Teilcheninteraktionen in Neutronensternen Projekt StrangeScatt: Den Hyperonen auf der Spur

Prof. Dr. John Bulava von der Ruhr-Universität Bochum will den Hyperonen mithilfe von Computersimulationen auf die Schliche kommen.

Bild: publish-industry / DALL-E
05.12.2023

Neutronensterne zählen zu den dichtesten Objekten des Universums. Die Vorgänge in ihrem Inneren geben der Teilchenphysik Rätsel auf. Beobachtungen und Theorie passen nicht zueinander. Wie kann das sein?

Das Projekt „Strange Nuclear Matter from First-Principles Hadron Scattering Amplitudes“, kurz StrangeScatt, soll im Juni 2024 starten.

Mit teilchenphysikalischen Modellen lässt sich vorhersagen, wie schwer Neutronensterne werden können und welchen Radius sie besitzen. „Diese Modelle prognostizieren, dass sehr schwere Neutronensterne nicht vorkommen können“, erklärt John Bulava, der in Bochum die Professur für Theoretische Hadronenphysik innehat. „Allerdings wurden schon Neutronensterne gefunden, die zweimal schwerer als unsere Sonne sind – diese Beobachtungen passen nicht zu den Modellen.“

Hyperonen-Interaktionen simulieren

Der Grund für die Unstimmigkeiten dürften die Hyperonen sein. Also jene Teilchen mit Strange-Quark, die im Inneren von Neutronensternen entstehen. „Die Interaktionen der Hyperonen sind nicht gut verstanden“, so Bulava.

Materie, wie wir sie im Alltag erleben, besteht aus Protonen und Neutronen, die wiederum aus kleineren Teilchen bestehen, den Quarks. Quarks gibt es in sechs Sorten; zwei davon – die up- und down-Quarks – kommen in klassischer Materie vor. „Wenn strange-Quarks im Spiel sind, wie bei den Hyperonen, können alle möglichen neuen Sachen passieren“, weiß Bulava und ist überzeugt: „Wenn wir die Hyperonen-Interaktionen besser verstehen würden, könnten wir auch Masse und Radius der Neutronensterne besser vorhersagen.“ Genau hier setzt seine Arbeit an.

Große Rechenpower erforderlich

Da Hyperonen sehr schnell zerfallen, können sie experimentell schwer untersucht werden. In Computersimulationen besteht diese Hürde nicht. Bulava beschreibt die Teilchen mit sogenannten First-principles-Simulationen. Dabei stellt er im Modell die fundamentalen Kräfte nach, die zwischen Teilchen wirken.

Solche Simulationen sind extrem aufwendig und erfordern eine enorme Rechenpower, wie sie nur Hochleistungscomputer bieten. „Deutschland ist ein exzellenter europäischer Standort für diese Arbeiten, weil es hier mehrere Supercomputer gibt“, sagt der gebürtige US-Amerikaner.

Aufgrund des großen Aufwands lassen sich mit Frist-principles-Simulationen nur die Interaktionen von zwei bis drei Teilchen berechnen. Bulava plant jedoch, seine Arbeiten an der Ruhr-Universität Bochum mit der weiterer Gruppen aus der Theoretischen Physik, der Plasmaforschung und der Astrophysik zu verzahnen. „Neutronensterne sind ein fantastisches astrophysikalisches Labor, dem wir uns an der Ruhr-Universität Bochum aus verschiedenen Perspektiven nähern können“, sagt Bulava.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel