Die Geschwindigkeit der heutigen Softwareentwicklung ist beispiellos: Unternehmen bringen Anwendungen immer schneller auf den Markt, um dem Wettbewerb standzuhalten und Entwicklungen voranzutreiben. Wesentlich geprägt wird dieser Trend von drei Entwicklungen. Zum einen übernehmen Entwicklerinnen und Entwickler im Rahmen des Full Application Ownership zunehmend Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus einer Anwendung – von der Entwicklung über das Testen bis hin zu Betrieb, Monitoring und Reaktion. Zum anderen gewinnen interne Plattformen im Sinne des Platform Engineering an Bedeutung, da sie es ermöglichen, Entwicklungs-, Test- und Release-Prozesse selbstständig und effizient durchzuführen. Ergänzend hat sich das Cloud Operating Model als Standard etabliert. Es bietet automatisierte Abläufe, verschafft Entwicklerteams mehr Autonomie und geht zugleich mit einer höheren Rechenschaftspflicht einher.
Das Spannungsfeld zwischen Geschwindigkeit und Vertrauen
Schnelle Release-Zyklen sind für den Markterfolg unverzichtbar, doch mangelndes Vertrauen in die ausgelieferte Software kann gravierende Folgen haben. Der Ansatz „Move fast and break things“ mag zwar Innovationsgeist fördern, geht jedoch mit erheblichen Risiken einher. Zwei Vorfälle aus dem Jahr 2024 verdeutlichen dies eindrücklich: Ein Fehler in der Testphase bei einem Cybersicherheit-Unternehmen führte zu Systemabstürzen auf 8,5 Millionen Windows-Geräten und verursachte Milliardenverluste sowie laufende Klagen. Zudem sorgten ungetestete Updates eines Audioherstellers für defekte Hardware, Datenverluste, einen massiven Wertverlust und schließlich den Rücktritt des CEO. Diese Beispiele machen deutlich, dass Vertrauen nicht allein eine technische, sondern eine geschäftskritische Größe ist, die CIOs, CISOs und CEOs ebenso betrifft wie Entwicklerteams.
Die Softwarefabrik: Rollen und Verantwortung
Moderne Softwareentwicklung lässt sich mit einer industriellen Fertigung vergleichen. Drei Rollen sind entscheidend:
Ownership (Factory Worker): Entwickler und Data Scientists, die Anwendungen bauen, testen und veröffentlichen – verantwortlich für Qualität und Sicherheit.
Control (Factory Manager): DevOps-, DevSecOps- oder MLOps-Teams, die Prozesse und Ressourcen steuern, um sichere und schnelle Releases zu ermöglichen.
Compliance (Regulator): IT- und Security-Verantwortliche, die sicherstellen, dass interne Richtlinien und externe Vorgaben eingehalten werden.
Fehlende Abstimmung, isolierte Teams und uneinheitliche Toollandschaften gefährden hier das Vertrauen. Eine durchgängige Koordination entlang der gesamten Pipeline ist notwendig, um Ausfälle und Rückrufe zu vermeiden.
Herausforderungen auf dem Weg zu verlässlicher Software
Ownership im großen Maßstab: In Organisationen mit hunderten oder tausenden Anwendungen ist die Zuordnung der Verantwortlichkeiten komplex. Manuelle Prozesse oder unverbundene Systeme sind fehleranfällig.
Proaktive und reaktive Kontrollen: Frühzeitige Fehlervermeidung (zum Beispiel Blockieren unsicherer Releases) muss mit laufender Überwachung im Betrieb kombiniert werden.
Nachweisbare Compliance: Vertrauensbildung erfordert belastbare Belege – sichtbar, artefaktgebunden, digital signiert und flexibel nutzbar, zum Beispiel über verkettete „Mini-SBOMs“.
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Zersplitterte Metadaten: Informationen in verschiedenen Systemen erschweren Sichtbarkeit und Zugriffskontrolle. Ein zentrales System of Record ist notwendig.
Geschwindigkeit und Vertrauen in Einklang bringen
Eine Balance zwischen Geschwindigkeit und Vertrauen lässt sich erreichen, wenn Unternehmen ihre „Softwarefabrik“ auf einer zentralen Plattform bündeln. Dazu gehören die automatisierte Verwaltung von Applikationsverantwortlichen, die Verbindung proaktiver und reaktiver Sicherheitsmaßnahmen, die einheitliche Sammlung und Verknüpfung von Compliance-Belegen sowie eine konsolidierte Metadaten-Basis, die einen lückenlosen Audit-Trail ermöglicht. Auf diese Weise können zentrale Fragen beantwortet werden, etwa welche Teams noch mit veralteten Komponenten arbeiten, wer eine Schwachstelle eingebracht hat, welche Vorgaben für den Betrieb einer Anwendung gelten oder ob ein Container für den externen Einsatz freigegeben ist.
Fazit
Die Zukunft moderner Softwareentwicklung liegt nicht im Entweder-oder zwischen Geschwindigkeit und Vertrauen. Erfolgreich sind jene, die beides verbinden – durch klare Verantwortlichkeiten, durchgängige Sicherheitsmaßnahmen und nachweisbare und nachhaltige Compliance. Nur so lassen sich schnelle Entwicklungen sicher und nachhaltig umsetzen.