Wissenschaft ordnet Debatte zur Elektromobilität neu Batterien im Faktencheck der Elektromobilität

Der Policy Brief des Fraunhofer ISI liefert faktenbasierte Antworten auf zentrale Fragen rund um Batterien und E-Mobilität – von Reichweite über Umweltbilanz bis hin zur Recyclingperspektive.

Bild: iStock, baloon111
22.05.2025

Ein neuer Policy Brief des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) bündelt wissenschaftliche Erkenntnisse zur Rolle von Batterien in der Elektromobilität. Die Analyse beantwortet vierzehn zentrale Fragen zu Markttrends, Umweltbilanz, Reichweite, Recycling und weiteren Aspekten der Entwicklung von E-Pkws. Ziel ist es, Politik, Fachwelt und Öffentlichkeit bei der Bewertung von Potenzialen und Herausforderungen der Antriebstechnologie faktenbasiert zu unterstützen.

Batteriegetriebene Pkw spielen in Zukunft eine wichtige Rolle, um die jährlich steigenden CO2-Emissionen im Verkehrssektor stärker in Einklang mit den politischen Treibhausgas-Minderungszielen zu bringen. Das Bundes-Klimaschutzgesetz sieht etwa vor, dass die CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent und bis 2040 um mindestens 88 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken müssen, damit Deutschland bis 2045 das Ziel der Treibhausgasneutralität erreicht. Diese Zielvorgaben sind mit Blick auf den Verkehrssektor nur durch den Betrieb emissionsarmer und emissionsfreier Fahrzeuge realisierbar und setzen neben strengen Vorschriften auch wirtschaftliche Anreize voraus.

In diesem Kontext und auch weil in Teilen der Öffentlichkeit, Politik und Unternehmen die Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Praxistauglichkeit der Batterietechnologie gelegentlich noch in Frage gestellt wird, haben Forschende des Fraunhofer ISI die wichtigsten Fragen rund um das Thema „Batterien für Elektroautos“ in einem Policy Brief wissenschaftlich aufgearbeitet. Der Policy Brief bildet den aktuellen Forschungsstand ab, liefert einen Faktencheck und speist sich aus vielen Eigen- sowie Fremdstudien. Zentrales Ergebnis sind Antworten auf vierzehn wichtige Fragen rund um das Batterie-Thema.

Wie haben sich der Markt für E-Pkw und die Zulassungszahlen entwickelt?

So befasst sich der Policy Brief etwa mit der Frage, wie sich die E-Mobilität entwickelt hat. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass die Nachfrage nach E-Pkw in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist und ihr Anteil weltweit betrachtet derzeit bei knapp 20 Prozent an den Neuzulassungen liegt. Der weltweite Neuwagen-Anteil von E-Pkw dürfte bei Beibehaltung der Klimaschutzanstrengungen bis 2030 auf 40 Prozent und im Jahr 2035 auf mehr als 50 Prozent anwachsen. Nach Jahren des Wachstums bei den Neuzulassungen erlebte Deutschland im Jahr 2024 einen Rückgang, unter anderem verursacht durch einen abrupten Förderstopp. Die Rahmenbedingungen deuten aber darauf hin, dass auch Deutschland wieder auf einen Wachstumspfad kommt.

Wie wirtschaftlich sind E-Pkw?

Was die Wirtschaftlichkeit von E-Pkw anbelangt, so schneiden diese aufgrund geringerer laufender Betriebskosten teilweise schon heute bei den Gesamtkosten besser ab als vergleichbare Verbrenner. Aufgrund des Trends hin zum gesteuerten und bidirektionalen Laden sowie sinkender Verkaufspreise dürfte sich diese positive Tendenz in Zukunft fortsetzen.

Wie fällt die Umweltbilanz von E-Pkw aus?

Die Autoren des Policy Brief äußern sich auch zur Umweltbilanz von E-Pkw, die schon heute ganzheitlich betrachtet von Herstellung, Nutzung bis zur Entsorgung eine deutlich positive Treibhausgasbilanz gegenüber konventionellen Verbrenner-Pkw aufweisen – bei durchschnittlicher Fahrleistung lassen sich für einen Mittelklasse-Pkw 40 bis 50 Prozent an CO2-Emissionen einsparen. Die höheren Emissionen bei der Herstellung der Fahrzeuge werden in der Nutzungsphase überkompensiert. Gesteuertes und bidirektionales Laden verbessern auch die Umweltbilanz der E-Pkw. Bei anderen Umweltthemen wie der Nutzung kritischer Rohstoffe bestehen bei E-Pkw noch Herausforderungen.

Was hat sich bei der Reichweite getan?

Aktuelle E-Pkw-Topmodelle bieten eine Reichweite von mindestens 400 km. Diese Distanz empfinden viele Fahrer als ausreichend, auch weil Ladezeiten immer kürzer ausfallen. Angesichts anvisierter Reichweiten von über 1.000 km ist zu beachten, dass mit zunehmender Reichweite sowohl Kosten als auch ökologische Folgen zunehmen.

Was passiert mit Altbatterien?

Prognosen gehen davon aus, dass langfristig ausreichend Recyclingkapazitäten für End-of-Life-Batterien sowie Produktionsausschuss zur Verfügung stehen. Bis zum Jahr 2035 könnten bis zu 30 Prozent des Bedarfs an Lithium, Nickel und Kobalt für die Batteriezellenproduktion durch recycelte Materialien gedeckt werden.

Wie hoch ist die Brandgefahr?

Der Löschaufwand ist bei Elektrofahrzeugen zwar noch größer, aber sie brennen nach heutigem Kenntnisstand nicht häufiger als konventionelle Pkw – einige internationale Studien gehen sogar von einer deutlich niedrigeren Brandgefahr aus. Dies gilt noch stärker für neueste Batterietypen.

Welche Herausforderungen ergeben sich für den Arbeitsmarkt?

Viele Studien deuten auf einen nennenswerten Beschäftigungsrückgang in der Automobil- und Zuliefererindustrie hin – nicht zuletzt, weil die Batteriezellproduktion hochautomatisiert ist. Umgekehrt können in anderen Branchen entstehende Jobs den Rückgang kompensieren, etwa in den Bereichen Stromerzeugung und Ladeinfrastruktur.

Prof. Dr. Martin Wietschel, der am Fraunhofer ISI die Abteilung Energietechnologien und Energiesysteme leitet, äußert sich wie folgt zum neuen Policy Brief: „E-Pkw sind die wichtigste Antriebstechnologie, um Treibhausgasemissionen zu senken – und Batterien sind der Schlüssel dafür. Ihr Markthochlauf ist ein zentraler Baustein einer klimaneutralen Mobilitätstransformation in Deutschland und Europa. Daher ist es umso wichtiger, einen wissenschaftlich-analytischen Blick auf die Entwicklungen, Potenziale und Hindernisse bezüglich der Elektromobilität zu werfen und Handlungsempfehlungen zu geben – genau das tun wir mit unserem Policy Brief, der sich gleichermaßen an Politik, Fachwelt und Öffentlichkeit richtet.“

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