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Alternative Antriebe im Schienenverkehr Erster elektrischer Personenzug seit den 60ern startet in Chemnitz

Der batteriebetriebene Alstom-Zug hat kürzlich seine Premierenfahrt angetreten. Im Dezember 2021 soll er dann in Baden-Württemberg und Bayern in Betrieb gehen.

Bild: Alstom
07.09.2021

Am 7. September 2021 ist ein Batterietriebzug von Alstom zu seiner Premierenfahrt aufgebrochen. Der Prototyp fährt über Flöha und Zschopau zurück nach Chemnitz und wechselt dabei seine Antriebsart von Oberleitungsbetrieb auf batterieelektrisch. Alstom will mit dem Projekt seine Technologieführerschaft bei alternativen Antrieben auf der Schiene unterstreichen.

Vergangenen Mittwoch ist in Chemnitz der neue Batterietriebzug von Alstom gestartet. Das Projekt hat seinen Ursprung in einer Forschungskooperation mit der TU Berlin, die Ende 2016 begonnen hat und die Entwicklung, Zulassung und den Einsatz des Zugs im Fahrgastbetrieb umfasst. Ebenfalls Teil des Vorhabens ist ein Nachweis der Gesamtwirtschaftlichkeit des Batteriebetriebs im Vollbahnbereich sowie die Erstellung von Handlungsempfehlungen für Politik, Betreiber und Aufgabenträger für den Einsatz von Batterietriebzügen auf nicht- oder nur teilweise elektrifizierten Strecken.

Kernstück des Technologieträgers ist ein Antriebssystem mit Traktionsbatterie, das in Mannheim entwickelt und getestet wurde. Dort betreibt Alstom ein spezialisiertes Batterie- und Hochspannungslabor.

„Alstom hat das klare Ziel, international führend bei alternativen Antriebstechnologien auf der Schiene zu werden“, sagt Müslüm Yakisan, Präsident von Alstom in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Dieses hochmoderne Antriebskonzept mit Batterien ist neben unserem Wasserstoffzug ein weiterer Meilenstein für die Markteinführung emissionsfreier Regionalzüge in Deutschland und weltweit.“

Dieselfahrzeuge mit Batteriezügen ersetzen

Der Batterietriebzug wurde in Kooperation mit verschiedenen Projektpartnern entwickelt. Dazu zählen die DB Regio, die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg, die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie sowie die TU Berlin. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert das Projekt mit rund vier Millionen Euro.

Die wissenschaftliche Begleitforschung der TU Berlin hat seit Projektstart das Fachgebiet „Bahnbetrieb und Infrastruktur“ gemeinsam mit dem Fachgebiet „Methoden der Produktentwicklung und Mechatronik“ inne. Die Untersuchungen ergaben unter anderem, dass ein großer Anteil der heute mit Dieselfahrzeugen betriebenen Linien nichtelektrifizierte Abschnitte von deutlich unter 100 km ausmacht.

Batterieelektrische Fahrzeuge lassen sich nach den Ergebnissen der Universität ohne größere Infrastrukturausbauten auf dieser bereits bestehenden Fahrleitungsinfrastruktur einsetzen. Hierzu führte die Hochschule auch umfangreiche Fahrdynamik- und Energiesimulationen durch.

Prof. Birgit Milius, Leiterin des Fachgebiets „Bahnbetrieb und Infrastruktur“, erläutert dazu: „Die Auswertungen haben deutlich gezeigt, dass im Schienenpersonennahverkehr batterieelektrische Fahrzeuge das Potenzial haben, Dieselfahrzeuge erfolgreich zu ersetzen. Unsere Betrachtungen hatten dabei immer das Gesamtsystem im Blick. Die Aspekte Fahrzeug, Betrieb und Infrastruktur wurden unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Einsatzbedingungen analysiert, um so belastbare Ergebnisse zu erhalten.“

Fahrgäste emissionsfrei befördern

Diese Erkenntnisse unterstreicht auch Dr. Harald Neuhaus, Geschäftsführer vom Verkehrsverbund Mittelsachsen: „Bereits im zweiten Halbjahr 2019 wurde durch die Verbandsversammlung des Zweckverbands Verkehrsverbund Mittelsachsen (ZVMS) der Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) mit der Umsetzung eines Fahrzeugkonzepts für den RE6 auf der Strecke Chemnitz – Leipzig beauftragt. Gute Erfahrungen mit Alstom konnten schon nach der Anschaffung von 29 Elektrotriebzügen des Typs Coradia Continental für das Elektronetz Mittelsachsen gesammelt werden.“

Anfang 2020 wurden dann über einen Nachtrag zum vorhandenen Liefervertrag Fahrzeuge mit modernem batterieelektrischen Antriebskonzept in Auftrag gegeben. Ab 2023 soll es dann Realität werden. Neuhaus: „Unsere Fahrgäste werden auf einer bisher nicht elektrifizierten Strecke bis zum Abschluss der Elektrifizierung komfortabel und emissionsfrei befördert. Wir sind stolz, gemeinsam mit allen Partnern einen Beitrag bei der Umsetzung innovativer Antriebskonzepte in Sachsen leisten zu können.“

Zug ist am 9. September zu sehen

Der Alstom-Zug soll ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2021 in Baden-Württemberg und Bayern zum Einsatz kommen. Er ist der erste für den regulären Fahrgastbetrieb zugelassene Batterietriebzug in Deutschland seit den 1960er-Jahren.

Einen kurzen Einsatz hat das Fahrzeug bereits am 9. September 2021 im Rahmen der Digital Rail Convention in Annaberg-Buchholz. Zu Gast werden hier unter anderem auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sowie Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sein.

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