Zwei-Millionen-Euro-Förderung Quantencomputing für die Energiewirtschaft

Ein optisches System zur Laserkühlung und Kontrolle von ultrakalten Natriumatomen im Labor am Kirchhoff-Institut für Physik Heidelberg.

Bild: KIP Heidelberg
02.11.2020

Komplexe Optimierungsprobleme mit vielen, auch diskreten Variablen sind für klassische Computer in der Regel schwierig zu lösen. Erst kürzlich haben bestimmte Arten von Quantencomputern bei der Lösung von Optimierungsproblemen vielversprechende Ergebnisse erzielt. Dabei zeigten sie das Potenzial, auch diskrete Variablen handhaben zu können. Im Projekt „EnerQuant“ sollen die Vorteile von Quantencomputing nun für ein Optimierungsproblem aus der Energiewirtschaft genutzt werden.

Das Projekt, zur Nutzung der Vorteile von Quantencomputing für ein Optimierungsproblem aus der Energiewirtschaft, wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert und ist Teil der Strategie von Fraunhofer, Quantencomputing für industrielle Anwendungen nutzbar zu machen. Am Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM werden diese und weitere Aktivitäten im neu gegründeten Kompetenzzentrum „Quanten-High Performance Computing“ gebündelt.

Interdisziplinäres Konsortium

Die Projektkoordination von EnerQuant „Energiewirtschaftliche Fundamentalmodellierung mit Quantenalgorithmen“ übernimmt das Fraunhofer ITWM mit den Abteilungen „Finanzmathematik“ und „High Performance Computing“. Weitere Partner sind das Kirchhoff-Institut für Physik der Universität Heidelberg (KIP), das Start-Up JoS Quantum aus Frankfurt am Main und die Universität Trient als assoziierter Partner. Von Fraunhofer-Seite ist zudem das Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, Institutsteil Angewandte Systemtechnik IOSB-AST mit an Bord.

„Unser interdisziplinäres Konsortium vereint die Expertise energiewirtschaftlicher Modelle und stochastischer Modellierung sowie High Performance Computing am Fraunhofer ITWM und Fraunhofer IOSB-AST, ihre Übersetzung auf das quantenmechanische Problem von JoS QUANTUM und die Entwicklung von spezifischen Quantensimulatoren am Kirchhoff-Institut“, erläutert Dr. Kerstin Dächert, Mitarbeiterin der Abteilung Finanzmathematik am Fraunhofer ITWM und Projektkoordinatorin.

Universelle Quantencomputer und Quantensimulatoren

Quantencomputer unterteilen sich in universelle Quantencomputer und auf spezialisierter Hardware beruhende Architekturen, wie zum Beispiel Quantensimulatoren. Universelle Quantencomputer sind derzeit auf kleinere Systemgrößen beschränkt, versprechen aber in Zukunft flexibel verschiedenste Probleme lösen zu können. Quantensimulatoren sind spezialisiert und daher schon heute zur Lösung individueller Problemstellungen gut geeignet, zum Beispiel im Bereich der Optimierung. Beide Technologien sind als komplementär zu betrachten und werden mit speziell angepassten Algorithmen angesprochen. „Diese eröffnen die spannende Aussicht, bestimmte Optimierungsprobleme zu lösen, mit denen klassische Algorithmen nicht oder nur begrenzt umgehen können“, erläutert Prof. Philipp Hauke von der Universität Trient.

Neue Wege zur Lösung des energiewirtschaftlichen Fundamentalmodells

„Kurzgefasst entwickeln wir im Projekt EnerQuant Algorithmen für Qubit-basierte Quantencomputer und Quantensimulatoren zur Lösung eines energiewirtschaftlichen Fundamentalmodells mit stochastischen Einflussgrößen“, erklärt Kerstin Dächert. Als Basis definieren die Forschenden ein einfaches Fundamentalmodell, welches sich in ein quantenmechanisches Problem übersetzen und auf einem Quantensimulator realisieren lässt. „Dieser wird in einem Prototyp aus kalten Atomen implementiert und auf seine Leistungsfähigkeit getestet“, so Juniorprofessor Fred Jendrzejewski vom KIP.

„Unsere Intention ist, Fundamentalmodell und Quantensimulator sukzessive weiterzuentwickeln, mit dem langfristigen Ziel, den deutschen Strommarkt hinreichend genau stochastisch zu modellieren“, ergänzt Niklas Hegemann von JoS Quantum. Als Benchmark dient ein Vergleich der Ergebnisse auf klassischen High-Performance-Computing-Systemen.

Von der Forschung in die Anwendung

Die Ergebnisse von EnerQuant werden in die Software-Plattform von JoS Quantum einfließen und stehen so der Industrie nach Projektende zur Verfügung. Dabei werden die entwickelten Algorithmen in die Cloud-Software integriert, mit der verschiedene Hardwareressourcen genutzt werden können. „Wir bieten Kunden aus dem Kapital- und Energiemarkt die Möglichkeit, Quantentechnologien kennenzulernen und mit uns konkrete Anwendungsfälle zu entwickeln. Über unsere Software lassen sich potenzielle Anwendungsfälle mit Anschluss an die passende Hardware effizient lösen“, erläutert Niklas Hegemann.

EnerQuant läuft über drei Jahre und wird vom BMWi mit rund zwei Millionen Euro gefördert. Projektstart war im September 2020.

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