Solar- und Windenergie sind die Energiequellen der Zukunft, unterliegen aber starken natürlichen Schwankungen. Für eine erfolgreiche Energiewende sind Speicherlösungen deshalb von besonderer Bedeutung. Wiederaufladbare Batterien, umgangssprachlich Akkus, erreichen sehr hohe Energiedichten, indem sie Energie chemisch speichern. Allerdings wird die hohe Energiedichte mit langen Ladezeiten und einer Abhängigkeit von kostbaren Rohstoffen wie Kobalt erkauft.
Superkondensatoren als schnelle Alternative
Im Gegensatz dazu speichern sogenannte Superkondensatoren Energie in elektrischen Doppelschichten. Zwischen zwei Elektroden wird eine Spannung angelegt. Diese liegen in einer Flüssigkeit, in der winzige geladene Teilchen, Ionen, schwimmen. Die positiven und negativen Ionen bewegen sich dabei in entgegengesetzte Richtungen und sammeln sich in geladenen, nanometerdicken Schichten, den elektrischen Doppelschichten, an den Oberflächen der Elektroden. Um möglichst viel Oberfläche für die Ansammlung von Ionen bereitzustellen, werden in Superkondensatoren poröse Elektroden verwendet, die wie ein Schwamm viele winzige Löcher aufweisen.
Der Durchmesser der Poren solcher Elektroden beträgt nur wenige Nanometer. Die Energiedichte ist zwar (noch) etwas geringer als bei Batterien, doch dafür werden keine kostbaren Metalle benötigt. Da keine chemischen Reaktionen stattfinden, die die Ladezeit in Batterien bestimmen, können Superkondensatoren in nur wenigen Sekunden oder Minuten geladen werden. Die Ladezeit wird lediglich durch den Transport der Ionen in den Poren der Elektroden begrenzt.
Simulationen decken unerwartete Strömungseffekte auf
Hier setzt die Arbeit eines internationalen Forschungsteams unter der Leitung der TU Darmstadt an. Die Ergebnisse wurden nun in der renommierten Zeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA“ veröffentlicht. Mithilfe aufwändiger Computersimulationen untersuchte das Team um Dr. Aaron Ratschow und Alexander Wagner vom Fachgebiet Nano- und Mikrofluidik des Fachbereichs Maschinenbau unter der Leitung von Prof. Steffen Hardt den Aufladungsvorgang einer einzelnen Pore und machte dabei eine überraschende Entdeckung. Bisher ging man davon aus, dass Ionen in Poren durch Diffusion – also durch zufällige molekulare Bewegung – und durch Elektromigration, die Bewegung geladener Teilchen aufgrund elektrischer Felder, transportiert werden. Das Team fand heraus, dass auch die sogenannte Konvektion, also eine Strömung, die Teilchen mitnimmt, entscheidend zum Ladungstransport in Poren beiträgt.
Konvektion macht sich beispielsweise beim Kochen bemerkbar, wenn heiße Luft über einem Topf aufsteigt und dabei Wasserdampf mit sich trägt. Vergleichbares geschieht während der Aufladung winziger Poren. Die geladene Schicht aus Ionen bildet sich zunächst am Poreneingang und wächst dann in die Pore hinein. Während dieses Vorgangs wirken elektrische Kräfte auf die Flüssigkeit, die sie entlang der Porenwand in die Pore strömen lassen. Da das Ende der Pore geschlossen ist, entsteht in deren Zentrum eine Gegenströmung, die aus der Pore herausführt. Diese Umwälzströmung trägt Ionen mit sich und beschleunigt so den Aufladungsvorgang. Die Analyse zeigt einen deutlichen Einfluss: Bei Vernachlässigung der Konvektion entstehen bei der Vorhersage der Aufladungszeiten Fehler von bis zu 90 Prozent.
Zusätzlich zu den teils sehr zeitaufwändigen Computersimulationen präsentieren die Forscher ein mathematisches Modell, das die Strömung und den Ionentransport durch Konvektion äußerst präzise vorhersagt, ohne dass langwierige Simulationen erforderlich sind. Das Modell gibt Aufschluss über die zugrunde liegenden physikalischen Mechanismen und erweitert das Verständnis des Ladungstransports in Poren.
Ausblick: Potenzial für schnellere Superkondensatoren
Doch das ist erst der Anfang. Während sich die vorliegende Arbeit auf eine einzelne Pore konzentriert, besteht eine echte poröse Elektrode aus einer Vielzahl von Poren, die miteinander wechselwirken können. Die Ergebnisse legen den Grundstein für die Erforschung der Konvektion bei der Aufladung von Poren und zeigen, wie sich durch die gezielte Wahl von Porengeometrie, Materialien und Betriebsspannung schnellere Aufladungsvorgänge in Superkondensatoren erreichen lassen.