Digitale Identitäten für sichere Automatisierung Agentic AI: Warum Zero Trust und ID-Management unverzichtbar sind

Agentic-AI-Ansätze lassen Systeme entstehen, die nicht nur auf Ereignisse reagieren, sondern eigenständig handeln.

Bild: iStock, Just_Super
10.10.2025

Autonome KI-Agenten versprechen enorme Effizienzgewinne in der Fertigung – doch ohne sicheres Identitätsmanagement droht ein Kontrollverlust. Zero Trust, digitale IDs und intelligente Sicherheitsarchitekturen sind die Voraussetzungen, um Agentic AI in Produktionsumgebungen vertrauenswürdig einzusetzen.

Die industrielle Fertigung erlebt gerade ihren nächsten großen Transformationsschub – mit künstlicher Intelligenz im Zentrum. Agentic-AI-Ansätze lassen Systeme entstehen, die nicht nur auf Ereignisse reagieren, sondern eigenständig handeln: Sie treffen kontextbasierte Entscheidungen, steuern Prozesse und interagieren mit Menschen, Maschinen und anderen Agenten.

Mehr als klassische Automatisierung

Was Agentic AI grundlegend von bisherigen Automatisierungslösungen unterscheidet, ist die Kombination aus maschinellem Lernen, Mustererkennung und Entscheidungslogik. KI-Agenten arbeiten nicht nach starren, vordefinierten Regeln, sondern sie orchestrieren selbstständig komplexe Workflows.

In der Fertigung heißt das: Ein Agent erkennt Qualitätsabweichungen, ruft automatisch Messdaten ab, gleicht sie mit dem Produktionsplan ab und leitet eigenständig Korrekturmaßnahmen ein. Menschliches Eingreifen ist nicht nötig. Das Ergebnis: weniger Stillstände, effizientere Prozesse und eine geringere Fehlerquote. Das verspricht ein ganz neues Level an Effizienz für automatisierte Abläufe – etwa bei Predictive Maintenance, adaptiver Qualitätskontrolle bis hin zur dynamischen, KI-gestützten Steuerung von Lieferketten.

Mit steigendem Autonomiegrad wächst aber gleichzeitig die Frage nach Vertrauen, Nachvollziehbarkeit und Verantwortlichkeit. Dürfen sich Unternehmen auf eine KI verlassen, die geschäftskritische Entscheidungen trifft – vor allem, wenn nicht jederzeit klar ist, auf wessen Veranlassung sie agiert?

Das Identitätsproblem in der Fertigung

Industrieumgebungen sind hochkomplex. Menschen, Maschinen, IoT-Geräte, Software-Agenten – alle interagieren in Echtzeit. Jede Interaktion basiert auf der Identität des jeweiligen Akteurs. Ist diese Identität nicht eindeutig und manipulationssicher, ist sie ein potenzieller Angreifer und Einfallstor für Cyberrisiken.

Immer häufiger werden Industrieunternehmen Opfer von Cyberattacken, sei es durch Ransomware oder DDoS-Angriffe. Mit Agentic AI potenziert sich das Risiko. Fake-Agenten, also kompromittierte oder böswillig eingeschleuste Agenten, könnten Zugriff auf Maschinen erhalten, falsche Messdaten einspeisen oder unautorisierte Befehle ausführen. Sie können Prozesse manipulieren und sensible Daten abgreifen. Eine unsichtbare Bedrohung im eigenen Betrieb. So werden KI-Agenten zur Achillesferse von Industrie-4.0-Ökosystemen.

Zusätzlich kompliziert wird die Lage durch unklare Haftungsfragen: Wer ist verantwortlich, wenn ein autonomer Agent Schaden verursacht? Das beantwortet auch der EU AI Act noch nicht abschließend.

Die Rolle von KI im Identitätsmanagement

Mit dem technischen Fortschritt entwickeln sich auch die Bedrohungsszenarien. Deepfakes und synthetische Identitäten machen es immer schwieriger zu erkennen, ob man es mit einem autorisierten Akteur zu tun hat. KI ist aber nicht nur Risiko, sondern auch Teil der Lösung. KI-basierte ID-Management-Systeme führender Hersteller wie der KOBIL Gruppe analysieren Anomalien in Login- und Zugriffsmustern sowie im Nutzerverhalten – etwa bei Logins, Zugriffen oder Bedienungsverhalten.

