Von Sensoren über Schalter bis hin zu digitalen Steuerungssystemen – industrielle Maschinen und Geräte enthalten heute zahlreiche elektronische Komponenten. Die Vermeidung von Störungen durch elektromagnetische Strahlung ist daher eine wichtige Voraussetzung für einen zuverlässigen und störungsfreien Betrieb. Um eine sichere Nutzung zu gewährleisten, müssen Maschinen strenge Anforderungen im Bereich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) erfüllen.
Die Bedienfelder (auch als Human-Machine-Interfaces oder kurz HMI bezeichnet) industrieller Anwendungen sind besonders empfindliche Bereiche, da sie sich in der Regel an der Außenseite der Maschine befinden. Das HMI kann selbst elektromagnetische Strahlung erzeugen und in die Umgebung abgeben, aber auch externe Strahlung aufnehmen, die dann in das Gerät eindringt. Ein strahlungsresistentes HMI ist daher ein wichtiger Bestandteil zur Realisierung nach elektromagnetischer Verträglichkeit.
Internationale EMV-Vorschriften
Elektrische und elektronische Produkte müssen weltweit verschiedene Vorschriften zur elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) erfüllen, um auf den jeweiligen Märkten zugelassen zu werden. Diese Regelungen gewährleisten, dass Geräte keine elektromagnetischen Störungen verursachen und gleichzeitig selbst vor externen elektromagnetischen Einflüssen geschützt sind.
Europa: CE-Kennzeichnung und EMV-Richtlinie
In Europa ist das CE-Zeichen für nahezu alle elektrischen Produkte und insbesondere für industrielle Maschinen und Anlagen verpflichtend. Es bescheinigt die Konformität des Produkts mit den geltenden EU-Richtlinien, insbesondere der Maschinenrichtlinie (2006/42/EG), die grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen festlegt, sowie der EMV-Richtlinie (2014/30/EU), die sicherstellt, dass Geräte elektromagnetische Verträglichkeit aufweisen.
Produkte mit CE-Kennzeichnung müssen entsprechend geprüft und dokumentiert werden. Sie dürfen den Betrieb anderer Geräte nicht stören und müssen gegen äußere elektromagnetische Einflüsse widerstandsfähig sein.
USA: FCC-Zulassung
In den Vereinigten Staaten wird die elektromagnetische Verträglichkeit elektronischer Geräte durch die Federal Communications Commission (FCC) reguliert. Geräte, die elektromagnetische Energie absichtlich oder unbeabsichtigt aussenden oder empfangen, müssen nach den FCC-Vorschriften getestet und zugelassen werden.
Dabei gibt es zwei Hauptverfahren: Supplier’s Declaration of Conformity (SDoC): Der Hersteller oder Importeur erklärt selbst die Konformität, basierend auf internen oder externen Testergebnissen. Zertifizierung durch eine Telecommunication Certification Body (TCB): Für höher regulierte Produkte ist eine formelle Zertifizierung durch eine unabhängige Stelle erforderlich.
Die FCC legt konkrete Grenzwerte für Emissionen fest, um die Störungsfreiheit von Kommunikationsdiensten und elektronischen Geräten zu gewährleisten.
China: CCC-Zertifizierung
Für den chinesischen Markt ist die China Compulsory Certification (CCC) erforderlich. Diese staatliche Pflichtzertifizierung betrifft eine Vielzahl von Produktkategorien, darunter auch elektronische Geräte. Die CCC-Zertifizierung umfasst: Produktsicherheitsprüfungen sowie EMV-Tests auf Grundlage chinesischer Normen, wie zum Beispiel GB/T 9254.1-2021, die weitgehend auf internationalen Standards wie CISPR 32:2015 basieren. Nur Produkte, die diese Tests bestehen, erhalten die CCC-Kennzeichnung und dürfen in China verkauft oder importiert werden.
Die Einhaltung der jeweiligen EMV-Anforderungen in Europa (CE), den USA (FCC) und China (CCC) ist essenziell für den sicheren Betrieb und den internationalen Marktzugang industrieller Maschinen und elektronischer Geräte.
HMI-Design für den industriellen Einsatz
Der erste Schritt bei der Entwicklung eines HMI für den industriellen Einsatz besteht darin, die Anforderungen zu ermitteln, die die endgültige Anwendung erfüllen muss. Welche gesetzlichen Vorschriften gelten, und unter welchen Bedingungen wird das Gerät später eingesetzt? Welche Strahlungseinflüsse sind in der Umgebung vorhanden, und wie kann eine ausreichende Immunität im Design gewährleistet werden?
