Mission Marsmond DLR entwickelt Rover für minimale Schwerkraft

Bildmontage des Mars und seiner beiden Monde Deimos (oben) und Phobos: Sie sind Ziel der Mission MMX, die unter anderem ihre bisher ungelöste Herkunft aufdecken soll.

Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)
15.11.2022

Die Entstehung der Marsmonde Phobos und Deimos ist bisher ungeklärt. Um das Rätsel zu lösen, soll 2024 die Mission Martian Moons eXploration der japanischen Raumfahrtagentur JAXA starten. Mit an Bord wird ein deutsch-französischer Rover sein, der die Oberfläche des rund 27 km großen Phobos erkunden wird.

2024 soll sie starten: die Expedition zum Marsmond Phobos. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat nun einen wesentlichen Teil des Rovers, der zu dieser Zeit die Oberfläche erkunden soll, am Standort Bremen integriert und fertiggestellt. Die in Zusammenarbeit mehrerer DLR-Institute entstandene Carbonstruktur samt Aufricht- und Fortbewegungssystem ist in dieser Woche von Bremen nach Toulouse an die französische Raumfahrtagentur CNES geliefert worden. Dort erfolgt bis zum Sommer 2023 die Fertigstellung mit dem Einbau aller Instrumente und Subsysteme. Der MMX-Rover erhält zudem sein Radiometer miniRAD sowie sein Spektrometer RAX. Beide Instrumente wurden am DLR in Berlin gebaut und bereits zuvor nach Toulouse geschickt.

„Mit dem MMX-Rover betreten wir technisches Neuland, denn noch nie ist ein Erkundungsfahrzeug mit Rädern auf einem kleinen Himmelskörper gefahren, der nur über rund ein Tausendstel der Erdanziehungskraft verfügt“, sagt Dr. Markus Grebenstein vom DLR-Institut für Robotik und Mechatronik in Oberpfaffenhofen, der die DLR-Projektleitung für den MMX-Rover innehat. „Da der Rover im freien Fall aus dem Raumfahrzeug auf Phobos gelangt, wird er bei der Landung unbeschadet mehrere ,Purzelbäume‘ schlagen und in unvorhersagbarer Lage zum Liegen kommen. Aus dieser Situation heraus muss er sich autonom mithilfe des Antriebssystems aufrichten und anschließend seine Sonnensegel entfalten. Erst dann ist der Rover fahrbereit und überlebensfähig.“

Fahren werde er schließlich ganz behutsam mit nur einigen Millimetern pro Sekunde, um trotz der geringen Schwerkraft mit seinen speziellen Rädern den Bodenkontakt zu halten, ergänzt Dr. Stefan Barthelmes vom DLR-Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik in Oberpfaffenhofen. Am Robotik- und Mechatronik-Zentrum des DLR in Oberpfaffenhofen wurde das Aufricht- und Fortbewegungssystem entwickelt und gebaut. Die besonders leichte Carbonstruktur hat das DLR-Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik beigesteuert.

Porosität und Zusammensetzung der Mondoberfläche

Der nur 25 kg leichte MMX-Rover wird, angekommen auf Phobos, von der MMX-Muttersonde abgetrennt und etwa 50 m hinab zur Mondoberfläche fallen. Das wurde in ersten Falltests am Bremer DLR-Institut für Raumfahrtsysteme bereits erprobt, wo nun auch die Integration erfolgt ist. Auf Phobos hat der Rover rund 100 Tage Zeit, die physikalischen und mineralogischen Eigenschaften der Oberfläche zu erkunden.

Dabei kommen die beiden DLR-Instrumente miniRAD und RAX aus Berlin zum Einsatz. Das Radiometer miniRAD des DLR-Instituts für Planetenforschung bestimmt mittels Infrarotmessungen die Oberflächentemperatur. Zudem ermöglicht es Rückschlüsse auf die Porosität des Oberflächenmaterials, um diese mit Asteroiden- und Kometenproben zu vergleichen. Das Raman-Spektrometer RAX (RAman spectroscopy for MMX) ist eine Entwicklung unter Führung des DLR-Instituts für Optische Sensorsysteme mit Beteiligung der JAXA und der spanischen Raumfahrtagentur INTA. RAX wird entlang der Roverstrecke die mineralogische Zusammensetzung der Phobos-Oberfläche ermitteln. Die Minerale eines Himmelskörpers stehen eng mit seiner Entstehung und Geschichte im Zusammenhang, und Vergleiche mit Messungen anderer Rover auf dem Mars sollen den Wissenschaftlern helfen, das Mars-System mit seinen Monden besser zu verstehen.

