Relais Klassiker mit Zukunftsaussichten

In Ladesäulen verbaute Relais müssen hohe Kurzschlussstromfestigkeiten aufweisen.

Bild: Zettler
27.10.2017

Auch im digitalen Zeitalter ist das Relais nicht wegzudenken. Sei es in der Solarbranche, der Energietechnik oder Elektromobilität, überall finden elektromechanische Relais ihren Einsatz. Neue Normen und Standards stellen Hersteller vor zusätzlichen Herausforderungen.

Am Grundprinzip elektromechanischer Relais hat sich seit rund 140 Jahren nichts verändert. Der Trend zur Miniaturisierung hat die Relais im Laufe der Jahre immer kompakter und effektiver gemacht. Bei den sogenannten Netzrelais ist inzwischen ein Grad der Miniaturisierung erreicht, der kaum noch eine weitere Verkleinerung zulässt. Bedingt durch normative Anforderungen an Luft- und Kriechstrecken, die es einzuhalten gilt, kann hier kaum noch kompakter gebaut werden.

Nichtsdestotrotz werden auch im 21. Jahrhundert weiterhin klassische Relais in vielen Applikationen eingesetzt, und können nicht durch elektronische Lösungen ersetzt werden. Gründe dafür sind unter anderem normative Forderungen in Bereichen, in denen zwingend eine galvanische Trennung des Lastkreises gefordert wird. Zudem sind weitere Vorteile in Bezug auf das Verkraften von starken Stromspitzen gegeben sowie ein niedriger Kontaktübergangswiderstand, der sich bei steigender Last noch verringert. Dadurch wird auch ein besseres thermisches Verhalten des Bauteils gewährleistet – und das ohne zusätzliche Kühlung wie bei einem Halbleiterrelais.

Für den Markt an elektromechanischen Relais erwarten die Analysten des englischen Beratungshauses IndexBox allein in Europa eine Vergrößerung von 3,7 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf bis zu 4,2 Milliarden Euro im Jahr 2020. Elektromechanische Relais müssen neuen Anforderungen in vielen Bereichen gerecht werden, damit diese Verkaufszahlen tatsächlich auch erreicht werden können.

Relais für hohe Einschaltströme bei Pumpen

Wie stark neue Normen und Standards die Anforderungen an Relais nach oben schrauben und die Weiterentwicklung von Standardrelais vorantreiben können, zeigt ein Beispiel aus der Energie- und Klimatechnik. Relais kommen hier in zahlreichen Anwendungen zum Einsatz, so auch in Heizungssystemen, in denen Relais zum Schalten der Umwälzpumpe genutzt werden.

Im Zuge der Ökodesign-Richtlinie (2009/125/EG) der Europäischen Union stellt der Gesetzgeber bei Nassläufer-Umwälzpumpen höhere Anforderungen in Bezug auf die Leistungsaufnahme. Das wird seit dem 25. November 2011 durch das Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG) in deutsches Recht umgesetzt. Infolgedessen müsse seit August 2015 alle neu verbauten Umwälzpumpen laut EU-Verordnung Nr. 641/20093 einen EEI (Energieeffizienz-Index) von 0,23 oder weniger aufweisen. Dieser Index errechnet sich nach einer definierten Methodik, die in der EU-Verordnung Nr. 622/20124 festgelegt wurde, und bei der die Leistungsaufnahme bei verschiedenen standardisierten Lastprofilen gemessen wird. Ab dem 1. Januar 2020 müssen dann alle in den Verkehr gebrachten Pumpen diese Richtlinie erfüllen. Auch solche, die als Ersatzteil in bestehenden Systemen verbaut werden, wie zum Beispiel bei einem Reparaturfall.

Aufgrund dieser Richtlinie werden mittlerweile fast ausschließlich drehzahlgeregelte Umwälzpumpen hergestellt, die eine wesentlich niedrigere Stromaufnahme im Betrieb aufweisen. Bedingt durch den Schaltungsaufbau verursachen sie jedoch auffallend hohe Einschaltströme. Diese können bei Fabrikaten diverser Hersteller bis zu 50 A betragen. Das erfordert auch den Einsatz von neuen Relais, die dieser Anforderung gerecht werden.