Auch die Elektronik innerhalb des HMI selbst ist ein wichtiger Faktor: Die Anwendung darf keine Strahlung (Emission) erzeugen, die andere Geräte in der Umgebung beeinflusst. Durch eine frühzeitige Analyse der zu erwartenden Bedingungen kann das Produktdesign entsprechend angepasst werden.
Leistungselektronik
Industrielle Maschinen und Geräte enthalten häufig sogenannte Leistungselektronik – elektrische Komponenten, die mit hohen Leistungen arbeiten. Diese Anwendungen nutzen oft Schaltungen, die sehr schnell schalten und spezifische Strahlungsfrequenzen erzeugen. Dies macht den industriellen Markt zu einer besonders herausfordernden Umgebung, wenn es darum geht, elektromagnetische Strahlung zu minimieren. Aufgrund der hohen Leistungen, die im Einsatz sind, können Störungen zudem erhebliche Folgen haben.
Durchdachte Materialauswahl
Elektronische Komponenten sind durch Kabel und Anschlusspunkte miteinander verbunden. Durch die Wahl von Materialien mit hoher Immunität kann elektromagnetische Strahlung weitgehend reduziert werden. Abgeschirmte Kabel und Entstörungskomponenten spielen eine wesentliche Rolle bei der Erreichung des gewünschten EMV-Niveaus. Auch die Platzierung der verschiedenen Komponenten zueinander beeinflusst die Strahlungsempfindlichkeit. Störquellen können mit Filtern versehen oder hinter Abschirmungen platziert werden. Bereits in der Designphase ermitteln die Ingenieure die optimale Kombination aus strahlungsreduzierenden Maßnahmen, wobei sie die Umgebungsbedingungen, die Anforderungen des Herstellers und die Kosten der verschiedenen Lösungen berücksichtigen.
Gehäuse des HMI
Neben Anpassungen an den internen Schaltkreisen eines Bedienfelds kann auch das Gehäuse auf verschiedene Weise gestaltet und integriert werden. Ein geschlossenes Metallgehäuse kann als Faraday‘scher Käfig fungieren, der vor externer Strahlung schützt. Öffnungen im Gehäuse, beispielsweise für Anschlusskabel, können durch spezifische Anpassungen möglichst strahlungsbeständig abgedichtet werden, um eine maximale Immunität zu gewährleisten.
Pre-Compliance-Tests
Bereits in der Entwicklungsphase kann durch Tests sichergestellt werden, dass das gewünschte EMV-Niveau erreicht wird. In einer Testumgebung wird, wenn möglich, mithilfe spezieller Software gemessen, wie die Anwendung auf Störstrahlung reagiert. Dadurch lassen sich Schwachstellen identifizieren und verschiedene Anpassungen testen, um das beste Ergebnis zu erzielen.
Gemeinsam zur EMV-sicheren HMI-Lösung
EMV beginnt im Design – und wird durch enge Zusammenarbeit perfektioniert. Als Entwickler von HMI arbeitet Schurter eng mit Herstellern von Maschinen und Geräten für den industriellen Einsatz zusammen. Mit spezifischem Fachwissen in diesem Bereich unterstützen die Ingenieure von Schurter bei der maßgeschneiderten Entwicklung und störungsfreien Integration des HMI, sodass die endgültige Lösung sowohl die Anforderungen des Herstellers als auch die geltenden EMV-Vorschriften erfüllt.
Bei der Entwicklung von Anwendungen, bei denen EMV eine zentrale Rolle spielt, ist eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten von entscheidender Bedeutung. Die maßgeschneiderte Entwicklung berücksichtigt von Anfang an alle relevanten Anforderungen – von branchenspezifischen Normen bis zur länderspezifischen Konformität.
Das Unternehmen Schurter ist als Spezialist für maßgeschneiderte Bedienfelder führend im Bereich EMV und verfügt über umfassendes Know-how in der Entwicklung, Produktion und Integration von industriellen Bedienfeldern. Die HMI-Lösungen von Schurter haben sich bereits in der Automation, der Schifffahrt, im Schienenverkehr und in explosionsgefährdeten Umgebungen mit ATEX-Zertifizierung bewährt.