Fehlende Fachkräfte durch AR ausgleichen Augmented Reality in der Produktentstehung

Philipp Hesse, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachgruppe „Produktentstehung“ am Heinz Nixdorf Institut, beim Test einer AR-Brille

Bild: Heinz Nixdorf Institut
14.07.2022

Der Mangel an Fachkräften verschärft sich immer mehr. Wie Augmented Reality dabei helfen könnte, dieser Herausforderung zu begegnen, haben Paderborner Wissenschaftler untersucht.

Im Projekt „AR-Service System“ entwickelten Wissenschaftler eine Technologie, die es ermöglicht, dass Fachkräfte trotz (weiter) Entfernung zum Firmenstandort Maschinenbediener in der Produktion vor Ort anleiten können.

Mithilfe der AR-Lösung sollen hiesige Unternehmen auf Spezialisten weltweit zurückgreifen und sie in ihre Arbeitsprozesse einbinden können. Für das Vorhaben arbeiteten Forschende der Fachgruppe „Produktentstehung“ des Heinz Nixdorf Instituts der Universität Paderborn zusammen mit dem Kunststoffverarbeitungsunternehmen Hadi-Plast in Hövelhof.

Nach einer halbjährigen Laufzeit wurde das mit rund 30.000 Euro vom Projektträger Jülich (PtJ) geförderte Projekt Ende März erfolgreich abgeschlossen.

AR-Unterstützung in der Industrie

Augmented Reality ist ein aufsteigender Trend in der Industrie. Entsprechende Anwendungen unterstützen bei der Simulation von Testfahrten oder beim Designen von Prototypen. Das Paderborner Projektteam hat einen weiteren Einsatzbereich intensiv getestet. Mithilfe einer AR-Brille, die unsere Realität um virtuelle Darstellungen im Sichtfeld ergänzt, können digitale Objekte in die reale Umgebung eingefügt werden – so beispielsweise auch, wenn ein Mitarbeiter vor einer Maschine in der Produktionshalle steht.

„Ein externer Mitarbeiter kann unter Benutzung dieser AR-Anwendung beispielsweise sagen ‘Drücke diesen Knopf, den ich hier markiert habe‘ und minimiert so den Erklärungsaufwand“, erläutert Philipp Hesse, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachgruppe „Produktentstehung“ unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Iris Gräßler am Heinz Nixdorf Institut.

Ein weiterer Vorteil dieser Technologie: Durch die Brille hat der Maschinenführer im Unternehmen die Hände frei und kann problemlos, flexibel und schnell reagieren. Indem die externe Fachkraft genau das sieht, was der Kollege in Echtzeit vor Ort sieht, können Mitarbeitende aus der Distanz sowohl effektiv am Produktionsprozess mitwirken als auch neue Teammitglieder am Firmenstandort anlernen.

Verbesserte Prozesse durch digitale Assistenz

Hesse schildert, wie es zur Projektidee kam: „Hadi-Plast setzt in der Verarbeitung ihrer Kunststoffe ein Verfahren ein, das eine spezielle Kompetenz erfordert – das Spritzgießen. In diesem Verfahren wird Kunststoffgranulat aufgeschmolzen und unter Druck in eine Stahlform gespritzt. Fachkräfte auf diesem Gebiet sind rar und stark gefragt. Für Unternehmen der Branche ist es daher oft notwendig, dezentralisierte Fachkräfte von extern in solch spezielle Arbeitsprozesse einzubinden.“

Mit der AR-Anwendung hat das Projektteam eine Lösung für dieses Problem gefunden. Die Technologie ermöglicht es der Firma Hadi-Plast, an verschiedenen Standorten Maschinen zu betreiben, die alle von Spezialisten im Spritzgießen unterstützt werden, ohne dass diese immer und überall vor Ort sein müssen. So können die Fachkräfte an den verschiedenen Standorten komplizierte Aufgaben bearbeiten oder auch Personal schulen, ohne an anderer Stelle zu fehlen.

Eine zusätzliche Möglichkeit, auf diese Weise dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, hat sich geboten, als ein Firmenmitarbeiter ausgewandert ist. Durch die AR-Anwendung kann er über Ländergrenzen hinweg weiterhin als Verfahrensmechaniker im Unternehmen arbeiten.

Verschiedene technische Lösungsansätze wurden mit Maschinenbedienern und Auszubildenden im Unternehmen sowie der Fachkraft im Ausland ausgiebig getestet. Die Testphase führte schließlich zur finalen Lösung, die den Einsatz der AR-Anwendung beinhaltet.

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