5G-Netze, vor allem Private 5G, werden derzeit im Bereich Manufacturing bereits in begrenztem Umfang genutzt, vor allem in großen Industriebetrieben. Die größte Durchdringung ist bei innovativen Vorreitern und in Pilotprojekten zu beobachten. In Zukunft kann 5G aber flächendeckend ein Schlüssel der modernen Fertigung sein. Schließlich gestaltet der Mobilfunkstandard Prozesse flexibler, sicherer und effizienter.
5G unterstützt verschiedenste Anwendungsszenarien. Dazu zählen die Steuerung und Koordination von Robotersystemen und automatisierten Maschinen dank extrem geringer Latenzzeiten. Im Supply-Chain-Management kann die Echtzeit-Bestandsverfolgung zur Optimierung von Arbeitsabläufen führen. Vor allem profitiert aber der Bereich Predictive Maintenance, da auf Basis von Echtzeit-Sensordaten kostspielige Ausfallzeiten reduziert werden können. Darüber hinaus ist es durch die Hochgeschwindigkeits-Datenübertragung möglich, Virtual- und Augmented-Reality-Anwendungen etwa für Mitarbeiterschulungen zu nutzen.
Das neue 6G-Zeitalter
Eine völlig neue Ära wird aber 6G einleiten, auch wenn sich der Standard derzeit noch in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung befindet. So wird noch diskutiert, wie die Luftschnittstelle oder der 6G-Kern aussehen werden. Vielfach wird gefordert, 6G als Software-Upgrade zu implementieren. Dies könnte bedeuten, dass eine ähnliche Luftschnittstelle wie bei 5G verwendet wird, wobei vorhandene Hardware wiederverwendet werden kann und der 5G-Kern verbessert wird. Der Cloud-native-Ansatz, der bereits die architektonische Basis von 5G bildet, wird bei einem solchen Übergang von 5G zu 6G eine entscheidende Rolle spielen, da er die Flexibilität, Skalierbarkeit und KI-Integration bietet, die für die nächste Generation der Mobilfunktechnologie unerlässlich sind.
Die Bedeutung der KI
Auf jeden Fall wird aber KI ein Eckpfeiler von 6G sein und KI-Funktionen sollten auch von Anfang an integriert werden, im Gegensatz zu 5G, das nicht KI-nativ ist. 5G Advanced kann als Zwischenschritt angesehen werden, bei dem KI-Funktionen in das bestehende 5G-Framework integriert werden. Viele Regionen werden jedoch nicht in die Implementierung von 5G Advanced investieren und stattdessen direkt von 5G auf 6G umsteigen.
KI wird im 6G-Kontext mehrere Aufgaben übernehmen – von der Netzwerkverwaltung und -optimierung über Datensicherheit und -schutz bis hin zur Bereitstellung intelligenter Dienste und Anwendungen. KI ist daher kein Add-on, sondern von zentraler Bedeutung für die Art und Weise, wie Daten im Netzwerk gesammelt und verarbeitet werden. Sie wird es dem Netzwerk ermöglichen, auf der Grundlage seines aktuellen Echtzeitstatus selbstständig intelligente Entscheidungen zu treffen, ohne dass ein manuelles Eingreifen erforderlich ist.
KI kann zudem eine wichtige Unterstützung für nachhaltige Innovationen bieten: von der Optimierung des Netzwerkbetriebs, damit die Day 0 bis Day 2 Operations – wie Bereitstellung, Erweiterung, Fehlerbehebung und Upgrades – effektiv ausgeführt werden, bis hin zur effizienteren Nutzung von Ressourcen. Die Aufgabe besteht dabei darin, den Stromverbrauch zu senken und gleichzeitig das gesamte Potenzial der KI zu nutzen. Jüngste Entwicklungen haben gezeigt, dass mit weniger Ressourcen viel mehr erreicht werden kann, als bisher für möglich gehalten wurde.
