Fachbeitrag Störeinflüsse im Griff

iba AG


Achtung, Hochspannung: Ein Ultrahochspannungsstromrichtertransformator, wie er in der derzeit leistungsfähigsten HGÜ-Anlage eingesetzt wird.

06.06.2013

Die dezentrale Energieerzeugung erfordert eine verlustfreie Stromübertragung mit hoher Leistung über große Entfernungen. Die Hochspannungsgleichstromübertragung kann das leisten, da die Übertragungsverluste sehr gering sind. Zur reibungslosen Energieübertragung überwachen digitale Störschreiber Stelleingriffe und Störeinflüsse.

Bisher standen die Kraftwerke der Energieversorger meist da, wo der Strom benötigt wurde. Für die Energiewende müssen aber immer größere Mengen Strom verlustarm über weite Strecken transportiert werden. Für Entfernungen über 600Kilometer ist die Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ) die ökonomischste Lösung - und die einzige für die Verbindung asynchroner Netze.

Für diese Technologie sind aber teure Umrichter und somit höhere Investitionen als für herkömmliche Wechselstrom-Hochspannungsleitungen nötig. Störfälle bei der Übertragung erzeugen zusätzlich hohe Kosten und können schwerwiegende Folgen haben. Für eine gleichmäßige und leistungsfähige Energieabdeckung müssen Unregelmäßigkeiten im Hochspannungsnetz schnell behoben werden.

Wichtig ist dabei, den Charakter vereinzelt auftretender Störungen zu analysieren, um die Gesamtleistung zu steigern. Unmittelbar nach Eingang der Störmeldung muss diese analysiert werden, damit Maßnahmen eingeleitet werden können. Zur Überwachung von Ausgleichvorgängen, die bei Stelleingriffen und Störeinflüssen sehr schnell auftreten, dienen digitale Störschreiber (TFR, Transient Fault Recorder). Ihnen kommt bei der Sicherstellung einer stabilen Energieversorgung eine Schlüsselfunktion zu.

Messdaten und Steuerungssignale in Echtzeit

Die Störschreiber von Iba zeichnen schnelle transiente Vorgänge zeitlich hochaufgelöst auf. Die Taktrate der Datenerfassung liegt bei 10 bis 40 kSamples/s. Die Messdaten lassen sich im Falle einer Störung innerhalb von Millisekunden in der Leittechnik auswerten. Zudem erfassen die Störschreiber zugleich analoge Werte, etwa von Strom- und Spannungswandlern, und digitale Werte, etwa aus der Leittechnik. Die Verarbeitung der Daten, die im Fehlerfall in Dateien aufgezeichnet werden, erfolgt hochaufgelöst und synchron. So lassen sich Störfälle erfassen, die den Standardwert um ein Vielfaches überschreiten.

Ein Regelungs- oder Schutzsystem erhält im Normalfall 1 Ampere von den Stromwandlern zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig müssen derartige Schutzsysteme bis zum 100-fachen Überlaststrom messen können. Iba hat für HGÜ-Anwendungen eine Baugruppe entwickelt, die 1 Ampere im Nennbetrieb und 100Ampere im Überlastbetrieb mit der vollen Auflösung von 16 bit erfasst. So können extreme Differenzen verfälschungsfrei aufgezeichnet werden.Zudem können die Störschreiber neben Messdaten auch Steuerungssignale für die regelungstechnische Führung einer HGÜ-Anlage in Echtzeit übermitteln. Das Messtechniksystem gibt Signale an die Steuerung weiter und wird damit unmittelbar in den Regelkreis integriert.

Für Mess- und Control-Signale, die in der Leittechnik das Gesamtsystem regeln, können die gleichen Schnittstellen genutzt werden. Neben reinem Monitoring eignet die Messtechnik sich mit den passenden Signalausgabemodulen auch für Steuer- und Regelanwendungen.

Rohdaten in Echtzeit

Die Störschreiberanwendungen speichern erfasste Signale im Falle von Störereignissen (Trigger) auf einem lokalen PC und leiten sie anschließend über das Netzwerk automatisch an einen Analyserechner im Kontrollraum weiter. Von dort aus können Experten mit wenigen Sekunden Versatz die Störfälle analysieren. Die Padu-S-Technik (Parallel-Analog-Digital-Umwandler) erfasst und verarbeitet direkte Messsignale aus Strom- und Spannungswandlern. Dank ihres modularen Konzepts haben auf der Baugruppenträgerplatte mit Rückwandbus eine Zentraleinheit und bis zu vier weitere Ein- und Ausgangsmodule Platz.

Das System verarbeitet Messwerte und gibt gleichzeitig die Rohdaten in Echtzeit an ein Aufzeichnungssystem oder die Leittechnik weiter. Mit der Datenerfassungssoftware IbaPDA lassen sich beliebig viele Datenaufzeichnungen konfigurieren.

Jede Aufzeichnung erzeugt ihre eigenen zeitkontinuierlichen oder prozessgesteuerten Messdateien und verwendet eigene Aufzeichnungsparameter wie Abtastzeit oder Trigger-Bedingungen. Die Aufzeichnungen können parallel arbeiten und Messdateien anlegen.

Signale gut organisiert

Beliebig viele Signalanzeigen mit beliebig vielen Signalen lassen sich in getrennten oder gemeinsamen Signalstreifen anlegen. Signale aus verschiedenen Quellen, die technologisch oder thematisch zusammengehören, lassen sich zu sogenannten Signalgruppen kombinieren. Neben der Software wurde die Störschreiber-Funktion mit speziellen Wandlern für die Energieübertragungstechnik realisiert.

Installiert wurden Module für die Strom- und Spannungsmessung sowie für Alarm- und Statusmeldungen. Da Lichtwellenleiter die Daten übertragen, ist der Übertragungsweg Störungen gegenüber weitgehend unempfindlich und anders als bei konventionellen Übertragungsformen können zusätzliche Signale ohne neue Kabel übertragen werden.

Schließlich kann über eine Schnittstellenkarte eine große Anzahl von Signalen direkt aus dem Leitsystem erfasst werden.Die Analyse-Software IbaAnalyzer wertet die aufgezeichneten Störungen aus, indem sie online und offline die Daten analysiert, die IbaPDA in Messdateien gespeichert hat. Zudem kombiniert die Software Analog-Signale mit Sequenzen digitaler Signale.

Einsatz in der Praxis

TFR-Systeme finden sich in HGÜ-Anlagen verschiedener Hersteller und Betreiber auf der ganzen Welt. Auch Siemens Energy verwendet die Störschreiber unter anderem bei dem Projekt Finnland/Estland („Estlink“).

Bei diesem Projekt soll Siemens mit seiner Leitechnik einen Unterwasserenergietransport über eine Länge von 145Kilometern von Finnland nach Estland sicherstellen. Im Laufe der langjährigen Zusammenarbeit erfolgten zahlreiche Anpassungen und Funktionserweiterungen der eingesetzten Hard- und Softwarekomponenten. Die Durchgängigkeit zwischen Leitsystem, Simulationssystem und dem Störschreibersystem wurde dabei hinsichtlich der Interface-Architektur immer wieder optimiert.

Die Technologie ermöglicht eine schnelle Fehleranalyse und durch die Möglichkeit der gezielten Fehlersuche eine Kostenersparnis im Betrieb einer HGÜ-Anlage.

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