Relais für diese Art von Anwendungen müssen mit Bedacht ausgewählt werden, um die erforderliche Lebensdauer und den reibungslosen Betrieb der Heizungspumpe zu gewährleisten. Relais, die in bisherigen Heizungssystemen zum Schalten der Umwälzpumpe verwendet wurden, können unter Umständen nicht mehr eingesetzt werden. Stattdessen sind Relais erforderlich, die speziell für hohe Einschaltströme ausgelegt sind, um beim Prellen der Kontakte im Einschaltmoment ein Verschweißen zu verhindern. Das wird zum Beispiel beim AZ764-1AT von Zettler durch den Einsatz eines geeigneten Kontaktmaterials sowie durch eine spezielle Justierung des Relais realisiert.

Herausforderung bei Ladestationen

Im Bereich der erneuerbaren Energien sind elektromechanische Relais ebenfalls nicht wegzudenken. Hier kommen Leistungsrelais zum Beispiel in Ladestationen für Elektrofahrzeuge und bei elektrischen Antriebssystemen zum Einsatz. Insbesondere beim Laden von Fahrzeugen über Kabel sind besondere Anforderungen zu berücksichtigen, um die Sicherheit des Anwenders aufgrund der Spannungen, die beidseitig am Kabel auftreten können, zu garantieren.

Bei den in der Norm EN 61851 vier standardisierten Ladebetriebsarten, ist insbesondere das Laden in der Ladebetriebsart 2 für Schaltrelais eine Herausforderung. Die in das Ladekabel integrierte Elektronik IC-CPD (In-Cable Control- and Protecting Device) übernimmt hier die Sicherheits- und Kommunikationsfunktionen beim Anschluss an das Stromnetz. Die darin verbauten Relais müssen zum Beispiel eine hohe Kurzschlussstromfestigkeit von bis zu 1,5 kA aufweisen. Bei dieser Strombelastung treten elektrodynamische Kräfte (Lorentzkraft) auf, die der Kontaktkraft des Relais entgegenwirken. Durch die sinkende Kontaktkraft und das teilweise Öffnen der Kontakte steigt im Extremfall die Temperatur so stark an, dass die Kontakte verschweißen.

Die Norm IEC 62752:2016 fordert hier ein erhöhtes Maß an Sicherheit und schreibt eine Kurzschlussstromfestigkeit von
1,5 kA vor. Das lässt sich auf zwei Arten erfüllen: Um eine hohe Zuverlässigkeit des Relais sicherzustellen und das Verschweißen der Kontakte zu verhindern, entwickelte Zettler eine speziell gebogene Kontaktfeder. Dank dieser patentierten Konstruktion wird die Kontaktkraft mit zunehmendem Strom verstärkt, anstatt ihr entgegenzuwirken. Das AZSR140 Relais erlaubt so Schaltströme von 40 A und erfüllt die geforderte Kurzschlussstromfestigkeit von 1,5 kA bei einer Halteleistung von 200 mW.

Eine weitere Möglichkeit, die IEC 62752:2016 zu erfüllen, ist ein in das Relais integrierter Rückmeldekontakt. Dadurch wird sofort signalisiert, wenn ein Kurzschluss auftritt oder im Fehlerfall ein Verschweißen der Kontakte stattfindet. Das Laden wird automatisch und umgehend unterbrochen. Relais, die über diese Art von Monitoring verfügen, entsprechen hohen Sicherheitsrichtlinien und ermöglichen einen hohen Grad an Schutz, um in sicherheitskritischen Applikationen eingesetzt zu werden. Für Ladeeinrichtungen nach Mode 2 eignen sich zum Beispiel die Zettler Relais AZSR116/132/140, die über einen potentialfreien N.C. (1 Form B) Rückmeldekontakt verfügen.

Aufschwung durch neue Applikationen

Welche Normen und Standards auch in Zukunft auf die Relais-Hersteller zukommen, eines kann jedoch ganz klar konstatiert werden: Die Zukunftsaussichten für elektromechanische Relais sind durchweg positiv. Immer wieder wurde in den vergangenen Jahrzehnten der schleichende Tod der Relais prophezeit. Aus Sicht der Relais-Hersteller hat sich diese Voraussage jedoch nicht erfüllt. Ganz im Gegenteil haben neue Applikationen in neuen Märkten wieder Aufschwung gegeben. Zudem punkten die elektromechanischen Relais nach wie vor mit ihren unschlagbaren Vorteilen wie zum Beispiel der Robustheit. Darüber hinaus sind sie in vielen Fällen nach wie vor eine kostengünstige Alternative zu elektronischen Lösung. Die Zeichen stehen gut und auf Wachstum – und das langfristig. Ein Ende der Relais in der modernen Elektronikfertigung ist somit lange noch nicht absehbar.

Bildergalerie

  • Bild: Zettler

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel