Die nationalen Klimaschutzziele geben es vor: Bis 2045 soll die Fernwärme in Deutschland CO2-neutral sein. Derzeit wird jedoch noch viel Wärme aus Kohlekraftwerken in deutsche Fernwärmenetze eingespeist. Im Rahmen des Forschungsprojekts FernWP hat das Fraunhofer IEG hat untersucht, wie sich natürliche und industrielle Wärmequellen mithilfe von Großwärmepumpen für eine klimaneutrale Fernwärmeversorgung nutzen lassen. Darüber hinaus wurden die aktuellen ökonomischen Hemmnisse analysiert und ökonomische Rahmenbedingungen für den Einsatz von Großwärmepumpen weiterentwickelt.
Großwärmepumpen erschließen ungenutzte Energiequellen
Fossile Kraftwerke erzeugen meist Strom und Wärme zugleich. Nach Angaben der Bundesnetzagentur betrieben Anfang 2024, 123 von 141 Kraftwerksblöcke Wärmeauskopplung. Mit dem Kohleausstieg soll die Stromerzeugung grüner werden. Fernwärmenetze, die einen großen Anteil ihrer Wärme von fossil gefeuerten KWK-Anlagen beziehen, stehen vor der Herausforderung ihre Wärmeversorgung zu gewährleisten und zu dekarbonisieren.
Eine Alternative zur fossilen Wärmeerzeugung ist die Nutzung natürlicher Wärmequellen wie Luft, Gewässer und geothermale Wärme. Darüber hinaus kann industrielle Abwärme, kombiniert mit Großwärmepumpen (GWP), einen signifikanten Beitrag zur Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung leisten und bestehende Kraftwerksblöcke als Wärmequelle anteilig oder vollständig ersetzen.
Analyse zeigt die Potenziale vorhandener Wärmequellen
Im Forschungsprojekt FernWP – Fern- und Prozesswärmeversorgung durch Wärmepumpen als Ersatz der Kohleverbrennung, hat das Projektteam analysiert, ob sich bereits existierende Wärmequellen an acht exemplarischen Kraftwerkstandorten für GWP eignen und welchen Anteil der Wärmenachfrage sie decken können. Die Forschenden bewerteten diese Eignung anhand der zeitlichen beziehungsweise räumlichen Verfügbarkeit der natürlichen Wärmequellen, der Temperaturniveaus sowie netzspezifischer Charakteristika.
Die Ergebnisse zeigen: Niedertemperatur-Wärmequellen haben ein hohes verfügbares Einsatzpotenzial und können den Fernwärmebedarf unter Bezug von Großwärmepumpentechnologie in Deutschland anteilig oder gänzlich decken. Das verfügbare Wärmeangebot aus natürlichen und anthropogenen Quellen hängt jedoch stark vom Standort ab, wobei die geografische Lage und die vorhandene Infrastruktur an Kraftwerksstandorten zur weiteren Nutzung eine wichtige Rolle spielen.
Großwärmepumpen als Baustein klimaneutraler Fernwärme
„Mit Großwärmepumpen lassen sich natürliche Wärmequellen effizient nutzen und die Wärmeerzeugung aus Kohle schrittweise ersetzen“, erklärt Anja Hanßke, Projektleiterin des Forschungsprojekts FernWP. „Das eröffnet neue Perspektiven für eine nachhaltige Fernwärmeversorgung.“
Das Projekt zeigt, dass Großwärmepumpen im Vergleich zu konventionellen Technologien einen flexibleren Betrieb ermöglichen: Sie können unterschiedlich temperierte Wärmequellen effizient nutzen und je nach Anforderungen der Fernwärmenetze grüne Fernwärme bereitstellen. Zudem binden sie erneuerbare Energiequellen effektiv ein. Bei ihrem Einsatz in Deutschland müssen jedoch die spezifischen Bedingungen der jeweiligen Region, wie Bevölkerungsdichte und vorhandene Infrastruktur, berücksichtigt werden. Eine Reduktion der Netzvorlauftemperaturen, soweit möglich, kann die Gesamteffizienz beim Einsatz von Großwärmepumpen weiter erhöhen.
Die Transformation von Standorten mit Kohlekraftwerken zur Betriebsstätte von Großwärmepumpen ist grundsätzlich möglich, erfordert jedoch Anpassungen und Investitionen. Die analysierten Kohlekraftwerksstandorte, an denen Wärmequellen wie Oberflächen- beziehungsweise Fließgewässer, Geothermie und Solarthermie vorliegen, bieten aufgrund dieser Quellen ausreichend Potenziale, die für die Fernwärmeversorgung durch Großwärmepumpen erschlossen werden könnten.