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Interview über Online-Überwachung zyklischer Prozesse „Einsparpotenzial von 30 Prozent“

iba AG

Einsatz von ibaInCycle bei der Sägeblattüberwachung

Bild: iba
04.11.2021

Durch die Überwachung zyklisch wiederholender und rotierender Prozesse ist bereits während der Fertigung eine präzise Prognose von Qualitätsmerkmalen möglich. Wie das funktioniert, zeigt Iba, der Spezialist für Messsysteme, bei der Überwachung in einem Hüttenwerk von Vallourec. Christian Reinbrecht, Produktmanager bei Iba, und Jan Clas, Betriebsingenieur bei Vallourec geben im Interview Einblicke in die Zusammenarbeit.

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Was war Ihre Motivation bei Vallourec, dieses Projekt mit Iba durchzuführen? Welche Probleme sollten gelöst werden?

Clas:

Wir verwenden die Produkte der Iba AG schon relativ lange. Ursprünglich haben wir sie als Instandhaltungstool zur Störungsbeseitigung eingesetzt, um sofort zu sehen, was bei einer aufgetretenen Störung schiefgelaufen ist. In diesem Projekt wird das neue Iba-Produkt IbaInCycle beim „Blocksägen“, ein dem Walzen vorgelagerter Prozess, eingesetzt. In diesem Prozess werden aus dem Stangenmaterial, das wir aus dem Stahlwerk bekommen, mit Kreissägen mit großen Sägeblättern einzelne Blöcke gesägt. Das Problem ist, dass die Sägeblätter entweder einfach stumpf werden – dann können sie durch Schleifen der Zähne aufgearbeitet werden – oder die Zähne brechen bei zu langer Verwendung ganz ab. Beides ist ein ziemlich großer Kostenfaktor. Ziel ist es, die Abnutzung der Sägeblätter rechtzeitig zu erkennen und das Brechen der Zähne zu verhindern. Zurzeit haben wir leider keine Möglichkeit, den Sägeprozess rechtzeitig zu stoppen, weil wir einfach keine quantitativen Kriterien haben. Somit kam uns das neue Produkt IbaInCycle sehr 
gelegen.

Was war für Iba die Motivation, das neue Produkt bei Vallourec zu pilotieren?

Reinbrecht:

Es ist für uns immer gut, neue Produkte, bevor sie auf den Markt kommen, schon einmal bei einem Kunden unter realen Bedingungen zu testen. Da bei Vallourec die Prozessdaten schon mit dem Iba-System aufgezeichnet werden und wir mit unserem Messkoffer IbaMBox ein System hatten, das nicht für die Produktion genutzt wurde, konnten wir IbaInCycle unabhängig von der Produktion testen.

Was läuft jetzt besser als vorher?

Clas:

Früher konnten wir Abweichungen im Sägeprozess nur durch genaues Beobachten des Drehzahlmessers an der Säge erkennen. Jetzt ist es nicht mehr nur die kleine Drehzahlnadel, die Auffälligkeiten anzeigt, sondern jetzt ist es ein Modul in IbaPDA, was uns warnt, dass hier eine Grenze überschritten ist. IbaInCycle hat uns jetzt überhaupt erst die Möglichkeit gegeben, diese Daten zu quantifizieren und eine Eingriffsgrenze zu schaffen.

Gibt es schon Ergebnisse? Lässt sich das monetär bewerten?

Clas:

Nein, monetär können wir es noch nicht konkret bemessen, da die dauerhafte Arbeit mit dem System erst in den nächsten Wochen beginnt. Wir werden jedoch unsere Sägekosten im Vergleich zum Vorjahr betrachten und hoffen, dass wir dann nur noch Sägeblätter nachschleifen und keine Zähne mehr nacharbeiten müssen. Dadurch hätten wir dann Einsparungen von ca. 30 Prozent.

Erleichtert der Einsatz eines Überwachungstools wie IbaInCycle Ihre tägliche Arbeit als Betriebsingenieur?

