Ob wir Brot backen, Fahrzeuge bauen oder neue Technologien nutzen: Unser Leben beruht auf Rohstoffen. Der Rohstoffbedarf steigt kontinuierlich, während wir mit den vorhandenen Ressourcen zu verschwenderisch umgehen. Mehr als 80 Prozent der deutschen Industrieunternehmen litten Ende 2023 unter Lieferschwierigkeiten. Durch die aktuelle politische Lage werden viele Rohstoffe knapper.
Doch welche Zukunftstechnologien werden bis 2045 den größten Rohstoffbedarf haben? Dieser Frage sind Forschende von Fraunhofer ISI und Fraunhofer IZM im Auftrag der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) nachgegangen. Bereits zum vierten Mal liefert die Studie „Rohstoffe für Zukunftstechnologien“ wertvolle Impulse und Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft, Produktion, Forschung und die gesamte Gesellschaft.
Zukunftstechnologien und Rohstoffsicherheit
Ein Beispiel für eine grundsätzlich nachhaltigere, aber rohstoffintensive Zukunftstechnologie ist die Elektromobilität: Elektrofahrzeuge fahren zwar lokal emissionsfrei, enthalten aufgrund der verbauten Batterie aber deutlich mehr strategische und kritische Rohstoffe wie Lithium, Kobalt oder Nickel als konventionelle Fahrzeuge.
Um Nachfrageschübe und damit verbundene potenzielle Lieferengpässe und Preisschwankungen besser abschätzen zu können, werden die Fraunhofer-Forschenden den Rohstoffbedarf für die kommenden Jahrzehnte bis 2045 ermitteln. Die neue Studie „Rohstoffe für Zukunftstechnologien 2026“ wird durch das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI sowie das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM im Auftrag der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) erstellt.
In der Studie untersuchen die Forschenden 34 Zukunftstechnologien im Detail, darunter Lithium-Hochleistungsspeicher, Windkraftanlagen und Rechenzentren. In unterschiedlichen sozioökonomischen Szenarien analysieren sie die Auswirkungen einer künftigen industriellen Nutzung dieser Technologien auf die Rohstoffnachfrage und die besonders relevanten Rohstoffe. Dabei betrachten sie unter anderem auch ein Szenario, in dem regionale Rivalitäten weltweit zunehmen und die internationale Zusammenarbeit geschwächt wird. Dadurch verlieren Umweltschutz und entsprechende Gesetzgebung an Aufmerksamkeit.
Rechenzentren verbrauchen weiterhin massiv Rohstoffe
Immer wieder zwingt der Mangel an Rohstoffen Unternehmen, ihre Produktion zu drosseln – besonders stark trifft der Materialmangel die Elektrobranche und die Autoindustrie. „Deutschland ist als Hochtechnologiestandort wegen seiner großen Importabhängigkeit von Rohstoffen besonders anfällig“, erklärt Jana Rückschloss, Wissenschaftlerin am Fraunhofer IZM. In der groß angelegten Langzeitstudie untersucht sie die für die in Rechenzentren verbauten Speichertechnologien verbrauchten Rohstoffe.
Die Frage ist, in welchem Umfang der globale Datenstrom zunehmen wird. Schon bei einem geringfügig veränderten Wachstumsfaktor ergeben sich durch exponentielles Wachstum und den langen Zeitraum bis 2045 enorme Unterschiede in der Datenmenge. Entscheidungen, sowohl in den verschiedenen angenommenen Szenarien der Studie als auch im echten Leben, wirken sich also stark auf die Zukunft aus.
Künstliche Intelligenz immer mitdenken
Eine sichere Versorgung Deutschlands mit Rohstoffen ist eine wesentliche Voraussetzung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Neue Megatrends und Innovationssprünge bei der Technologieentwicklung können jedoch zu unerwarteten Nachfrageschüben – etwa bei High-Tech-Rohstoffen – und somit zu Lieferengpässen sowie zu stark schwankenden Rohstoffpreisen führen.
In der laufenden Studie werden auch die zunehmende Verbreitung von Künstlicher Intelligenz (KI) und deren Auswirkungen betrachtet. Während vor fünf Jahren noch kaum jemand im Alltag mit KI gearbeitet hat, ist sie heute allgegenwärtig. Die rasante Zunahme beschleunigt den Ausbau von Rechenzentren und der erforderlichen IT-Infrastruktur. Die Forschenden werden die aktuellen Entwicklungen rund um KI deshalb bei den untersuchten Technologien stets berücksichtigen.
Handlungsempfehlungen für deutsche Rohstoffstrategie
Die neue Studie aktualisiert die Ergebnisse der Studien aus den Jahren 2009, 2016 und 2021, die alle nach dem gleichen Studiendesign erstellt wurden. Die Studie ist ein wichtiger Bestandteil des DERA-Rohstoffmonitorings, das in der Rohstoffstrategie der Bundesregierung aus dem Jahr 2010 erwähnt wird und seither umgesetzt wird.
Beiden Fraunhofer-Institute vereinen Expertise aus angewandter Forschung und Zukunftsstudien und verfügen über Querschnittswissen aus verschiedensten Technologien. Die finalen Ergebnisse der vierten Studie werden im Frühsommer 2026 erwartet. Sie werden in Form eines Berichts online sowie auf einem öffentlichen Event via Stream zur Verfügung gestellt. Die regelmäßige Aktualisierung der Studie ist Bestandteil des DERA-Rohstoffmonitorings.