Bayer, E.on, Iqony und Westenergie haben ein Memorandum of Understanding zur Realisierung eines Wasserstoff-Clusters in Bergkamen (Nordrhein-Westfalen, Kreis Unna) geschlossen. Bei dem geplanten Projekt decken die Partner gemeinsam die gesamte Wasserstoff-Wertschöpfungskette ab − von der Planung bis zur Vermarktung. Kern des Clusters soll die Erzeugung von grünem Wasserstoff auf Basis von importiertem Ammoniak sein. Zukünftig könnten potenzielle Abnehmer im Industriepark Bergkamen des Bayer-Konzerns mit dem Wasserstoff beliefert werden.
E.on, das seinen Fokus auf Energienetze und Kundenlösungen setzt, soll dabei die Ammoniakbeschaffung und die Logistik sowie den Wasserstoffvertrieb übernehmen. Dabei wird das Unternehmen auch weitergehende Nutzungs- und Vermarktungsmöglichkeiten prüfen.
Iqony als Dienstleister und Anlagenbetreiber im Bereich grüner Energien wird unter anderem die Ammoniakspeicherung übernehmen, den Ammoniak-Cracker errichten und betreiben sowie die standortvorbereitenden Maßnahmen am Bayer-Standort betreuen. Teil der Planungsüberlegungen wird auch der Bau einer Pipeline sein, um den erzeugten Wasserstoff zum Industriepark von Bayer zu transportieren.
Der Energiedienstleister und Infrastrukturanbieter Westenergie führt eine eingehende Prüfung des Pipeline-Baus durch. Hierbei stehen insbesondere die technische Machbarkeit sowie die genehmigungsrechtliche Umsetzung einer solchen Leitung im Fokus der Untersuchungen.
Potenziale durch Nähe zum Datteln-Hamm-Kanal
Die Partner sehen in der Entwicklung eines Wasserstoff-Clusters am Standort Bergkamen großes Potenzial: Die direkte Nutzung von grünem Wasserstoff würde auf die laufenden Dekarbonisierungsbemühungen der lokalen Industrie einzahlen.
In unmittelbarer Nähe zum Datteln-Hamm-Kanal gelegen und mit einer gut ausgebauten Infrastruktur ausgestattet, bietet die Region besondere Möglichkeiten für den Ausbau von Wasserstoffinitiativen. Außerdem verfügt Iqony bereits über eine technische Infrastruktur zur Belieferung und Lagerung von Ammoniak inklusive eines Tankschiffs für den Betrieb des direkt am Datteln-Hamm-Kanal gelegenen Kraftwerksstandorts.
Der Wasserstoff-Cluster stimmt zudem mit den Plänen der Stadt Bergkamen und des Kreises Unna überein, gemeinsam mit Partnern wie der Stadt Hamm eine regionale Wasserstoffwirtschaft am östlichen Rand des Ruhrgebiets zu entwickeln. „Wir sehen in dem Thema Wasserstoff nicht nur eine Chance, sondern vielmehr eine Notwendigkeit, wenn wir die Wirtschaft in unserer Region mittel- und langfristig sichern und zukunftsfest machen wollen“, sagt Mario Löhr, Landrat des Kreises Unna.
Ähnlich sieht es auch Bergkamens Bürgermeister Bernd Schäfer: „Das Ruhrgebiet ist ein traditionsreicher Standort für Industrie und produzierendes Gewerbe, die die Grundlage unseres Wohlstandes bilden. Wo, wenn nicht hier, soll die Transformation hin zu einer weitgehend emissionsfreien Wasserstoffwirtschaft gelingen?“
Zitate der Projektpartner
„Die deutsche Industrie und der Mittelstand benötigen sichere, saubere und bezahlbare Energie, um auch in Zukunft international wettbewerbsfähig zu bleiben und Arbeitsplätze zu sichern. Und dafür braucht es Wasserstoff – sehr viel und sehr schnell“, betont Katherina Reiche, Vorstandsvorsitzende von Westenergie. „Ich freue mich daher, dass wir gemeinsam mit E.on und unseren Partnern Iqony und Bayer in Bergkamen einen entscheidenden Schritt in Richtung Wasserstoff gehen – kraftvoll, mutig und weitsichtig. Die günstigen Rahmenbedingungen am Standort machen ihn nahezu ideal, um die Chancen und Herausforderungen einer ammoniakbasierten Wasserstoffversorgung über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg zu analysieren.“
Auch für E.on ist das geplante Projekt im Hinblick auf die zukünftige Versorgung der heimischen Industrie mit Wasserstoff einzigartig, wie Dr. Gabriël Clemens, Geschäftsführer von E.on Hydrogen, verdeutlicht: „Unser Ziel ist es, unsere Kunden möglichst zeitnah und unkompliziert mit Wasserstoff zu beliefern, um sie bei ihrer grünen Transformation zu unterstützen. Insbesondere für die Chemieindustrie ist dies von großem Interesse, da die Unternehmen den Wasserstoff stofflich verwerten können. Insgesamt planen wir, unseren Kunden in diesem Cluster mehrere Tausend Tonnen Wasserstoff pro Jahr zur Verfügung zu stellen.“
Dabei ist von Vorteil, dass über den Partner Bayer die Abnahme- und Verwertungsseite mit im Projekt abgebildet ist. „Wir setzen auf wirtschaftlich tragfähige nachhaltige Lösungen“, sagt Dr. Dieter Heinz, Leiter Site Management & Infrastructure Services in der Bayer-Division Pharmaceuticals. „Grüner Wasserstoff aus Ammoniak kann für uns zu einem weiteren wichtigen Baustein werden, um bis 2030 ein klimaneutraler Standort zu sein und unserem langfristigen Ziel von Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2050 näherzukommen. Wir bringen die Sicht eines künftigen Anwenders im Industriepark Bergkamen in das Gemeinschaftsprojekt ein.“
Weiterer Zeitplan
Die Projektpartner haben sich darauf verständigt, die Fragen der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit bis Ende Juni 2024 zu beantworten. Danach soll gemeinsam entschieden werden, wie das weitere Vorgehen aussieht.