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Interview über industrielle 5G-Campusnetze „Mehr Flexibilität, weniger Komplexität“

Axians Deutschland

Hendrik Kahmann, Head of Business Development Carrier IP Networks & Enterprise Networks bei Axians: „5G bietet erstmals die Möglichkeit, viele kabelgebundene und kabellose Netzwerke in einer Technologie zusammenzuführen. Damit reduzieren sich auch die Kosten und Komplexität erheblich, weil sich Parallelnetze erübrigen.“

Bild: Axians
10.05.2022

5G bietet erstmals das Potenzial, mit nur einer Technologie alle Anforderungen der vernetzten und flexiblen Produktion zu erfüllen. Damit sinken auch die Komplexität und Kosten, denn der Betrieb paralleler Netzwerke erübrigt sich. Hendrik Kahmann, Head of Business Development Carrier IP Networks & Enterprise Networks bei Axians, erläutert im Interview mit A&D, wie Industriebetriebe schon jetzt von 5G profitieren können.

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Wenn Sie mit Kunden über 5G sprechen, geht es dann primär um Greenfield-Installationen oder empfehlen Sie ein Campusnetz auch für die sukzessive Modernisierung von Produktionen?

Wir sehen definitiv beides. Im Greenfield haben wir natürlich die Chance, direkt eine flexible, funkbasierte Infrastruktur aufzubauen. Eine statische Infrastruktur mit aufwendiger und auch kostenintensiver Verkabelung kann so von Anfang an entfallen. Aber wir haben auch sehr viele Kunden, die 5G als Ergänzungstechnologie für die digitale Transformation sehen. Denn Industrie 4.0 ist immer noch ein Prozess, der in Praxis stattfindet oder oft noch am Anfang steht. In diesen Brownfield-Szenarien wird sehr viel darüber diskutiert, wie sich möglichst kosteneffizient eine parallele und flexible Infrastruktur aufbauen lässt, um dann sukzessive Maschinen, Systeme, Sensoren oder autonome Flurförderfahrzeuge in das 5G-Netz zu migrieren.

Ist ein 5G-Campusnetz so universell im Industriebereich, weil durch das Network-Slicing je nach Bedarf hohe Bandbreite oder hohe Zuverlässigkeit bereitgestellt werden kann?

Genau! 5G stellt extrem hohe Bandbreiten zur Verfügung, beispielsweise für die Übertragung von Videos bei der Fernanalyse oder zur Fernsteuerung von Maschinen mit Hilfe von hochauflösenden Kameras. Gleichzeitig bietet die Funktechnologie auch die Möglichkeit, absolut zuverlässig Mission-Critical-Kommunikation abzubilden. Hier stellt 5G sicher, dass diese definierten sicherheitskritischen Dienste immer bevorzugt priorisiert werden. Durch das Network-Slicing lassen sich im 5G-Netz völlig unabhängige Frequenzbereiche definieren für beispielsweise besonderes hohe Datenraten oder besonders hohe Verfügbarkeiten. Aktuell werden kritische Dienste in der Industrie überwiegend noch mit Kabelverbindung umgesetzt, und für unkritische Verbindungen gibt es zusätzlich noch eine WLAN-Infrastruktur. 5G ist hier die erste Technologie, die alle Anforderungen in einer Infrastruktur vereint.

Hat 5G auch das Potenzial, sämtliche Sensoren und Maschinen in einer Produktion zu vernetzen?

Der 5G-Standard erlaubt eine Million Endgeräte pro Quadratkilometer! Das ist ebenfalls ein wesentliches Abgrenzungsmerkmal zu einer Technologie wie beispielsweise WLAN. Doch für 5G spricht nicht nur die reine Anzahl der möglichen Sensoren oder Systeme, sondern es ist auch die Ausleuchtung. Die 5G-Technologie ist extrem robust gegenüber Reflexionen und Störungen. Gerade in Industriehallen mit oft verwinkelten Stahlkonstruktionen und vielen Maschinen, wo hohe Ströme fließen, gibt es sehr viel Störpotenzial. WLAN verhält sich bei Reflexionen sehr störungsanfällig. Das heißt, über WLAN sollten nur unkritische Dienste laufen. Mit 5G gilt diese Einschränkung nicht.

Kann das 5G-Campusnetz auch Echtzeitanforderungen garantieren und sicher erfüllen, wo aktuell noch kabelgebundene Kommunikation zum Einsatz kommt?

Ja, denn in 5G sind die Anforderungen der Echtzeitkommunikation von Anfang an im Standard berücksichtigt worden. Durch das Slicing lassen sich für definierte Kommunikationsstränge wieder völlig geschützt Echtzeitanwendungen realisieren. Und weiterhin ist der Vorteil der hohen Bandbreite und der Flexibilität in der Fläche durch die Funkverbindung gegeben. Die geringen Latenzzeiten von einer Millisekunde unterscheidet 5G auch deutlich von den Vorgängertechnologien wie 4G/LTE – und beispielsweise auch von WLAN.

In der Smart Factory sind die Produktionsstraßen typischerweise über Industrial Ethernet kabelgebunden vernetzt. Wie einfach ist hier ein Wechsel auf 5G-Kommunikation, denn bisher läuft alles über Profinet, EtherCAT, OPC UA & Co.?

