Dezentrale Stromversorgungen in Rugged Environments Adé Schaltschrank

Durch die Kapselung der Elektronik mittels thermoselektivem Vakuumverguss wird die Schutzart der Stromversorgung durch die Anschlussstecker definiert.

Bild: MTM Power Messtechnik
27.10.2017

Schaltnetzteile sind bisher hauptsächlich in Schaltschränken verbaut. Elektronikkomponenten in rauen Bedingungen müssen aber auch dezentral mit Strom versorgt werden können. Externe Netzteile mit IP67-Schutzart sind durch das thermoselektive Vakuumvergussverfahren möglich.

Moderne Automatisierungslösungen erfordern eine stabile und zuverlässige Stromversorgung aller eingebundenen Bestandteile wie Sensorik, Aktorik und HMI-Komponenten. Für die Versorgung werden deshalb heute fast ausschließlich stabilisierte Schaltnetzteile mit unterschiedlichen Spannungsebenen und Leistungsklassen verwendet. Diese modernen Stromversorgungen für industrielle Automatisierungslösungen waren bisher klassische Einbaugeräte und nicht Stand-Alone verwendbar.

Die Anforderungen an Brandschutz, Schutz gegen Berührung und elektrischen Schlag sowie der Schutz gegen Umwelteinflüsse müssen durch den Anwender mittels Einbau in eine schützende Umhüllung gewährleistet werden. Typischerweise werden zum Erfüllen dieser Anforderungen die Stromversorgungen in die Schutzfunktionen erfüllende Schaltschränke und Schaltkästen installiert. Innerhalb dieser Gefäßsysteme dominiert heute die Montage der Stromversorgungen auf DIN-Schienen.

Automatisierungslösungen mit Einbaunetzteilen

Bei der dezentralen Automatisierung muss die erforderliche Steuerspannung entweder von Einbaunetzteilen aus zentralen Schaltschränken über längere Distanzen zum Verbraucher geführt werden oder über dezentral montierte Schaltkästen. Im ersten Fall zwingt der Spannungsabfall über längere Leitungen entweder zum Verwenden größerer Kabelquerschnitte oder zum Einsatz zusätzlicher DC/DC-Wandler. Einbaunetzteile in dezentralen Schaltkästen mit hohen Schutzartanforderungen erfordern hingegen ein aufwändiges thermisches Management, da gerade bei Anwendungen mit Spritzwasserschutz eine einfache Kühlung nicht möglich ist. Die Eigenerwärmung der Einbaunetzteile führt zwangsläufig dazu, dass sich die Temperatur im Gehäuse erhöht und sich damit die Lebensdauer der Netzteile verringert. Die Gehäuse mit einer entsprechenden Anschlussmöglichkeit verursachen zusätzliche Kosten, die durch die Montage des Einbaunetzteils noch erhöht werden.

Stromversorgung in Rugged Environments

Abhängig von den Umweltbedingungen am Anwendungsort und der jeweiligen Applikation sind unterschiedliche IP-Schutzgrade erforderlich. Gerade in Rugged Environments ist der Schutz gegen Schmutz, Feuchtigkeit durch eindringendes Wasser oder Betauung, leitfähige Stäube oder aber auch Insekten essentiell. Die IP-Schutzgrade nach EN 60529-1 beschreiben den Schutz einer Komponente oder eines Systems gegen das Eindringen fester Körper und Wasser. Wobei die erste Ziffer den Schutz gegen Festkörper und die zweite Ziffer den Schutz gegen Wasser angibt.

Natürlich ist der Gedanke naheliegend, dafür konventionelle Netzteile einfach in ein geeignetes Gerätegehäuse einzubauen und dieses entsprechend der geforderten IP-Klassifizierung abzudichten. Dieser Ansatz vernachlässigt aber die beim Betrieb von Netzteilen zwangsläufig auftretende Verlustleistung in Form von Wärme. In geschlossenen Gehäusen kommt es zu Wärmestaus und Ausbildung von Hotspots, da die ruhende Luft wie ein thermischer Isolator wirkt. Ausfälle aufgrund zu hoher Bauteiltemperaturen sind die logische Folge. Beseitigen lässt sich dieses Problem üblicherweise nur durch eine sehr aufwändige und teure thermische Ankopplung aller Hot Spots und temperaturempfindlichen Bauteile mittels Wärmebrücken oder durch den Einsatz von Lüftern.

Thermoselektiver Vakuumverguss

MTM Power als Hersteller von industriellen Stromversorgungen kann auf eine lange Erfahrung in der Entwicklung und Produktion von elektronischen Stromversorgungen für Rugged Environments zurückgreifen. Bahn- und Flurförderfahrzeugtechnik zählen zu den Kernmärkten. Die verwendete Technologie des thermoselektiven Vakuumvergusses der Netzteile und DC/DC-Wandler erzeugt einen „Cemented Joint“ zwischen Elektronik und Vergussmasse. Der Term Cemented Joint kommt aus dem Zulassungsverfahren für die elektrische Sicherheit und beschreibt die normativ geprüfte dauerhafte und unlösbare Kapselung. Alterung, Hitze, Kälte, schnelle Temperaturwechsel oder andere Umwelteinflüsse dürfen unter keinen Umständen zu Ablösungen, Rissbildungen oder Lufteinschlüssen führen.

