Edge Computing, On-Device AI und regulatorischer Druck verändern die Rolle von elektronischen Speichermedien grundlegend. Statt Commodity werden sie 2026 zum strategischen Architektur-Baustein – mit Folgen für Performance, Sicherheit und Lieferketten. Warum 2026 ein kritischer Wendepunkt wird, erklärt Silvio Muschter, Group CTO von Swissbit.
1. Edge-Computing (inklusive On-Device AI)
Edge Computing bleibt einer der zentralen Wachstumstreiber: Datenverarbeitung wandert an den Rand des Netzwerks – direkt in Maschinen, Fahrzeuge und Industrieanlagen. Das reduziert Latenz, spart Bandbreite und erfordert kompakte, energieeffiziente Speicherlösungen mit hoher Performance und robuster Write-Endurance. On-Device AI verstärkt diesen Trend: KI-Inferenz läuft zunehmend lokal, was zusätzliche Anforderungen an Speicher-Performance, Security (Secure Boot, Data-at-Rest) und Update-Fähigkeit mit sich bringt.
2. Speicher wird strategischer Architektur-Baustein
Speicher ist kein Commodity mehr, sondern ein integraler Bestandteil moderner Systemarchitekturen – sowohl bei NAND als auch bei DRAM. KI-, Edge- und Hybrid-Cloud-Workloads verlangen modulare, flexible und energieeffiziente Lösungen, die sich nahtlos in datengetriebene Designs integrieren. Damit wird Speicher zum Hebel für Performance, Skalierbarkeit und Energieoptimierung. Security und Lifecycle-Management (Data-at-Rest, Firmware-Integrität) werden zu entscheidenden Differenzierungsmerkmalen, um vertrauenswürdige und langlebige Systeme sicherzustellen.
Kritische Marktlage 2026 – Beginn des Memory Supercycle:
Die größte Allokationskrise seit Jahrzehnten trifft NAND und DRAM gleichermaßen. NAND ist für AI-Storage und Edge-Systeme unverzichtbar, DRAM für Bandbreite und Geschwindigkeit in Trainings- und Inferenzsystemen. Hersteller priorisieren HBM und High-End-NAND, während Legacy-NAND-Technologien (zum Beispiel ältere 2D-SLC/MLC-Generationen) beschleunigt reduziert und teilweise abgekündigt werden. Die Kapazitäten sind bis 2026 weitgehend ausverkauft, die Preise steigen massiv, und selbst bei hoher Zahlungsbereitschaft wird die Allokation schwierig. Analysten sprechen von einem „Memory Supercycle“, der den Markt neu kalibriert und Produkte sowie Technologien konsolidiert.
3. Vertrauenswürdige Lieferketten
Nach Pandemie, geopolitischen Spannungen und Exportkontrollen ist die Herkunft von Elektronikprodukten wie Speicherchips für viele Unternehmen zu einem geschäftskritischen Faktor geworden. OEMs erwarten Nachweise zu Herkunft, Produktionsstandorten und Compliance – vom Wafer bis zum Modul. Ein „Trusted Supply Chain“-Label gewinnt an Bedeutung, ergänzt durch ESG-Kriterien und Audit-Ergebnisse. Für Industriekunden zählt nicht mehr nur der Stückpreis, sondern der „Total Value“: Qualität, Lieferfähigkeit und regulatorische Konformität werden entscheidend für die Kaufentscheidung. EU-Regulierungen wie der Cyber Resilience Act und verpflichtendes ESG-Reporting verstärken diesen Trend zusätzlich.
4. Cybersecurity & Resilienz in Embedded-Systemen
Mit zunehmender Vernetzung steigen die Angriffsflächen in Industrie- und IoT-Systemen. Der EU Cyber Resilience Act macht Security-Features wie Secure Boot, Verschlüsselung und Firmware-Integrität zum Pflichtprogramm. Hersteller müssen „Secure by Design“ umsetzen und Nachweise für die CE-Kennzeichnung erbringen. Zusätzlich gewinnen Themen wie Patch-Management, sichere Update-Prozesse und Hardware-Root-of-Trust an Bedeutung, um Manipulationen und Supply-Chain-Angriffe zu verhindern. Für Embedded-Systeme wird Resilienz damit zu einem zentralen Qualitäts- und Compliance-Kriterium.