Chance gegn den Fachkräftemangel? Mensch und smarte Roboter in Teamarbeit

Wirtschafts- und Innovationsminister Prof. Andreas Pinkwart (Mitte) überreichte die Förderbescheide zum neuen Verbundlabor an Prof. Gerhard Sagerer (links), Rektor der Universität Bielefeld, und Prof. Jürgen Jasperneite (rechts), Direktor des Fraunhofer IOSB-INA.

Bild: MWIDE NRW
09.06.2022

Roboter und Assistenzsysteme können sich zunehmend auf Menschen als Kooperationspartner einstellen und damit enger und flexibler mit ihnen zusammenarbeiten als bisher. Neue Forschungsansätze setzten sich mit den Anforderungen und Bedingungen auseinander, was sich aus diesem neuen Miteinander von Mensch und Maschine ergibt.

Was ist nötig, damit hybride Teams aus Menschen und Maschinen störungsfrei und sicher miteinander kooperieren? Welche Lösungen sind passgenau für die Anforderungen einzelner Unternehmen? Dazu forscht und berät künftig ein Verbundlabor des Fraunhofer IOSB-INA in Lemgo und der Universität Bielefeld: das Humation Collaboratory.OWL.

Gefördert wird das Vorhaben mit knapp einer halben Million Euro vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen. Wirtschafts- und Innovationsminister Professor Dr. Andreas Pinkwart überreichte am 08.06.2022 entsprechende Förderbescheide an Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld, und Professor Dr.-Ing. Jürgen Jasperneite, Direktor des Fraunhofer IOSB-INA (Institutsteil für industrielle Automation INA des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB).

Mit dem Robotik-Verbundlabor starten das IOSB-INA und die Universität Bielefeld den Aufbau eines gemeinsamen „Leistungszentrums zur menschzentrierten Gestaltung intelligenter Arbeits- und Produktionssysteme“. Das Humation Collaboratory.OWL wird sich an zwei digital vernetzten Standorten befinden. Zum einem wird es Teil der Smart Factory OWL am Fraunhofer IOSB-INA, zum anderen wird es im Forschungsinstitut für Kognition und Robotik (CoR-Lab) der Universität Bielefeld integriert.

Wissenschaft und Unternehmen in Zusammenarbeit

Das Verbundlabor soll Unternehmen einen niedrigschwelligen Zugang zur Expertise der Forschenden aus Bielefeld und Lemgo bieten und präsentieren, welche Lösungen menschzentrierter Automation schon heute nutzbar sind. Die beiden Standorte gehen arbeitsteilig vor: Das CoR-Lab entwickelt eine neue Anwendung wie etwa eine kollaborative Montage in einer ersten Phase als Prototyp.

In der folgenden Phase wird die Anwendung in der SmartFactoryOWL in einem realen Produktionskontext in Betrieb genommen. Anschließend wird sie von den Forschenden beider Standorte gemeinsam weiterentwickelt.

Als Teil des Verbundlabors werden Möglichkeiten für erweiterte Formen der Telepräsenz geschaffen, sodass die Forschenden ortsübergreifend miteinander kooperieren können – zum Beispiel mit Virtual-Reality-Brillen oder Methoden der Telerobotik. Auf diesem Weg können sich ebenfalls Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen dazuschalten, um neue Entwicklungen zu verfolgen.

Neue Kooperation bietet viele Chancen

Mit Blick auf das künftige Verbundlabor sagt Pinkwart: „Die Digitalisierung verändert Produktionsprozesse grundlegend. Durch den Einsatz fortgeschrittener Methoden der Robotik und intelligenter Automation ergeben sich vielversprechende Potenziale für neuartige hybride Arbeitsformen, die zur Lösung des Fachkräftemangels beitragen können. Die Region Ostwestfalen-Lippe hat durch ihre Innovationskraft schon viel für Nordrhein-Westfalen geleistet. Die noch engere Vernetzung der Standorte Bielefeld und Lemgo wird die etablierten Innovationsnetzwerke wie beispielsweise das Spitzencluster it’s OWL stärken.“

Jasperneite sieht neue Chancen durch die Kooperation mit der Universität Bielefeld: „Wir freuen uns auf die enge Zusammenarbeit mit den Bielefelder Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im Bereich der Kognition und Robotik. Wir können so unseren Schwerpunkt in der intelligenten Automation weiter ausbauen und neue Lösungen für den Mittelstand bereitstellen.“

Verbundsarbeit ermöglicht Weitblick

Sagerer von der Universität Bielefeld betont, dass durch den Verbund Impulse aus der Wirtschaft besser in der Forschung aufgegriffen werden können: „Durch die Kooperation mit dem Fraunhofer IOSB-INA können wir deutlich schneller Anforderungen aus der Industrie in unserer Forschung berücksichtigen und Innovationen in den Unternehmen ermöglichen und umsetzen. Auch bietet das Thema ein hohes Potenzial für die Übertragbarkeit in weitere Anwendungsfelder. So lassen sich Prinzipien der Mensch-Maschine-Kooperation auch auf Assistenzsysteme für Gesundheit und Pflege übertragen.“

Das Robotik-Verbundlabor soll bis Ende 2022 entstehen. Es bildet die Basis für ein gemeinsames Leistungszentrum des Frauenhofer Institutes und der Universität Bielefeld zur menschzentrierten Automation. Dieses Zentrum soll künftig anwendungsorientierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte umsetzen. Mit Kooperationsangeboten soll es Unternehmen in ganz Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus helfen, innovative Konzepte der Robotik und intelligenten Automation für die agile Produktion zu entwickeln.

Durch den Einsatz von fortgeschrittenen Methoden der Robotik und der intelligenten Automation ergeben sich Potenziale für neuartige hybride Arbeitsformen in vielen Bereichen der industriellen Produktion, im Handwerk und im Dienstleistungssektor. Diese Arbeitsformen werden durch eine deutlich engere und flexiblere Zusammenarbeit sowie eine dynamische Verteilung von Arbeitsinhalten zwischen Menschen und Maschinen in Form von hybriden Teams gekennzeichnet sein.

Bisherige Arbeitsprozesse im Wandel

Die heute übliche Aufgabenverteilung zwischen Menschen und Maschinen wird kurz- bis mittelfristig durch leicht anpassbare, autonom und vernetzt agierende Arbeits- und Produktionssysteme infrage gestellt. Bereits heute verändern lernfähige Roboter in der Montage oder intelligente Assistenzsysteme als Werkzeuge des Menschen die Produktionsarbeit und die Rollenverteilung. Mittelfristig werden diese Werkzeuge zu aktiven Kooperationspartnern in Arbeitsprozessen.

Aus diesem neuen Miteinander von Menschen und Maschinen ergeben sich grundlegende Fragestellungen. Welche Fähigkeiten müssen die technischen Systeme aufweisen und über welche Kompetenzen sollten menschliche Beschäftigte verfügen, um in den hybriden Teams flexibel kooperieren zu können? Wie lassen sich Flexibilität und Verlässlichkeit der Technologie miteinander in Balance bringen?

Diese Fragen sollen in dem gemeinsamen Leistungszentrum des Fraunhofer IOSB-INA in Lemgo und der Universität Bielefeld zur menschzentrierten Gestaltung intelligenter Arbeits- und Produktionssysteme der nächsten Generation beantwortet werden. Für den schnellen Transfer von der Forschung zur betrieblichen Anwendung wird das Leistungszentrum an das Centrum Industrial IT (CIIT) auf dem Innovation Campus Lemgo angegliedert werden.

Verwandte Artikel