Fachkräftemangel in der Gastwelt Von New Work zu Next Work

Die Transformation von „New Work“ zu „Next Work“ zielt darauf ab, die Gastwelt als dynamisches, kooperatives und wertschöpfendes Ökosystem zu gestalten.

Bild: iStock, JJ Gouin
24.01.2024

Mit 5,8 Millionen Beschäftigten ist die deutsche Tourismus-, Hospitality- und Foodservice-Industrie Branche ein zentraler Pfeiler des Arbeitsmarkts, doch seit der Pandemie sieht sie sich mit enormen Herausforderungen konfrontiert. Das Fraunhofer IAO sorgt nun für Hoffnung.

Die Tourismus-, Hospitality- und Foodservice-Industrie stellt mit 5,8 Millionen Erwerbstätigen (12,7 Prozent) eine wichtige Säule des Arbeitsmarkts in Deutschland dar. Allerdings ist die Industrie insbesondere seit der Pandemie von einem verschärften Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel betroffen.

Das Fraunhofer IAO präsentiert in ihrer neuen Studie alternative Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitswelt für die 360°-Gastwelt, um potenzielle Arbeitskräfte langfristig für die Gastwelt zu begeistern.

Transformation eher im Hintergrund

Die Transformation der Arbeitswelt wurde ich den letzten Jahren insbesondere im Zusammenhang mit der Büro- und Wissensarbeit viel diskutiert. In der Tourismus-, Hospitality- und Foodservice-Industrie spielte „New Work“ bislang eine eher untergeordnete Rolle. Allerdings steht die Gastwelt bereits heute vor großen Herausforderungen, die direkt und indirekt mit einem zunehmend verschärften Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel in Verbindung gesetzt werden können.

Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO untersucht in ihrer neuen Studie nun flexible Arbeitsmodelle für die Gastwelt und bekräftigt die Bedeutung von Next Work für ein zukunftsfähiges Ökosystem.

Ein Umdenken ist gefordert

Es wird davon ausgegangen, dass bis zum Jahr 2030 zwischen 200.000 bis 607.000 Erwerbstätige in der Gastwelt fehlen könnten. Die unzureichenden Arbeitsbedingungen sowie zu geringe Löhne sorgen für eine Negativspirale: 42,8 Prozent der offenen Stellen in der Hotellerie bleiben unbesetzt, das Gastgewerbe gehört in Deutschland zu der Branche mit der höchsten Fluktuationsrate und die Zahl der begonnen Ausbildungen halbierte sich in den vergangenen fünf Jahren. Es ist ein Umdenken erforderlich, um neue Talente zu gewinnen und langfristig als Fachkräfte in der Gastwelt zu halten.

„Statt negativen Assoziationen braucht es ein Arbeitsumfeld, das motiviert, ermöglicht und fördert“, erklärt Prof. Dr. Vanessa Borkmann, federführende Wissenschaftlerin und Initiatorin des Innovationsnetzwerks „FutureHotel“ des Fraunhofer IAO. Die Studie des Fraunhofer IAO im Auftrag der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG) präsentiert nun neue Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitswelt innerhalb der 360°-Gastwelt.

Den Fokus der Arbeit bilden Arbeitnehmende und Arbeitgebende des Ökosystems, deren aktuelle Arbeitsbedingungen sowie Lösungsansätze zur Umsetzung alternativer Arbeitszeit- sowie Arbeitsortmodelle zur Steigerung der Attraktivität der Gastwelt als Arbeitgeber. Dabei beschränkt sich die Auseinandersetzung mit zukunftsfähigen, tragbaren Lösungen nicht nur auf das Modell der 4-Tage-Woche, sondern auch auf weitere Überlegungen einer neuen, zeitgemäßen Arbeitsgestaltung.

Im Rahmen der Studie konnten Angebote alternativer Arbeitszeit- und Arbeitsortmodelle aus der Perspektive von Arbeitnehmenden, deren Angehörigen, Arbeitgebenden, Gewerkschaft, Politik und eine Bewertung aus der rechtlichen Perspektive einbezogen werden. Dieser 360°-Blick erlaubt eine multiperspektivische Einordnung der Konzepte und die Ableitung von Zukunftspotenzialen für das Ökosystem.

„Es ist besonders wichtig, dass wir die Gastwelt als kollaboratives 360°-Ökosystem begreifen und die Bedürfnisse der Gäste sowie der Fach- und Arbeitskräfte gleichwertig behandeln, um ein zukunftsfähig zu sein und zu bleiben“, fügt Dr. Marcel Klinge, Vorstandssprecher der Denkfabrik DZG und ehemaliger Bundestagsabgeordneter, hinzu.

Mut zum Wandel

Bei den Untersuchungen der Studie bekräftigten sowohl Arbeitgebende als auch Arbeitnehmende sowie Experten die Notwendigkeit des Wandels der Arbeitswelt. Beispielsweise sind derzeit nur knapp 43 Prozent der Erwerbstätigen in der Gastwelt mit der Möglichkeit des zeitlich flexiblen Arbeitens zufrieden.

Zudem zeigen beachtliche 14,25 Millionen Überstunden im Hotel- und Gastgewerbe die aktuelle Schieflage mit möglichen negativen Folgen auf Gesundheit, Wohlbefinden und Motivation. Dabei unterstützt eine gesunde und förderliche Arbeitsumgebung nicht nur die Zufriedenheit und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden, sondern wirkt sich auch positiv auf die Motivation und Leistungsfähigkeit aus. Die Arbeitswelt steht daher in direktem Zusammenhang mit dem Wirtschaftsfaktor. So können alternative Arbeitsmodelle unterstützt durch Künstliche Intelligenz und neuen Technologien dauerhaft zu einer höheren Wertschöpfung führen.

Zukunftspotenziale von Next Work

Es bedarf eines Loslösens von starren Tätigkeitsmustern und die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden, um eine schnelle Anpassungsfähigkeit von Businessmodellen zu ermöglichen. Das Einbinden von sogenannten „stillen Reserven“ und dem Einsatz von Digitalisierung und Technik vor dem Hintergrund einer neuen Beziehung zwischen Mensch und Maschine zur Bewältigung zukünftiger Herausforderungen und des Ausschöpfens von Zukunftspotenzialen.

Die vorliegende Studie dient als Grundlage zur Transformation bestehender Arbeitsorganisationen und macht Mut Arbeiten neu zu denken. Von „New Work“ zu „Next Work“ für ein kooperatives, begeisterndes und wertschöpfendes Business-Ökosytem in der 360°-Gastwelt.

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