Methoden wie Verhaltensbiometrie bei menschlichen Nutzern – zum Beispiel Tippmuster, Mausbewegungen oder typische Interaktionszeiten – fügen eine zusätzliche Sicherheitsschicht hinzu, ohne die Nutzererfahrung einzuschränken oder unnötig sensible Daten preiszugeben.

Nur mit Zero Trust bewahren Unternehmen die Kontrolle

Traditionelle Sicherheitsmodelle reichen nicht mehr aus. KI im ID-Management ist unverzichtbar, aber nur wirksam, wenn sie in eine robuste Zero-Trust-Architektur eingebettet ist. Das Prinzip „Vertraue niemandem – prüfe alles“ muss zum Leitbild werden. Zero Trust setzt auf kontinuierliche Verifizierung statt statischer Zugriffsrechte. Jeder Akteur – ob Mensch oder KI-Agent – muss sich dauerhaft ausweisen.

Das bedeutet: Rollen und Berechtigungen werden nicht einmalig vergeben, sondern kontextabhängig überprüft. Jede Aktion eines Agenten muss autorisiert und protokolliert werden. Nur so lässt sich verhindern, dass kompromittierte Identitäten unbemerkt Schaden anrichten.

Best Practices: ID-Management in der industriellen Produktion

Wie wichtig ein sicheres Identity-Access-Management (IAM) ist, zeigt ein Blick auf typische Abläufe in der Fertigung:

  • Zugang zu Maschinen und Robotern: In Produktionslinien erfolgt der Login oft per Chipkarte oder Passwort. Doch solche Systeme sind anfällig. Digitale Identitäten, die an Hardware-Sicherheitsmodule oder biometrische Faktoren gekoppelt sind, erlauben es, den Zugriff situativ zu steuern. So kann ein Servicetechniker eine Maschine für Wartungszwecke kurzfristig freischalten – aber keine Produktionsparameter verändern.

  • Qualitätssicherung in der Produktion: Hersteller arbeiten mit eng vernetzten Lieferketten. KI-Agenten, die Qualitätsdaten analysieren und automatisch mit Zulieferern kommunizieren, benötigen eine zweifelsfreie Identität. Nur so lässt sich verhindern, dass Fake-Agenten falsche Anforderungen stellen und die Produktion verzögern.

  • Auditierbarkeit: In regulierten Umgebungen müssen alle Prozessschritte lückenlos dokumentiert werden. Digitale IDs ermöglichen es, jede Handlung – ob von Mensch oder KI-Agent – eindeutig nachzuvollziehen. Nur dann können Unternehmen gegenüber Behörden nachweisen, dass Produktionsprozesse manipulationsfrei abliefen.

In 5 Schritten zu sicherem Identitätsmanagement bei Agentic AI

Um das Potenzial von Agentic AI zu nutzen, ohne unnötigen Risiken einzugehen, gilt es für fertigende Unternehmen also einiges zu beachten. Diese Schritte sind entscheidend:

  1. Zero Trust verankern: Jede Interaktion – ob zwischen Menschen, Maschinen oder KI-Agenten – muss kontinuierlich überprüft werden. Vertrauen ist nie implizit, sondern immer das Ergebnis einer Verifikation.

  2. Digitale Identitäten universell einführen: Eindeutige, kryptographisch gesicherte IDs für alle Akteure sind Pflicht. Nur so lassen sich Berechtigungen steuern und Handlungen zweifelsfrei zuordnen.

  3. KI-gestützte Erkennung nutzen: Systeme sollten Verhaltensmuster analysieren, um Anomalien und Angriffe frühzeitig zu erkennen. KI wird so zum Wächter, der Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit verbindet.

  4. Governance und Compliance im Blick behalten: Unternehmen müssen klare Verantwortlichkeiten im Umgang mit autonomen Systemen definieren. Es gilt, regulatorische Vorgaben wie eIDAS 2.0 oder die kommende EU-KI-Verordnung proaktiv bei allen Prozessen einzubeziehen.

  5. Plattform-Strukturen aufbauen: Insellösungen stoßen schnell an ihre Grenzen. Ein vielversprechender Ansatz sind zentrale Plattform-Ökosysteme, IAM-Plattformen mit integriertem ID-Management, verschlüsselter Kommunikation und flexibler Rechteverwaltung. So lassen sich komplexe Prozesse steuern, ohne die Sicherheitsarchitektur jedes Mal neu zu erfinden.

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  • Ismet Koyun, CEO und Gründer der Kobil-Gruppe

    Ismet Koyun, CEO und Gründer der Kobil-Gruppe

    Bild: Kobil

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