Clas:

Ja, auf jeden Fall. Denn ich habe jetzt überhaupt erst einmal die Möglichkeit, basierend auf Messdaten gezielt in den Prozess einzugreifen. Auch unsere Mitarbeiter nehmen die Veränderung gut an. Insbesondere der Meister hat nun die Möglichkeit über einen „Sägeblattlebenslauf“ für jede ID-Nummer eine Qualitätsprüfung durchzuführen.

Was hat es Iba gebracht, dieses neue Produkt bei Vallourec zu pilotieren?

Reinbrecht:

Wir konnten alle Funktionen von IbaInCycle in der Praxis testen und den tatsächlichen Kundennutzen bewerten. Hilfreich war auch, dass im Projektverlauf Stangen mit unterschiedlichen Durchmessern gesägt wurden. So haben wir gelernt, was für die Konfiguration notwendig ist und wie man die optimalen Parametereinstellungen finden kann.

Gibt es Erkenntnisse, die Sie ohne dieses Pilotprojekt nicht gehabt hätten?

Clas:

Anhand der aufgezeichneten Daten konnten wir Neues über den Prozess lernen, was uns vorher nicht bewusst war. Wenn man ein paar Sägeschnitte nacheinander betrachtet, sieht man einzelne Peaks, die während des Sägeschnitts herausragen und da definitiv nicht hingehören. Wir vermuten, dass wir Einschlüsse im Material haben, welche uns im Walzprozess auch Probleme machen. Obwohl es gar nicht Bestandteil des Projektes war, haben wir diese Information über den Prozess bekommen. Wir wollen in Zukunft evtl. auch mit IbaInCycle überwachen, ob sich im Vormaterial Einschlüsse befinden. So könnten wir vor dem Walzen schon entscheiden, ob wir das Material einsetzen wollen.

Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit Iba in diesem Projekt?

Clas:

Von meinen bisherigen Erfahrungen mit Iba kann ich nur durchweg positiv berichten. Und so war es jetzt auch in dem Fall. Ich habe immer eine schnelle und kompetente Antwort bekommen Wir als Unternehmen profitieren ganz klar davon, dass wir die Möglichkeit haben, live zu testen und direkt Support eines Schwingungsanalytikers bei unserem Projekt zu bekommen, welchen wir sonst von extern dazu hätten holen müssen. Ich persönlich habe eine Menge gelernt. Das Projekt hat Spaß gemacht und wir sind mit guten Ergebnissen rausgegangen.

Gab es Highlights aus dem Projekt?

Reinbrecht:

Beide Teams, sowohl von unserer Seite als auch von Vallourec, hatten einen starken Fokus, das Ganze technisch lösen zu wollen. Wir haben das gemeinsame Ziel verfolgt, möglichst gut zu verstehen, was uns die Daten genau zeigen und wie man den Prozess möglichst gut überwachen kann. Das hat wirklich Spaß gemacht und ich glaube, dadurch war das Projekt auch so erfolgreich. Ein Highlight war sicherlich, dass wir im Projekt Verschleiß an Sägeblättern erkannt haben und so helfen konnten, Schäden abzuwenden und Kosten einzusparen.

Wie ist bei Ihnen im Unternehmen die Digitalisierungsstrategie?

Clas:

Im Rahmen von Industrie 4.0 gibt es bei uns viele Ansätze, mehr Daten zu erfassen und mehr Daten auszuwerten. Es gibt mittlerweile eine Data Science Abteilung. Das heißt, wir nutzen die Daten und werten diese dann über das Ingenieuranalytische hinaus aus, z.B. welche statistischen Zusammenhänge gibt es? Und da spielt Iba für mich eine sehr große Rolle, weil wir sonst gar nicht in der Lage wären, einzelne Messwerte und Messpunkte für den Prozess zu erfassen.

Wie geht es weiter? Gibt es noch weitere Pläne für den Einsatz von IbaInCycle?