Die thermische Ankopplung aller Bauelemente durch das Vergussmaterial an die Gehäuseoberfläche beziehungsweise Base Plate vermeidet die Ausbildung von Hotspots und garantiert kostengünstig eine weitgehend homogene Temperaturverteilung im Netzteil. Durch hohe Wirkungsgrade und Verwenden geeigneter Gehäusematerialien wird ein Überschreiten der normativen Vorgaben für berührbare Oberflächen garantiert. Im Gegensatz zu Teilen im Schaltschrank sind die Grenzwerte „On-Machine“ niedriger, da die Teile durch das Bedienpersonal berührt werden können. Als einen Nebeneffekt der verwendeten Technologie haben derartige gekapselte Stromversorgungen von Haus aus einen sehr hohen Schutzgrad. Die bestimmende Komponente ist letztendlich nur noch das Interface nach außen zur Kontaktierung der entsprechenden Spannungen und Signale.

Das Verwenden geeigneter Steckverbinder mit hohen IP-Schutzgraden, wie zum Beispiel IP67, an den gekapselten Stromversorgungen schafft Netzteile, die sich dezentral direkt bei der Last montieren lassen. Der Einbau in einem Schaltschrank oder Schaltkasten ist dafür nicht mehr notwendig. Schutz gegen die möglichen Risiken wie elektrischer Schlag, Brand beziehungsweise Verbrennung, mechanische Beschädigung oder Umwelteinflüsse sind durch die Stromversorgung selbst sichergestellt. Eine Kühlung der Geräte erfolgt durch thermische Ankopplung mittels BPC-Technologie (Base-Plate-Cooling) an den Maschinenkörper.

On-Machine-Stromversorgungen

IP67-Stromversorgungen müssen nicht in ein traditionelles Schaltschranksystem eingebaut werden. Die Stromversorgung kann On-Machine, also im direkten Bereich des Anwenders, ohne zusätzliche Komponenten als Stand-Alone-Lösung ihre Funktion bereitstellen.

Hinter dem Begriff On-Machine verbirgt sich eine Design-Idee, die Steuerungskomponenten aus dem Schaltschrank heraus näher an die Anwendung bringt. Dadurch wird die Anzahl der Komponenten im Schaltschrank reduziert und der Aufwand für die Verkabelung verringert. Dezentral angeordnete Steuerungskomponenten erleichtern den Aufwand bei Instandhaltungsarbeiten und ermöglichen eine gezielte Wartung einzelner Fertigungsabschnitte, ohne dass eine komplette Fertigungslinie abgestellt werden muss. Allein durch den geringeren Aufwand bei Installation und Wartung lassen sich durch diese Design-Idee die Kosten um bis zu 30 Prozent reduzieren.

In der Automatisierungstechnik ermöglichen externe Netzteile mit Schutzgrad IP67 dem Anwender die einfache und schnelle Plug-and-Play-Versorgung von Steuerungskomponenten ohne weitere Maßnahmen auch in besonders rauen Umgebungen, in denen hohe Staub- oder Schmutzbelastungen auftreten. Damit lassen sich Spannungsabfälle von Kleinspannungen durch lange Leitungslängen in ausgedehnten Anlagen vermeiden. Das Bilden von Clustern wird erleichtert und dadurch der flexible Einsatz modularer Strukturen ermöglicht. Größeren Verbrauchern, wie zum Beispiel Conveyer-Antrieben, kann ein eigenes separates Netzteil zugeordnet werden. Durch Verwenden moderner vertauschungssicherer Stecksysteme und vorkonfektionierter Leitungen reduziert sich der Montageaufwand; Kosten für Schaltschränke oder -kästen werden eingespart. Der Anschluss der Stromversorgungen kann bei vorgefertigten Installationen auch ohne Fachpersonal erfolgen.

Ausgangsspannungen lassen sich optional als Limited Power Source nach EN/UL60950-1 beziehungsweise NEC Class II ausführen. Damit versorgte Komponenten unterliegen geringeren Anforderungen an Brandschutz und elektrische Sicherheit und bringen dem Anwender dadurch Kostenvorteile bei der Auswahl der einzusetzenden Komponenten im Feld. Gleichzeitig erfüllen die IP67-Stromversorgungen automatisch durch ihre mechanische Konstruktion die gängigen Schock- und Vibrationsanforderungen, die sogar den Einsatz von AC-Standardgeräten im Bahnbereich auf Schienenfahrzeugen ermöglichen. Die Isolationseigenschaften des verwendeten Vergussharzes erlauben zusätzlich kompakte Ausführungen auch mit hohen Überspannungskategorien wie OV3 oder OV4.

Bildergalerie

  • Die Isolationseigenschaften des beim thermoselektiven Vakuumvergusses verwendeten Vergussharzes erlauben Ausführungen mit hohen Überspannungskategorien.

    Die Isolationseigenschaften des beim thermoselektiven Vakuumvergusses verwendeten Vergussharzes erlauben Ausführungen mit hohen Überspannungskategorien.

    Bild: MTM Power

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