Natürlicher Wasserstoff aus der Tiefe könnte einen wichtigen Bestandteil des nachhaltigen Energiesystems der Zukunft bilden. Doch derzeit ist es noch schwierig vorherzusagen, wo und in welcher Tiefe es größere Vorkommen gibt. Neue Studienergebnisse des Instituts für Geologie der Universität Wien könnten solche Vorhersagen in Zukunft erleichtern. Dabei könnten sogenannte „Feenkreise“ – also runde Stellen mit Vegetationsschäden – hilfreich sein. Denn diese „Feenkreise“ entstehen durch das Aufsteigen von natürlichem Wasserstoff und senken sich dadurch ab. Demnach gilt: Je tiefer die Wasserstoffquelle im Untergrund liegt und je höher ihr Druck ist, desto größer ist der „Feenkreis“ an der Erdoberfläche.
Feenkreise geben Hinweise auf Wasserstofftiefe
In vielen Teilen der Erde – vom osteuropäischen Kraton in Russland über die USA, Brasilien, Namibia oder Australien – finden sich an der Erdoberfläche mysteriöse, kreisförmige Einsenkungen mit wenig oder keiner Vegetation. Diese sogenannten „Feenkreise“ sind typischerweise hunderte Meter breit und wenige Meter tief. Erst seit rund zehn Jahren ist bekannt, dass „Feenkreise“ natürlichen Wasserstoff emittieren und somit auf unterirdische Wasserstoffquellen hindeuten. Warum sie einsinken und ob ihre Größe auch Hinweise auf die Tiefe oder Ergiebigkeit der Wasserstoffquelle geben könnte, ist jedoch bis dato nicht erklärt.
Genau dies ist aber eine wichtige Information für die Energiewirtschaft, denn natürlicher Wasserstoff gilt mit seinem nahezu vernachlässigbaren CO2-Fußabdruck als vielversprechende nachhaltige Energiequelle der Zukunft. „Doch bevor teure Bohrungen durchgeführt werden können, müssen wir verstehen, wie Feenkreise entstehen, wie groß das Vorkommen sein könnte und wie tief gebohrt werden muss“, erklärt Martin Schöpfer vom Institut für Geologie der Universität Wien, der bei NiMBUC Geoscience arbeitet.
Eine von der OMV subventionierte Studie unter der Leitung von Martin Schöpfer konnte mithilfe geomechanischer Computersimulationen erklären, warum sich die Erdoberfläche in wasserstoffemittierenden Feenkreisen absenkt. Grund dafür ist demnach das Wechselspiel aus Gas- und Wasserfluss im Erdreich (Sediment) in einem zweiphasigen Prozess.
Ein Soufflé geht auf und fällt zusammen
Dabei wurde von einem lockeren Sediment wie Sand oder Ton ausgegangen, dessen Zwischenräume (Festkörperporen) mit Grundwasser gesättigt sind und das über festem Gestein liegt. Tritt nun an einer punktförmigen Quelle Gas, in diesem Fall Wasserstoff, in diese Schicht ein, so verdrängt es teilweise das Wasser, welches an der Oberfläche austritt. Auch der Wasserstoff tritt aus dem Erdreich aus und das veränderte Gasgemisch könnte die Vegetation schädigen. Zudem wird die Erdoberfläche leicht angehoben.
„Man könnte sagen, das Sediment geht auf wie ein Soufflé, allerdings laufen hier geomechanische Prozesse ab, beim Soufflé aber chemische“, so Schöpfer. Wenn in einer zweiten Phase der Wasserstoffzufluss versiegt, nimmt der Druck des Gas-Wasser-Gemisches in den Zwischenräumen des Sediments ab. Es kommt zur Kompaktion: „Das Erdreich drückt sich also zusammen und sackt ein, ähnlich einem zusammenfallenden Soufflé“, beschreibt der Geologe.
Mithilfe dieser Computersimulationen wurden im Rahmen der Studie die Wechselwirkungen zwischen Tiefe und Gasdruck der Quelle mit der Deformation des Sediments untersucht. Die Ergebnisse waren verblüffend: Die Durchmesser und Einsenkungstiefen der simulierten Feenkreise stimmen nahezu perfekt mit den natürlichen Strukturen überein, die in Regionen wie Russland, Brasilien und Australien entdeckt wurden.
Je größer der Feenkreis, desto tiefer die Wasserstoffquelle
Demnach dürften der Durchmesser und die Einsenkungstiefe der Feenkreise direkt mit dem Druck des eindringenden Gases und der Tiefe der Gasquelle zusammenhängen. „Diese Erkenntnisse sind ein echter Durchbruch“, betont Bernhard Grasemann, stellvertretender Leiter des Instituts für Geologie. „Feenkreise könnten so künftig als natürliche Wegweiser dienen, um unterirdische Wasserstoffquellen zu finden – eine potenziell unerschöpfliche und umweltfreundliche Energiequelle.“
Gabor Tari, Chefgeologe der OMV und Koautor der Studie, erklärt: „Das Interesse der Energiebranche an natürlichem Wasserstoff als potenzieller neuer Energiequelle mit vernachlässigbarem CO2-Fußabdruck wächst, insbesondere im Vergleich zu allen anderen künstlich hergestellten Wasserstoffarten. Vor allem weißer – oder goldener, also natürlicher – und orangefarbener Wasserstoff stehen im Mittelpunkt intensiver internationaler Forschung, da sie das Potenzial haben, rentable und wahrscheinlich deutlich kostengünstigere Alternativen zu den derzeit verwendeten schwarzen, grauen, blauen, rosa und grünen Wasserstoffarten zu werden, die alle einen erheblichen CO2-Fußabdruck haben. Daher unterstützt OMV Energy Grundlagenforschung wie diese, um das Zukunftspotenzial dieser grünen Energiequelle als Teil der Energiewende besser zu verstehen.“
Bis zur Anwendung sind jedoch noch zahlreiche weitere Studien rund um natürliche Feenkreise nötig, betont Schöpfer: „Beispielsweise Simulation mit verschiedenen Untergrundmaterialien oder mit pulsierenden Gasaustritten, aber auch Feldstudien des Untergrundes, die zeigen könnten, dass vielleicht auch chemische Reaktionen Festmaterial lösen und somit für die Einsenkung mitverantwortlich sind.“