Clas:

Ja. Das Sägen ist erst mal ein sehr einfacher und leicht verständlicher Prozess. Man kann sich mit dem Tool vertraut machen und damit Laufen lernen. Aber natürlich ist das nicht unsere Hauptkompetenz. Wir sind ja nicht da, um Blöcke zu sägen, sondern wir walzen Rohre. Für uns sind das Lochen der Blöcke oder auch nachher das Elongieren die wesentlich komplexeren und daher kritischeren Prozesse. Hier ist es noch wesentlich interessanter für uns, frühzeitig festzustellen, wenn unser Prozess abweicht. Und IbaInCycle kann uns da sicher helfen.

Ist IbaInCycle nach der Pilotierung jetzt freigegeben? Was sind mögliche Weiterentwicklungen?

Reinbrecht:

Ja, das Produkt ist jetzt freigegeben und wird auch schon für die unterschiedlichsten Applikationen wie z.B. Pressen verkauft. Derzeit sind wir dabei, IbaInCycle zusammen mit der Universität Graz für die Getriebeüberwachung einzusetzen. Die Freigabe, das Produkt auch als Offline-Tool zu nutzen, ist vor Kurzem erfolgt. Und natürlich haben wir auch noch Weiterentwicklungen für IbaInCycle geplant, die sich zum Teil auch aus diesem Projekt ergeben haben. Momentan wird die Fallunterscheidung, also was an der Säge defekt ist, noch über verschiedene Parameter gemacht. Herr Clas hatte die Idee, einen Abgleich auf verschiedene Schadensmuster zu machen und zu schauen, zu welchem Schadensmuster die aktuelle Situation am besten passt. Sobald wir damit starten, arbeiten wir in dem Bereich wieder zusammen.

Das hört sich ja nach einer sehr speziellen Anwendung für Vallourec an. Wie kompatibel ist IbaInCycle für Spezialanwendungen bzw. wie wird dann mit Kundenanforderungen umgegangen?

Reinbrecht:

Bei IbaInCycle ist das Wichtigste, dass man den zu überprüfenden Prozess selber gut genug versteht, um die Konfiguration vornehmen zu können. Das heißt, eine Inbetriebnahme unseres Produkts muss zumindest bei Prozessen, die wir nicht ausreichend verstehen, immer in Zusammenarbeit mit dem Anwender stattfinden. Wir können da eine Zusammenarbeit anbieten, um auch Spezialanwendungen mit dem Produkt überwachen zu können, wie z.B. demnächst bei der Schwingungsüberwachung des Schrägwalzwerks im Schwesterwerk von Vallourec in Mülheim. Aber letztendlich sind hierzu keine kundenspezifischen Entwicklungen, sondern immer nur eine Konfiguration an den Prozess notwendig. Wenn vom Kunden Anregungen für neuen Funktionen kommen, haben wir immer ein offenes Ohr, um diese Anforderungen in der Entwicklung zu berücksichtigen. Das ist dann aber keine kundenspezifische Implementierung, sondern eine kundengetriebene Weiterentwicklung unseres Standardprodukts.

Was wünschen Sie sich von Iba für die Zukunft?

Clas:

Aktuell ist es nur möglich, IbaInCycle mit „Live“-Daten bzw. einer Playback-Datei zu trainieren. In der Produktion tritt das Problem auf, dass nicht alle Live-Daten zum Training verwendet werden sollen. Gründe hierfür können abgebrochene oder fehlerhafte Sägeschnitte sein. Nach dem abgeschlossenen Lernvorgang habe ich jetzt nicht die Möglichkeit, zu überprüfen, welche Sägeschnitte in das Training mit eingeflossen sind. Sollte dies möglich sein, möchte ich im nächsten Schritt gerne einzelne Kurven abwählen können, die nicht dem von mir gewünschten Verlauf entsprechen. Eine weitere Möglichkeit bestünde darin, Messdateien vorzugeben, um daraus ein InCycle-Modul zu erzeugen. Über Umwege ist das bereits in einer Playback Umgebung möglich. Möchte ich allerdings viele Daten aus der Vergangenheit zum Lernen verwenden, ist die Lernzeit entsprechend lang. Wir hoffen sehr, dass Iba unsere Anregungen aufgreift und damit IbaInCycle weiter optimiert.

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