Das funktioniert bereits mit dem aktuellen Release 15 der 5G-Technologie problemlos. Die Ethernet-basierte Kommunikation wird mittels 5G-Bridges auf das Funknetz moduliert. Künftig wird 5G mit den Releases 16 und 17 die Kommunikation von beispielsweise OPC UA über TSN auch nativ ermöglichen. Dann erübrigt sich die Modulation der Datenkommunikation auf 5G. Wir empfehlen Kunden aber definitiv, schon jetzt auf 5G mit dem Release 15 zu setzen, weil das Campus-Netzwerk mit künftigen Releases nicht veraltet. Die Technologie ist sehr stark Software-basiert aufgebaut und neue Funktionen und Releases lassen sich damit zu einem späteren Zeitpunkt ausrollen. Die dahinter liegende Hochfrequenztechnik mit den Antennen und Empfängern verändert sich also bei den kommenden Releases nicht – 5G ist sehr zukunftssicher ausgelegt.

Lässt sich mit dem 5G-Campusnetz mittelfristig die komplette industrielle Kommunikation realisieren?

5G bietet erstmals die Möglichkeit, viele kabelgebundene und kabellose Netzwerke in einer Technologie zusammenzuführen. Damit reduzieren sich auch die Kosten und Komplexität erheblich, weil sich Parallelnetze erübrigen. Außerdem arbeitet 5G deutlich energieeffizienter als andere Mobilfunktechnologien. So bieten beispielsweise Fahrerlose Transportfahrzeuge mit 5G eine längere Betriebsdauer mit einer Akkuladung. Generell lässt sich durch den Einsatz von Industrial 5G der Stromverbrauch im Netzwerk pro übertragenem Byte um bis zu 90 Prozent reduzieren. Also ja, mit einem 5G-Campusnetz lassen sich alle Anwendungsfälle realisieren, allerdings sagen wir auch ganz klar, dass es kein Allheilmittel ist. Wenn beispielsweise einmal am Tag Sensorsignale von Füllständen übertragen werden, dann empfehlen wir auch andere Funktechnologien wie LoRaWAN – weil es günstiger umzusetzen ist und für diesen einzelnen Anwendungsfall völlig ausreicht.

Wo genau unterstützt Axians Unternehmen, die an einem 5G-Campusnetz interessiert sind? Regeln Sie von Lizenzbeschaffung, Installation und Inbetriebnahme alles ab?

Wir fangen sogar noch vor der Lizenzbeantragung an, denn wir beraten Kunden bereits in der Ideenfindung zu wertschöpfenden Use Cases für 5G. Und wie eben erwähnt, predigen wir 5G nicht als alleiniges Allheilmittel, sondern schauen uns immer den Einzelfall an, welche Lösungen für Kunden am besten sind. Wir betreiben in Frankfurt auch unsere Digitalschmiede mit einem Co-Creation-Lab. Dort haben wir schon 5G-Use-Cases aus der Industrie, Maschinenbau, Smart Maintenance aufgebaut. Hier analysieren wir mit dem Kunden zusammen, wo und wie sich in seinem Umfeld ein 5G-Campusnetz oder auch eine andere Technologie eignet. Denn am Ende muss es dem Kunden weiterhelfen. Wir brauchen keine Technologie, wenn wir dadurch keinen Mehrwert für den Kunden erzeugen können. Wenn sich hier der Einsatz von 5G als absolut gewinnbringend herauskristallisiert, dann unterstützen wir den Kunden natürlich bei der Umsetzung. Bevor wir die geeignete Lizenz beantragen, gehen wir in die Planung des 5G-Campusnetzes – wie viele Antennen werden für die Abdeckung benötigt, wie sind die Abstrahlwinkel, wieviel Bandbreite ist notwendig und vieles mehr. Das Thema ist komplex und hier haben wir eine hohe Kompetenz aus jahrelanger Erfahrung, die wir gemeinsam mit den großen Mobilfunk-Providern in Deutschland gesammelt haben. Mit uns als Partner erhält der Kunde auf Wunsch dann auch einen ganzheitlichen Managed Service – vom Rollout über die Integration von Diensten bis hin zum Management des alltäglichen Betriebs und Support bei Problemen.

Warum sollten Unternehmen Axians als Partner wählen, wenn sie an 5G interessiert sind?

Uns zeichnet vor allem die jahrzehntelange Erfahrung in Campusnetzen aus – von WLAN und LoRaWAN über 4G und jetzt 5G. Wir haben auch die Kompetenz und die Lösungen, um ein 5G-Campusnetz zusammen mit der IT und dem Rechenzentrum zu verknüpfen und für die entsprechende Security zu sorgen. Kunden erhalten bei uns immer eine ganzheitliche Leistung, von der Eruierung geeigneter Use-Cases für 5G über die Campus-Planung bis hin zum Betrieb. Durch unseren direkten Zugang zur Industrie und dem technologischen Background unserer Muttergesellschaft Vinci Energies sowie dem Schwester-Brand Actemium verstehen wir nicht nur Telekommunikation, sondern wissen genau, wo bei den Kunden der Schuh drückt. Das heißt, wir können anhand der Industrieanforderungen ein IT-Konzept und Telekommunikationskonzept entwickeln. Das sind alles definitiv Mehrwerte, sodass es eine gute Idee ist, uns als Partner auszuwählen.

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