Neben den beiden DLR-Instrumenten werden in den nächsten Monaten bei der CNES in Toulouse auch zwei Radkameras montiert, die Räder und Untergrund im Blick behalten und dabei wissenschaftliche Daten zum Aufbau der Phobos-Oberfläche sammeln, sowie zwei Navigationskameras integriert. Zudem bauen die Ingenieurteams die Solarpanele, das Energiesystem, das Funksystem für den Kontakt zur Erde und den Bordcomputer in den Rover ein. Dann stehen umfangreiche Tests des vollständigen Fahrzeugs an, hinsichtlich seiner Funktionen sowie seiner Beständigkeit gegenüber den Vibrationen des Raketenstarts und der extremen Temperaturschwankungen von mehr als 200 °C auf Phobos. Die Tests unter Weltraumbedingungen wird der MMX-Rover zusammen mit dem Verbindungs- und Separationssystem zum Mutterschiff, genannt MECSS (Mechanical and Electrical Connection and Support System) absolvieren. Dieser Adapter wird ebenfalls vom DLR bereitgestellt.

Ein Stück Marsmond auf der Erde

Die MMX-Raumsonde besteht insgesamt aus drei Modulen. Das Explorationsmodul verfügt über Landebeine, Probennehmer und einige Instrumente sowie den mitgeführten MMX-Rover. An das Explorationsmodul schließt sich das Return-Modul mit der Kapsel zur Probenrückführung an, gefolgt von einem Antriebsmodul mit den Treibstofftanks und Raketentriebwerken.

Der Start der japanischen Raumsonde ist derzeit für 2024 mit einer H-3-Rakete vom japanischen Weltraumbahnhof in Tanegashima geplant. Ungefähr ein Jahr nach dem Verlassen der Erde wird die Sonde dann 2025 in eine Umlaufbahn um den Mars eintreten, um Phobos und Deimos zu beobachten. Anschließend wird sie in einen Quasi-Orbit um Phobos einschwenken, dort wissenschaftliche Daten sammeln, den mitgeführten MMX-Rover absetzen und Proben von der Mondoberfläche nehmen.

Nach der Probenentnahme kehrt das Raumfahrzeug mit dem auf Phobos gesammelten Material zur Erde zurück. Die Landung des MMX-Rovers auf Phobos ist für 2027 geplant und die Rückkehr zur Erde mit den Proben im Jahr 2029. Die Messungen und Bilder des Rovers auf der Phobos-Oberfläche werden auch als Referenz für die Orbiter-Instrumente dienen und helfen, die Landung des Explorationsmoduls für die Probennahme vorzubereiten.

Bildergalerie

  • Auslieferung am Standort Bremen: Das DLR hat hier einen wesentlichen Teil des MMX-Rovers integriert und fertiggestellt.

    Auslieferung am Standort Bremen: Das DLR hat hier einen wesentlichen Teil des MMX-Rovers integriert und fertiggestellt.

    Bild: DLR

  • Carbonstruktur: Die Leichtbaustruktur samt Aufricht- und Fortbewegungssystem des Rovers wird im Reinraum integriert. Oben im Bild sind die Räder des Rovers zu erkennen.

    Carbonstruktur: Die Leichtbaustruktur samt Aufricht- und Fortbewegungssystem des Rovers wird im Reinraum integriert. Oben im Bild sind die Räder des Rovers zu erkennen.

    Bild: DLR

  • Raman-Spektrometer: Das RAX (RAman spectroscopy for MMX) wird entlang der Roverstrecke die mineralogische Zusammensetzung der Phobos-Oberfläche ermitteln.

    Raman-Spektrometer: Das RAX (RAman spectroscopy for MMX) wird entlang der Roverstrecke die mineralogische Zusammensetzung der Phobos-Oberfläche ermitteln.

    Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

  • Radiometer: Das miniRAD wird mittels Infrarotmessungen die Oberflächentemperatur von Phobos bestimmen. Es ermöglicht zudem Rückschlüsse auf die Porosität des Oberflächenmaterials.

    Radiometer: Das miniRAD wird mittels Infrarotmessungen die Oberflächentemperatur von Phobos bestimmen. Es ermöglicht zudem Rückschlüsse auf die Porosität des Oberflächenmaterials.

    Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

  • Mit 27 km ist Phobos der größere der beiden Marsmonde. Der MMX-Rover soll 2027 auf ihm abgesetzt werden.

    Mit 27 km ist Phobos der größere der beiden Marsmonde. Der MMX-Rover soll 2027 auf ihm abgesetzt werden.

    Bild: ESA / DLR / FU Berlin

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