Dr. Mathias Aschenbrenner, Flottweg Lebensmittel-Nebenströme – schlummerndes Potenzial?

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Seit 2019 ist Dr. Mathias Aschenbrenner im Vertrieb bei Flottweg als Global Head Plant Protein Solutions tätig. Zuvor war er von 2013 bis 2019 als Projektmanager Technik bei Sandoz/Novartis beschäftigt. Seine akademische Laufbahn begann mit dem Studium der Lebensmittelverfahrenstechnik an der TU München Weihenstephan von 2002 bis 2008, gefolgt von einer Promotion am Lehrstuhl für Lebensmittelverfahrenstechnik an derselben Universität bei Prof. Kulozik, die er 2012 abschloss.

Bild: Flottweg
27.10.2025

Immer mehr Menschen greifen zu proteinangereicherten Lebensmitteln, und die Nachfrage nach hochwertigem, kostengünstigem Protein steigt. Als bisher unzureichend genutzte Quelle dafür bieten sich die Nebenströme der Lebensmittelindustrie an. Ihre effiziente Verwertung ist der Schlüssel zu einer zukunftsorientierten Lebensmittelproduktion. Dabei bietet die zentrifugale Trenntechnik vielversprechende Möglichkeiten, um wertvolle Proteine nachhaltig und wirtschaftlich zu gewinnen.

Das Problem ist bekannt: Noch immer sind viele Produktionsprozesse innerhalb der Lebensmittelindustrie linear aufgebaut. Wertschöpfungsketten reihen sich aneinander, ohne die dabei entstehenden Nebenprodukte vollständig zu nutzen. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung – und mit ihr der Bedarf an Protein. Dieser lässt sich künftig kaum noch allein über tierische Quellen decken. Eine Alternative zum tierischen Protein bieten die Nebenströme etablierter Lebensmittelprozesse, denn dort sind hochwertige pflanzliche Proteine bereits vorhanden.

Bei der Herstellung zahlreicher pflanzenbasierter Produkte wie Sojaöl (Nebenprodukt Sojamehl), Weizenmehl (Nebenprodukt Weizenkleie), Reis (Nebenprodukt Reiskleie),oder Bier (Nebenprodukte Biertreber und Bierhefe) fallen weltweit große Mengen an proteinhaltigen Rückständen an. Mithilfe der richtigen technischen Verfahren lassen sie sich in wirtschaftlich nutzbare Proteinkonzentrate oder -isolate überführen.

Ein zentrales Verfahren dabei ist die Nassfraktionierung mittels Dekanterzentrifugen. In einem ersten Schritt wird das Protein durch Extraktion in einem alkalischen Medium aus dem Rohstoff gelöst. Anschließend trennt eine Zentrifuge die flüssigen von den festen Bestandteilen. Das gelöste Protein wird durch Änderung des pH-Werts ausgefällt und wiederum zentrifugal abgetrennt. In einem letzten Schritt wird das abgetrennte Protein noch gewaschen, um Reinheit und sensorische Eigenschaften zu verbessern. Auf diese Weise lassen sich Proteingehalte von über 90 Prozent erreichen (Beispiel Sojaprotein). Bei anderen Rohstoffen wie Weizenkleie oder Biertreber sind die Proteingehalte und Ausbeuten niedriger. Durch hohe Mengen und einfache Verfügbarkeit besteht dennoch ein wirtschaftliches Potenzial.

Jeder Nebenstrom bringt dabei eigene Herausforderungen mit sich. Beispielsweise kann thermische Belastung aus vorgelagerten Prozessen die Proteinqualität und Ausbeute mindern. Auch Verunreinigungen oder natürliche Inhaltsstoffe können die Trennung erschweren oder einen negativen Einfluss auf die sensorischen Eigenschaften der resultierenden Proteinprodukte haben.

Gerade weil es in der Lebens- und Futtermittelindustrie an Erfahrung mit diesen neuen Proteinprodukten fehlt, braucht es in der Praxis konkrete Versuche und Produktmuster. Diese Produktmuster helfen dabei, spezifische Anwendungen zu identifizieren und Endprodukte zu entwickeln. Alles in allem, eine sehr komplexe Herausforderung.

Die Erfahrung zeigt, für eine erfolgreiche Gewinnung eines zusätzlichen Proteinproduktes bedarf es des gebündelten Knowhows von Technologieanbieter, Rohstoffproduzent und Lebensmittelhersteller. Nur durch gemeinsame Optimierung der Wertschöpfungskette können neuartige und hochwertige Proteinprodukte effizient realisiert werden – sei es in Futtermitteln oder in der Lebensmittelproduktion.

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