KI in Diagnostik und Therapie Wie Patientinnen und Patienten den Einsatz von KI im Gesundheitswesen bewerten

Eine internationale Studie mit 14.000 Teilnehmenden zeigt, dass die Mehrheit den Einsatz von KI in der Medizin positiv bewertet, sofern die Ergebnisse nachvollziehbar sind und die Entscheidungshoheit bei Ärztinnen und Ärzten bleibt.

Bild: iStock, Moment Makers Group
09.09.2025

Eine internationale Befragung von rund 14.000 Patientinnen und Patienten im Rahmen der COMFORT-Studie zeigt, dass KI in der Medizin überwiegend positiv bewertet wird – besonders von Menschen mit hoher Technikaffinität. Schwer erkrankte Personen stehen dem Einsatz jedoch deutlich kritischer gegenüber. Die Befragten nannten Transparenz der Systeme und die klare Entscheidungsrolle der Ärztinnen und Ärzte als wichtigste Bedingungen.

Egal, ob KI als Diagnosewerkzeug, um individuelle Behandlungspläne zu erstellen oder für sonstige Anwendungen eingesetzt wird: Um Künstliche Intelligenz in der Medizin effektiv einzusetzen ist Akzeptanz durch Patientinnen und Patientinnen unverzichtbar. Das internationale Forschungsnetzwerk der COMFORT-Studie hat deswegen rund 14.000 Patientinnen und Patienten in 74 Kliniken in 43 Ländern befragt. Um eine breite Krankheitsvielfalt abzubilden, erfolgte die Rekrutierung in Radiologieabteilungen, die im Auftrag anderer Fachdisziplinen Röntgen-, CT- und MRT-Untersuchungen durchführen.

Eine Mehrheit von 57,6 Prozent sah den Einsatz von KI in der Medizin grundsätzlich positiv. Innerhalb der Kohorte zeigen sich jedoch Unterschiede. Männer wiesen mit 59,1 Prozent Zustimmung eine etwas positivere Haltung als Frauen mit 55,6 Prozent auf. Mit höherer Technikaffinität und höherem selbsteingeschätzten Verständnis von KI stiegt die Zustimmung deutlich. Unter den Befragten, die angaben, viel über KI zu wissen, beurteilten 83,3 Prozent deren Einsatz in der Medizin grundsätzlich positiv.

Negative Sicht auf KI bei schwerer Erkrankung

Je schwerer die eigene Erkrankung war, desto ablehnender war auch die Haltung zu KI. Mehr als die Hälfte Patientinnen und Patienten mit sehr schlechtem Gesundheitszustand sahen Medizin-KI „sehr negativ“ oder „eher negativ“ (26,6 Prozent beziehungsweise 29,2 Prozent). Unter den Befragten mit sehr gutem Gesundheitszustand lagen diese Werte dagegen bei 1,3 und 5,3 Prozent.

„Die exakten Gründe für die negativen Haltungen bei schwer Erkrankten lassen sich aus unserer Studie nicht ablesen“, sagt Dr. Felix Busch, Assistenzarzt am Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie der TUM und Erstautor der Studie. „Wir vermuten, dass hier Erfahrungen mit dem jeweiligen Gesundheitssystem, die Krankheitslast und psychologische Faktoren eine Rolle spielen.“

Nachvollziehbarkeit von Medizin-KI entscheidend

Unter den Befragten gab es klare Präferenzen in Bezug auf den Einsatz und die Gestaltung von KI-Anwendungen. Für 70,2 Prozent war es wichtig, dass Medizin-KI „erklärbar“ ist, das heißt, dass ihre Ergebnisse nachvollziehbar sind. 72,9 Prozent wünschten sich, dass die Technologien als Werkzeuge eingesetzt werden und die letztendliche Entscheidung bei Ärztinnen und Ärzte liegt. Diagnosen, die ausschließlich von KI getroffen werden, befürworteten nur 4,4 Prozent. Allerdings wollten zugleich nur 6,6 Prozent, dass Diagnosen vollständig ohne KI gestellt werden.

Die Fragen bezogen sich auf hypothetischen Szenarien, in dem Mensch und Maschine gleichermaßen präzise Diagnosen stellen. „Die Ergebnisse zeigen, dass Erklärbarkeit von Anfang an mitgedacht werden muss“, sagt Felix Busch.

Grundlage für weitere Studien

Eine methodische Einschränkung ist der Erhebungszeitpunkt im Jahr 2023. „Seitdem haben sich insbesondere Large Language Models stark weiterentwickelt. Die Einstellungen von Patientinnen und Patienten könnten sich verändert haben“, sagt Privatdozent Dr. Keno Bressem, gemeinsam mit Privatdozentin Dr. Lisa Adams Letztautor der Studie. „Um das zu prüfen und die Entwicklung von Medizin-KI am Bedarf der Patientinnen und Patienten auszurichten, sind Folgebefragungen erforderlich“, ergänzt Lisa Adams. Eine Folgestudie des COMFORT-Konsortiums auf Grundlage des gleichen Fragebogens läuft bereits.

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