So haben viele Unternehmen erkannt, dass große Sprachmodelle (LLMs) möglicherweise nicht sinnvoll sind, während kleine Sprachmodelle (SLMs), die auf bestimmte Geschäftsfälle abzielen und ausgewählte relevante Datensätze verwenden, für ihre Zwecke besser geeignet sind. Zudem hat sich vLLM als der De-facto-Standard für die Optimierung der Inferenz an der Edge etabliert. Mit vLLM können der Ressourcenbedarf, die Kosten und die Latenz reduziert werden, die mit dem Einsatz von KI verbunden sind. 6G, SLMs und vLLM können somit eine erfolgreiche Kombination für die kostenbewusste, latenzempfindliche Fertigungsindustrie sein.
Die Use Cases
Es gibt zahlreiche Anwendungsfälle, die 6G unterstützen wird, von immersiven AR-, VR- und XR-Erlebnissen über fortschrittliche autonome Fahrzeuge (V2X) bis hin zur hohen Positionierungsgenauigkeit im 3D-Raum und integrierten Sensortechnologie. Auch eine energieeffizientere Integration des Internets der Dinge ist möglich, was die Bereitstellung von Dienstleistungen an abgelegenen und weit entfernten Orten fördern wird. Diese Use Cases können etwa dazu beitragen, Smart Cities zu realisieren.
Die 6G-Nutzung im Manufacturing-Bereich
Durch die verschiedenen Vorteile eignet sich 6G auch optimal für den Einsatz in der industriellen Fertigung. Von entscheidender Bedeutung ist dabei vor allem, dass 6G-Netze deutlich deterministischer als bisherige Mobilfunknetze sein werden. Damit werden zeitkritische Anwendungen in der industriellen Automatisierung realisierbar, indem Latenzzeiten und Zuverlässigkeit garantiert werden. Das heißt, 6G sorgt mit einer Reihe von spezialisierten Features für eine konsistent hohe Netzwerkperformance. Dazu gehören vor allem die hohe Geschwindigkeit und die ultra-niedrige Latenz, die Workloads der nächsten Generation wie KI und deterministische Workloads im selben Netzwerk ermöglichen, sowie die höhere Energieeffizienz.
6G wird im Fertigungsbereich neue Anwendungsszenarien unterstützen und zu einer Optimierung bisheriger Möglichkeiten beitragen. Durch den hohen Datendurchsatz ist zum Beispiel ein besserer KI-Einsatz denkbar. Die Vorteile sind eine autonome KI-gesteuerte Automatisierung und vorausschauende Wartung sowie eine effektive Fernsteuerung mit KI-gestütztem Troubleshooting. Zudem ermöglicht die fortschrittliche Sensorik mit integrierter Kommunikation eine präzise Echtzeit-Überwachung in Fabriken. Nicht zu vergessen ist, dass 6G auch für die Konsolidierung genutzt werden kann. Das heißt, durch die deterministische Performance müssen sich die hitze- und vibrationsempfindlichen Steuergeräte nicht mehr direkt an der Produktionslinie befinden. Sie können zentralisiert und an der Fertigungslinie durch Sensoren ersetzt werden.
Insgesamt wird 6G neue Möglichkeiten und Erfahrungen bieten, die heute vielleicht noch nicht einmal vorstellbar sind. Wenn man aus den Erfahrungen mit 5G lernt, kann man davon ausgehen, dass 6G für die Industrie einen erheblichen Mehrwert bieten wird. Gerade auch dem Manufacturing-Bereich wird das entscheidend zugutekommen. Mit 5G profitiert die Fertigungsindustrie bereits heute von einer verbesserten Automatisierung, Echtzeitsteuerung von Robotern und extrem zuverlässiger Kommunikation mit geringer Latenz. Mit Blick auf die Fortschritte von 6G hinsichtlich Automatisierung und Konnektivität wird die Produktion aber in eine gänzlich neue Ära der digitalen Transformation und Modernisierung mit stärkerer KI-Integration eintreten können.