-Data-Kompetenzen die Lücke zwischen der effizienten Nutzung von Massendaten, Wissensmanagement und sehr fortgeschrittener KI schließt. Die Realisierung des Projekts an der Universität Leipzig wurde durch die finanzielle Unterstützung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Freistaats Sachsen ermöglicht.

Bildergalerie

  • In den Räumen des Rechenzentrums der Universität Leipzig auf dem Campus Augustusplatz steht der neue Supercomputer.

    In den Räumen des Rechenzentrums der Universität Leipzig auf dem Campus Augustusplatz steht der neue Supercomputer.

    Bild: Universität Leipzig / Christian Hüller

  • Prof. Dr. Jens Meiler (rechts) und Prof. Dr. Christian Mayr begutachten das neue KI-Chip-gesteuerte System an der Universität Leipzig.

    Prof. Dr. Jens Meiler (rechts) und Prof. Dr. Christian Mayr begutachten das neue KI-Chip-gesteuerte System an der Universität Leipzig.

    Bild: Universität Leipzig / Christian Hüller

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